Interview

Ex-Papst-Sekretär Gänswein kritisiert deutsche Kirche

Der Privatsekretär des verstorbenen Papstes Benedikt XVI., Erzbischof Georg Gänswein, hat der römisch-katholischen Kirche in seinem Heimatland Deutschland in einem Interview ein schlechtes Zeugnis ausgestellt.

„Deutschland ist nicht der Gradmesser für einen lebendigen und kraftvollen Glauben – leider“, sagte Gänswein der Illustrierten „Bunte“ laut Vorabmeldung vom Mittwoch. Insbesondere kritisierte der seit Langem im Vatikan lebende Theologe dabei den von der Bischofskonferenz und den katholischen Laien in Deutschland auf den Weg gebrachten Synodalen Weg, der im Missbrauchsskandal verlorenes Vertrauen der Gläubigen zurückgewinnen soll.

Er sei der Meinung, dass der Synodale Weg „in der Missbrauchskrise als Medikament dem Patienten Kirche verabreicht werden“ solle, sagte der langjährige Benedikt-Vertraute. „Aber wie kann eine mangelhafte Diagnose zu richtiger Therapie führen?“

Papst-Entscheidung „als Bestrafung empfunden“

Die Entscheidung von Papst Franziskus im Jahr 2020, dass Gänswein sich nicht mehr um die Präfektur, sondern nur noch als Privatsekretär um Benedikt XVI. kümmern sollte, habe ihn „freilich gewaltig überrascht und tat mir weh“, so Gänswein.

Papst Franziskus und Erzbischof Georg Ganswein 2018 im Vatikan
Reuters/Stefano Rellandini
Absetzung als Präfekt „tat mir weh“, so Gänswein

„Subjektiv“ habe er diese Entscheidung „als Bestrafung empfunden. Im Laufe der Zeit kam ich zu der Einsicht, dass Franziskus aus seiner Spiritualität als Jesuit gehandelt hat, wo Demütigungen eine spezielle Rolle spielen, die es geistlich zu beurteilen gilt.“ Gänsweinweiter: „Ober sticht Unter. Ich habe das akzeptiert.“

„Kardinal Ratzinger war Pionier“

Den verstorbenen Papst und früheren Kardinal Joseph Ratzinger nahm Gänswein im Zusammenhang mit Vorwürfen im Missbrauchsskandal in der „Bunten“ zum wiederholten Mal in Schutz. „Kardinal Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation und später als Papst war ein Pionier in der Aufarbeitung dieses Übels“, sagte er. Benedikt Wissen und Duldung der Taten zu unterstellen, sei infam und irrig. „Das hat brandstifterische Wirkung“, sagte Gänswein.