Papst Franziskus am Weg zum Flugzeug zu seiner Auslandsreise nach Ungarn
Reuters/Guglielmo Mangiapane
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Ungarn

Papst verurteilt Nationalismus

Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren ist Papst Franziskus nach Ungarn gereist. Das Oberhaupt der katholischen Kirche verurteilte bei seiner Ansprache in Budapest den Nationalismus und erinnerte an die friedensstiftende Bedeutung einer gemeinsamen europäischen Politik.

Die Maschine des Oberhauptes der katholischen Kirche landete am Freitagvormittag auf dem Flughafen von Budapest. Direkt nach seiner Ankunft standen Treffen mit Staatspräsidentin Katalin Novak und dem rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban an.

Im Anschluss traf der 86-jährige Argentinier Bischöfe, Priester und anderen Personen des geweihten Lebens in der Budapester St.-Stephans-Basilika. Der Ungarn-Besuch ist Franziskus’ erste Reise nach seinem jüngsten Krankenhausaufenthalt.

Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren ist Papst Franziskus nach Ungarn gereist. Die Maschine des Oberhauptes der katholischen Kirche landete auf dem Flughafen von Budapest.

Ansprachen mit Spannung erwartet

Erstmals seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist der Papst in einem Land, das direkt an das Kriegsgebiet angrenzt. Mehr als eine Million Ukrainer und Ukrainerinnen haben UN-Angaben zufolge seit Beginn der russischen Invasion die Grenze zu Ungarn überquert. Seine öffentlichen Ansprachen und Treffen etwa mit Flüchtlingen und Vertriebenen werden in dem Zusammenhang mit Spannung erwartet.

Als wichtigstes politisches Gespräch gilt das Treffen mit Ungarns Regierungschef Viktor Orban. Der Ministerpräsident und das Oberhaupt der katholischen Kirche haben unterschiedliche Sichtweisen auf viele religiöse und gesellschaftliche Themen. Orban bezeichnet sich als „Verteidiger des christlichen Europas“, wich aber schon häufig von den Botschaften des Papstes ab, etwa bei den Themen Migration oder Rechte von Homosexuellen.

Europa stehe vor „historischem Wendepunkt“

Bei seiner Ansprache beim Treffen mit Politikern, Vertretern der Zivilgesellschaft und Diplomaten im ehemaligen Karmeliterkloster in Budapest, dem Amtssitz des nationalkonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban, wandte sich Franziskus gegen die Verfolgung eigener strategischer Interessen in der internationalen Politik. Frieden entstehe durch „Arten von Politik, die fähig sind, das Ganze, die Entwicklung aller, in den Blick zu nehmen“.

„Insgesamt scheint sich die Begeisterung für den Aufbau einer friedlichen und stabilen Gemeinschaft der Nationen in den Gemütern aufgelöst zu haben“, so der Papst. Auf internationaler Ebene scheine es als ob, „die Politik eher die Gemüter entflammt als Probleme löst“. Europa stehe vor einem historischen Wendepunkt. Es gelte die „europäische Seele wiederzuentdecken“.

Papst Franziskus beim Treffen mit der ungarischen Staatspräsidentin Katalin Novak und dem Ministerpräsidenten Viktor Orban
Reuters/Marton Monus
Franziskus beim Treffen mit der ungarischen Staatspräsidentin Katalin Novak und dem Ministerpräsidenten Viktor Orban

Papst: „Einzigartigkeit der Staaten“ nicht vergessen

Es brauche in der EU den Beitrag aller, betonte Franziskus. Allerdings dürfe dabei die Einzigartigkeit der Staaten nicht außer Acht gelassen werden. Mit Blick auf Brüssel erklärte er, benötigt werde „ein Ganzes, das die Teile nicht plattdrückt, und Teile, die sich gut in das Ganze integriert fühlen“. Europa dürfe sich nicht „in eine zerfließende, wenn nicht gar gasförmige Wirklichkeit“ verwandeln.

