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Vatikan-Dokument zu Umgang mit Social Media

Die Vatikan-Behörde für Kommunikation hat ein neues Dokument über das Engagement von Christinnen und Christen in der digitalen Medienwelt vorgelegt. Als Richtlinie wollen die Verfasser ihr Papier mit dem Titel „Auf dem Weg zu voller Präsenz“ nicht verstanden wissen.

Vielmehr soll es einen Ausgangspunkt für weitere Diskussionen – und auch für Kritik – bilden, sagte der Leiter des Kommunikationsdikasteriums, Paolo Ruffini, bei der Vorstellung des Dokuments vor Journalisten im Vatikan. An der Ausarbeitung beteiligt waren externe Fachleute, Beraterinnen und Berater sowie junge Teilnehmende des Projekts „Glaubenskommunikation in der digitalen Welt“.

Das 82 Punkte umfassende „seelsorgerliche Reflexion“ liegt vorerst unter anderem auf Englisch und Italienisch vor, nicht aber auf Deutsch. Dem Dokument zugrunde liegt als Leitbild die neutestamentliche Geschichte des Guten Samariters, der selbstlos einem Verwundeten am Wegesrand half.

„Liebende Nachbarn“ im digitalen Raum

Die Idee: Die Menschen sollen sich als „liebende Nachbarn“ begreifen – auch im digitalen Raum. Die Verfasser des Textes raten zu aufmerksamem Zuhören und einem Sinn von Zugehörigkeit, gegenseitiger Bezugnahme sowie Solidarität. So könne Gemeinschaft entstehen, die auch Gemeinden vor Ort stärke. Der Vatikan ist selbst in Social Media aktiv, etwa auf Twitter.

Auch Fallstricke identifizieren die Autoren. In der virtuellen Sphäre bestehe die Gefahr, dass User reduziert würden zu bloßen Konsumenten und Lieferanten von Daten – mithin zu einer Ware. Zudem könnten „individualisierte Räume“ entstehen, in denen sich Menschen nur noch mit Gleichgesinnten umgeben und in denen extremes Verhalten gefördert werde.

Gegenüber ein echter Mensch

Userinnen und User sollten sich immer wieder klarmachen, dass auch im Onlineraum ihr Gegenüber ein echter Mensch ist, so das Dokument. Aus dieser Haltung entstünden Begegnungen, die schlussendlich zu echten Beziehungen würden. Christen könnten soziale Medien mit einem „eigenen Stil“ bereichern – einem Stil der Gemeinschaft, Freundschaft, Verantwortung und Würde.

Das Dokument soll nicht nur Getaufte und Kirchenverantwortliche ansprechen, sondern alle Menschen. „Die sozialen Medien betreffen uns alle“, sagte Ruffini. „Es liegt an uns, diese Welt zu verändern, sie den Logiken des Marktes, des Profits und des Marketings zu entziehen, (…) und ihr wieder die Kriterien eines Gemeinguts und des kostenlosen Teilens zu geben.“ Es sei Zeit für eine Neuverhandlung, so der Präfekt weiter. Das Dokument versuche hier, vom Glauben inspirierte Antworten zu geben.

Internet als Ort für Evangelisierung

Entstanden ist der Text bei der der Vollversammlung des Kommunikationsdikasteriums im vergangenen Herbst. Schwester Nathalie Bequart, Mitglied des Dikasteriums und Untersekretärin der Bischofssynode, berichtete zur Veröffentlichungcam Montag, dass sich vor allem Jugendliche ein offizielles Dokument der Kirche zum Thema soziale Medien gewünscht hätten.

So wollten sie unter anderem wissen, wie sie das Internet als Ort für Evangelisierung nutzen können. „Viele Menschen bitten um Inspiration und Anleitung“, sagte die Ordensfrau. „Die sozialen Medien sind ein Ausdruck digitaler Kultur und haben einen großen Einfluss auf unsere Glaubensgemeinschaften und individuellen spirituellen Reisen.“

Eigene Präsenz reflektieren

Das Kommunikationsdikasterium habe das Dokument nach einem „synodalen Prozess“ der Konsultation und Reflexion ausgearbeitet, so Bequart weiter. Das Dokument solle jedem Christen dabei helfen, die eigene Präsenz in den sozialen Medien zu reflektieren, und Herausforderungen sowie Chancen verdeutlichen.

An der Pressekonferenz nahm auch Schwester Veronica Donatello teil, die bei der Italienischen Bischofskonferenz für die Behindertenseelsorge zuständig ist. Die Ordensfrau der Angelinischen Franziskanerinnen berichtete vom Nutzen sozialer Medien für Menschen mit Behinderung, die oft unter Einsamkeit litten.

„Dank dieser Werkzeuge können sie mit anderen in Verbindung treten“, so Donatello. Als vor Kurzem eine Bekannte mit ihrer Tochter ins Krankenhaus musste, sei sie dennoch persönlich vorbeigefahren. „Soziale Medien ermöglichen vieles“, so die Ordensfrau. „Aber das Geschenk, da zu sein, jemanden zu umarmen – das ist etwas ganz anderes.“