Frankreich

Poledance in protestantischer Kirche erregt Aufsehen

Allen Protesten zum Trotz hält eine protestantische Gemeinde in Straßburg an ihrem eigenwilligen Kulturprogramm fest: Ein professioneller Poledancer soll zu Klängen einer italienischen Oper von Mittwoch an in der Kirche Saint-Guillaume auftreten.

„Wenn wir es in Folge von Drohungen absagen würden, würden wir das falsche Signal senden“, sagt Pastor Daniel Boessenbacher. Es ist bereits das zweite Mal, dass die Kirche Saint-Guillaume dem als ebenso erotisch wie athletisch geltenden Poledance eine Bühne bietet.

Ex-Europameister Vincent Grobelny war bereits im März an einer vertikalen Metallstange im Altarraum aufgetreten. Damals interpretierte er die Rolle des Jesus im Werk „Stabat mater“ von Giovanni Batttista Pergolesi. Innerhalb von zwei Tagen schauten sich mehr als 1.000 Menschen die Aufführung an, es blieben keine Plätze frei.

Welle des Protests

Doch zugleich schwoll eine Welle des Protests an. Boessenbacher erhielt anonyme Todesdrohungen. In einem Schreiben, das sich an der Kirchentür fand, rief jemand dazu auf, ihm den Kopf abzuschlagen, „weil er den Schlüssel unserer heiligen Kirche an die tanzende Schlange übergeben hat“. In einer E-Mail wurde der Pastor als „Antichrist“ beschimpft. Boessenbacher reichte inzwischen Klage ein.

Poledancer Vincent Grobelny tritt in der Kirche Saint-Guillaume in Strasbourg auf
APA/AFP/Patrick Hertzog
Poledancer Vincent Grobelny tritt in der Kirche Saint-Guillaume in Strasbourg auf

Er verstehe vollkommen, wenn jemand mit dem Programm nicht einverstanden sei, sagte Boessenbacher. „Aber warum sollte das nicht in einer Kirche gezeigt werden?“, fragt er und verweist darauf, dass das Kirchengebäude im Protestantismus kein sakraler Ort ist wie etwa in der katholischen Kirche.

Kirche „öffnen“

Kirche müsse sich „öffnen“, um das Image des Altertümlichen, Verschlossenen zu überwinden, erklärt er. Auch Cyril Pallaud, Organist und künstlerischer Leiter der Veranstaltung, zeigt sich entschlossen: „Jetzt machen wir erst recht weiter“, sagt er. Ziel sei es, „zu zeigen, dass Kunst zum Nachdenken anregen soll“.

Poledancerin Francesca Sortensi tritt in der Kirche Saint-Guillaume in Strasbourg auf
APA/AFP/Patrick Hertzog
Poledancerin Francesca Sortensi probt für eine Aufführung der Oper „La serva Padrona“ von Giovanni Battista Pergolesi

Provokantes Kulturprogramm

Die Gemeinde Saint-Guillaume, die im Straßburger Studierendenviertel Krutenau liegt, ist seit längerem für ihr provokantes Kulturprogramm bekannt. Im vergangenen Jahr war dort ein Kabarett von Dragqueens zu sehen, 2018 wurde der US-Horrorfilm „Der Exorzist“ bei einem Festival gezeigt. In der Gemeinde können sich außerdem homosexuelle Paare segnen lassen, was die Union der protestantischen Kirchen in Elsass und Lothringen seit 2019 ermöglicht.