Dies wäre aus Sicht des Papstes der „unheilvolle Weg der ‚ideologischen Kolonisierung‘“, die Unterschiede auslösche. Als Beispiel nannte Franziskus „die sogenannte Gender-Kultur“ oder Freiheitskonzepte, die sich negativ auswirkten, „indem sie zum Beispiel ein sinnwidriges ‚Recht auf Abtreibung‘ als Errungenschaft rühmen“. Abtreibung sei jedoch immer eine tragische Niederlage.

Stattdessen solle ein Europa aufgebaut werden, das den Menschen in den Mittelpunkt stelle, so der Papst, der zugleich „wirksame politische Ansätze für eine bessere demografische Entwicklung und zugunsten der Familie“ forderte. Eine Politik, die etwa Ministerpräsident Orban verfolgt. Familien mit drei und mehr Kindern erhalten in Ungarn neben Kindergeld und anderen Zuwendungen auch weitreichende Steuerbefreiungen. Zudem gilt in dem osteuropäischen Land ein Verbot von Werbung für gleichgeschlechtliche Beziehungen und das gesetzliche Nein zur „Ehe für alle“.

Novak bat Papst um Einsatz für Frieden

Die Staatspräsidentin Katalin Novak betonte in ihrer Rede an den Papst diese Gemeinsamkeiten und zitierte etwa aus dem ungarischen Grundgesetz: „Wir sind Verbündete. Gemeinsam verteidigen wir das menschliche Leben, die Frau und den Mann als Individuen und als Menschen, die zusammenkommen (…), aber auch die Freiheit von Menschen, die anders denken und leben“, führte Novak anschließend aus.

Mit Blick auf den Krieg im ungarischen Nachbarland Ukraine forderte sie vom Papst Einsatz für dessen Beendigung: „Sprechen Sie mit Kiew und Moskau, mit Washington, Brüssel, Budapest und mit all denen, ohne die es keinen Frieden geben kann. Hier in Budapest bitten wir Sie, sich persönlich für einen gerechten Frieden einzusetzen, und zwar so schnell wie möglich.“

Franziskus: Ungarn müsse Minderheiten schützen

Franziskus erinnerte die Ungarn seinerseits an ihre christlichen Wurzeln und die damit verbundenen Werte, beispielsweise bei der Aufnahme von Geflüchteten. Der Papst zitierte hierfür den ersten König Ungarns, den heiligen Stephanus, der schrieb: Ein Land, „das nur eine Sprache und einen Brauch hat, (ist) schwach und fällt. Aus diesem Grund fordere ich euch auf, Fremde freundlich aufzunehmen und sie in Ehren zu halten, damit sie lieber bei euch bleiben als anderswo“.

Mit Blick auf dem Umgang mit Minderheiten erinnerte Papst Franziskus an die Verfassung Ungarns, die eigentlich die Notwendigkeit der Offenheit gegenüber anderen anerkenne. Im Besonderen verwies Franziskus hierbei auf die Zusage Ungarns auch nationale Minderheiten in Ungarn als „Teil der ungarischen politischen Gemeinschaft und (als) konstituierende Teile des Staates“ anzuerkennen und zu schützen.

Auch mit Blick auf Geflüchtete, gehe es darum, so der Papst: „an Christus zu denken, der in so vielen verzweifelten Brüdern und Schwestern gegenwärtig ist, die vor Konflikten, Armut und Klimawandel fliehen, dass wir uns dem Problem ohne Ausreden und Verzögerungen stellen müssen.“

Treffen mit Geflüchteten, Kindern und Jugendlichen

Mit dem Treffen im ehemaligen Karmeliterkloster endet der erste und politische Teil des Tagesprogramms von Papst Franziskus in Budapest. Am frühen Abend ist eine Begegnung mit katholischen Kirchenvertretern in der Stephansbasilika in Budapest geplant.

Am Samstag und Sonntag liegt der Schwerpunkt des Papstprogramms auf Begegnungen mit sozialem Hintergrund, etwa mit Geflüchteten, Kindern und Jugendlichen. Außerdem gibt es eine große Sonntagsmesse auf dem Kossuth-Platz vor dem weltbekannten Gebäude des ungarischen Parlaments.