Mitglieder der Muslimischen Jugend Österreich bei einer Gartenaktion des Projekts „Fasten – Teilen – Helfen“ im Fastenmonat Ramadan
Muslimische Jugend Österreich
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Ramadan

„Klimafasten“ auf Islamisch

„Green Ramadan“-Initiativen haben im muslimischen Fastenmonat Ramadan weltweit auf Projekte für mehr Klimaschutz gesetzt. Was Klimaschutz und Islam miteinander zu tun haben, erklärt Andin Berisha im Interview mit religion.ORF.at.

Berisha studiert Umweltsystemwissenschaften an der Universität Graz und ist ehrenamtlich etwa bei der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ) auf Landesebene und bei „Religions for Future" aktiv. Wie er erzählt, organisiert die MJÖ im Fastenmonat Ramadan seit vielen Jahren das karitative Projekt „Fasten – Teilen – Helfen“, das das soziale Bewusstsein und Solidarität fördern will. Auch der Klimaschutz spielt dabei eine zentrale Rolle.

Berisha: „Dem Islam zufolge besitzt der Mensch Verantwortung für sein eigenes Handeln im Umgang mit seinen Mitmenschen, mit den Pflanzen und Tieren.“ Die MJÖ organisiere auch aus diesem Bewusstsein heraus Aktionen gegen die Klimakrise und eine Wegwerfkultur. Gerade der Ramadan, der auch als Monat der guten Taten gilt, biete einen guten Anstoß sein Verhalten auch in Bezug auf das Klima und den Konsum zu überdenken.

Potenzial für interreligiöse Zusammenarbeit

Wie Berisha erzählt, hat die MJÖ im Rahmen von „Fasten – Teilen – Helfen“ unterschiedliche Aktionen gestartet, etwa eine Müllsammelaktion oder Gartenarbeit. „Im Speziellen im Bundesland Steiermark lag der Fokus in diesem Jahr auf Aktionen, die das umweltfreundliche Verhalten der Teilnehmenden fördern soll.“ Wichtig sei ihnen auch Jugendlichen zu zeigen, dass sie großen gesellschaftlichen Problemen wie etwa dem Klimawandel nicht ohnmächtig gegenüberstehen. Jeder und jede könne etwas bewirken.

Jugendliche beim „Fasten-Teilen-Helfen“-Projekt der Muslimischen Jugend Österreich
Muslimische Jugend Österreich
Jugendliche beim „Fasten – Teilen – Helfen“-Projekt der Muslimischen Jugend Österreich

Solche Aktionen würden zudem auch großes Potenzial für interreligiöse Zusammenarbeit bieten, sagt Berisha, der diese Erfahrung in Graz in Kooperationsprojekten mit „Religions for Future“ gemacht hat: „Ich glaube, das ist eine sehr schöne Möglichkeit zu zeigen, wie Zusammenarbeit gelingen kann, wo man es auch wirklich schafft, Unterschiede beiseite zu schieben und sich auf die Gemeinsamkeiten zu konzentrieren.“

Islam und Klimaschutz weltweit

Dass „Green Ramadan“-Initiativen nicht auf Österreich beschränkt sind, zeigt ein Blick auf die internationale Ebene. Bereits 2019 wurden bei der größten Moschee Südostasiens, der Istiqlal-Moschee in Jakarta in Indonesien, mehr als 500 Sonnenkollektoren installiert. Anlässlich des diesjährigen Ramadans wurden die Gläubigen dazu aufgerufen für die Erweiterung des Solarprojekts zu spenden, berichtete die US-amerikanische Nachrichtenagentur AP.

Gläubige in der Istiqlal-Moschee in Jakarta in Indonesien
Reuters/Beawiharta Beawiharta
Gläubige in der Istiqlal-Moschee in Jakarta in Indonesien

Andere „Green Ramadan“-Initiativen in Indonesien setzten auf eine Reduktion des Wasserverbrauchs, den Verzicht auf Plastik, Autofahrten oder die vermehrte Nutzung regionaler Produkte. Auch in den USA und Kanada betonen muslimische Umweltgruppen ein „grünes, muslimisches Verständnis“, also einen Umweltaktivismus, der sich aus islamischen Tradition speist, so der Umweltaktivist der US-amerikanischen muslimischen Gemeinde Imam Saffet Catovic gegenüber der Nachrichtenagentur AP.

