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Kirchenvertreter Riedl: Plus und Minus in neuem ORF-Gesetz

Christoph Riedl, Vertreter der katholischen Kirche im ORF-Publikumsrat, hat am Donnerstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress eine differenzierte Einschätzung zum tags zuvor von Regierungsseite vorgelegten Entwurf eines neuen ORF-Gesetzes geäußert.

Als positiv bewertete er die geplante Haushaltsabgabe, die für Klarheit bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und insgesamt für eine gerechtere Verteilung der Kosten sorgen werde, ebenso sei zu begrüßen, dass dem ORF nun neue Möglichkeiten digitaler Präsenz offenstehen sollen.

Kritisch sieht der St. Pöltner Caritas-Generalsekretär und frühere ORF-Religionsjournalist die Beschränkung der „Blauen Seite“ ORF.at und die weiterhin fehlenden objektiven Kriterien für Medienförderung in Österreich.

Kritisch gegenüber Beschränkung von ORF.at

Die geplante Abgabe von 15,30 Euro für alle Haushalte, die die gegenwärtige GIS-Gebühr für den ORF ersetzen soll, hatte Riedl schon im Februar als „guten und wichtigen Schritt zur Finanzierungssicherheit“ begrüßt. Als Wermutstropfen sehe er aber die zusätzliche Belastung jener Bevölkerungsgruppe, die aktuell wegen Armut von den GIS-Gebühren befreit ist: Betroffene könnten sich nun statt bei einer abgespeckten ORF-Website kostenlose Informationen bei diversen Gratismedien und „obskuren Onlineseiten“ holen und damit anfälliger für Fake News werden, befürchtete Riedl.

Skeptisch betrachtet der kirchliche Medienexperte die strengen Sparauflagen durch die zuständige Ministerin Susanne Raab (ÖVP), wonach das ORF-Budget drei Jahre lang eingefroren werden soll – bei gleichzeitig auszuweitendem Programmangebot.

Auflagen zulasten der Redaktionen

Angesichts der zuletzt zehnprozentigen Inflationsrate frage er sich, wie das gehen soll, zumal der ORF in den vergangenen Jahren bereits einige Sparpakete umgesetzt habe. Riedl befürchtet, dass die neuen Auflagen zulasten der Redaktionen erfolgen werden, die immer mehr ausgedünnt würden und zugleich mehr produzieren sollen. Bei allen Überlegungen zu Sparmaßnahmen müsse sichergestellt sein, dass der ORF seinen Kernauftrag weiterhin wahrnehmen kann, hielt Riedl fest.

Nach Ansicht des Mitglieds im ORF-Publikumsrat hätte die medienpolitische Weichenstellung der Bundesregierung umfassender sein sollen. So sei „die Chance versäumt“ worden, eine staatliche Förderung für Print-, audiovisuellen und auch Online-Medien nach objektiven Kriterien auszurichten, statt wie zuletzt nach oft nicht nachvollziehbaren Regierungsinseraten, merkte Riedl kritisch an.

Die Vorgaben der Regierung

Medienministerin Raab und die Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer hatten am Mittwoch die Eckpunkte der ORF-Digitalnovelle präsentiert: So darf der ORF künftig auch allein für Online produzieren, außerdem wird es auf ORF.at künftig 70 Prozent Bewegtbild und 30 Prozent Text geben, wobei die Textbeitragszahl pro Woche auf 350 beschränkt wird. Reaktionen darauf fielen gemischt aus – mehr da in Gemischte Reaktionen auf Digitalnovelle

ORF.at soll laut Raab „audiovisueller und moderner“ werden, die Textbeiträge sollen künftig nicht sehr in die Tiefe gehen, sondern „Überblicksberichterstattung“ bieten. Die Sieben-Tage-Beschränkung für Abrufe in der TVthek fällt.

Das Onlineangebot des ORF soll sich trotz des „harten Sparkurses“ von 325 Mio. Euro (u.a. durch Einschnitte bei Privilegien und stärkere Transparenzregelungen) und Werbeeinschränkungen erweitern. „Denn wir wollen, dass der ORF mehr junge Menschen mit einem attraktiven Online-Angebot erreicht“, so Raab. Dies sei möglich, da durch den neuen ORF-Beitrag, der zwar geringer ausfällt als die GIS, mehr Menschen einzahlen werden. Bisher von der GIS ausgenommene Haushalte bleiben auch weiterhin gebührenbefreit.

Werbebeschränkungen

Im Radio- und Digitalbereich gibt es künftig stärkere Werbebeschränkungen für den ORF, die pro Jahr ca. 25 bis 30 Millionen Euro ausmachen sollen. Insgesamt soll es für den ORF laut Raab zu einem „Nullsummenspiel“ kommen. Die Einbußen bei den Werbeeinnahmen sollen durch Mehreinnahmen beim ORF-Beitrag kompensiert werden. Dem ORF sollen durch den ORF-Beitrag künftig 710 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung stehen.

Das Gesetzesvorhaben soll demnächst in Begutachtung gehen. Bis Jahresende muss zumindest die Neuregelung der ORF-Finanzierung fixiert werden, da dies eine Verfassungsgerichtshoferkenntnis vorsieht.