Sonnenenergie und Plastikreduktion

Auch die Gemeinde der Nizamiye-Moschee in Johannesburg, Südafrika, setzt auf die Nutzung von Sonnenkollektoren, die dazu beitragen, die Stromversorgung der Moschee und der umliegenden Schulen, Kliniken und Basare aufrechtzuerhalten.

Ebenso habe man in Edison, New Jersey in den USA, in der Masjid Al-Wali-Moschee Sonnenkollektoren installiert. In diesem Ramadan stand zudem Plastikreduktion im Mittelpunkt, so Vorstandsmitglied Akil Mansuri gegenüber der US-amerikanischen Nachrichtenagentur AP. Hierfür wurde der Verkauf von wiederverwendbaren Wasserflaschen an Mitglieder zum Selbstkostenpreis organisiert und vermehrt Wasserkühler installiert, um die Verwendung von Einweg-Plastikflaschen zu reduzieren.

Projekte zur Plastikreduktion in Großbritannien

Auch in Großbritannien organisierte eine Wohltätigkeitsorganisation mit Sitz in Bristol ein Projekt zur Reduktion von Plastik mit dem Namen „Projects Against Plastic“ (PAP). „Als Muslim habe ich das Gefühl, dass Moscheen das Zentrum der Gemeinden sind und sie eine etwas größere Führungsrolle in Sachen Nachhaltigkeit und Recycling einnehmen sollten“, sagte PAP-Gründer Naseem Talukdar zur Nachrichtenagentur AP: „Während des Monats Ramadan habe ich wirklich eine unglaubliche Menge an Plastik gesehen, die verwendet und weggeworfen wurde.“

Im Rahmen des Projekts wurden Moscheen dazu aufgefordert, das Bewusstsein für die Verschmutzung durch Plastik zu schärfen und die Abhängigkeit von Einwegplastik zu verringern. Sieben Moscheen in Bristol nahmen letztes Jahr an einem Pilotprojekt teil, mit unterschiedlichen Ergebnissen. Dieses Jahr wurde eine landesweite Kampagne mit mehr als 20 teilnehmenden Moscheen gestartet.

Zahlreiche Herausforderungen

Wie Talukdar erklärt, bestehe neben Bildung eine weitere Herausforderung darin, dass Moscheen häufig nicht genug Geld haben, um wiederverwendbares Besteck oder Geschirrspüler zu kaufen. Eine Erfahrung die die Islamwissenschaftlerin Ursula Fatima Kowanda-Yassin auch mit Blick auf Österreich teilt.

Das Klimathema stehe in vielen Moscheen in Österreich nicht an erster Stelle, weil Ressourcen hierfür fehlen. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Mittel, sondern auch um organisatorische Aspekte. Kowanda-Yassin ortet in Österreich aber auch einen Wandel zwischen den Generationen. Für die jüngere Generation würden Fragen rund um den Klimaschutz häufig eine größere Rolle spielen. Dies zeige sich auch bei den „Green Ramadan“-Initiativen der Muslimischen Pfadfinder Österreichs, die den Klimaschutz in ihr Zentrum stellen.

Gemeinschaften in Klimafragen stärken

„Ummah for Earth“, eine von einem Bündnis geführte Initiative, die darauf abzielt, muslimische Gemeinschaften im Umgang mit dem Klimawandel zu stärken, fordert die Menschen auf, sich während des Ramadan zu einer umweltfreundlichen Praxis zu verpflichten. Zu den Optionen gehört, einen Imam zu bitten, sich mit Umweltproblemen zu befassen, an Umweltorganisationen zu spenden und nachhaltig einzukaufen.

Wie Berisha gegenüber religion.ORF.at erzählt gibt es auch in Deutschland „Vereine, die aktiv Moscheegemeinden dabei unterstützen umweltfreundlicher zu werden“. Persönlich sei er davon überzeugt, dass zur Bewältigung der Klimakrise alle Gemeinschaften als Kollektiv ihren Beitrag leisten müssen: „Daher betreibe ich Aktivismus im Klimaschutz aus der Intention heraus, meine Verantwortung als Statthalter auf Erden gerecht zu werden.“