Orthodoxie

Kirchenpolitische Themen bei Besuch von Patriarch Porfirije

Der serbisch-orthodoxe Patriarch Porfirije besucht von Donnerstag, 8. Juni, bis Sonntag, 11. Juni, Österreich. Neben zahlreichen Begegnungen stehen auch Gespräche über kirchenpolitische Themen an.

Freitagvormittag (9. Juni) stehen Begegnungen mit Kultusministerin Susanne Raab und Vertreterinnen und Vertretern des Nationalrats auf dem Programm. Bei diesen politischen Gesprächen wird laut dem Wiener serbisch-orthodoxen Bischof Andrej (Cilerdzic) wohl auch der Wunsch zur Sprache kommen, dass die serbisch-orthodoxe Diözese von Österreich staatlich anerkannt wird, wie dies auch bei der griechisch-orthodoxen und russisch-orthodoxen Kirche im Land der Fall ist. Cilerdzic äußerte sich gegenüber Kathpress im Vorfeld des Patriarchenbesuchs.

Wie der Bischof mit Verweis auf Signale aus dem Kultusamt sagte, gehe es in dieser Frage auch in die richtige Richtung, noch gebe es allerdings keine endgültige positive Entscheidung. Er würde sich zudem auch noch mehr staatliche Unterstützung für die Menschen in Österreich mit serbischen Wurzeln wünschen, so Bischof Andrej, sei es im kirchlichen Bereich, im Bildungs- oder im Kulturbereich.

Bewahrung und Vertiefung von Traditionen

Freilich wisse er, dass man den Status der Serben im Land nicht mit jenem der staatlich anerkannten Volksgruppen vergleichen könne. Trotzdem könne er sich etwa vorstellen, dass man in Wien eine serbische Schule eröffnet, in der die Kinder auch zum Teil in Serbisch unterrichtet werden und zusätzlich ihre eigenen Kulturen und Traditionen vermittelt bekommen.

Beheimatung und Integration in Österreich und zugleich die Bewahrung und Vertiefung der serbischen – kulturellen wie kirchlichen – Traditionen seien kein Widerspruch, zeigte sich der Bischof überzeugt.

Innerorthodoxe Konflikte

Bischof Andrej nahm im Gespräch auch zu den innerorthodoxen Konflikten Stellung, die im weitgehenden Abbruch der Gemeinschaft zwischen dem Patriarchat von Moskau und dem Patriarchat von Konstantinopel gipfelten. Das sei eine schmerzliche Wunde, so der Bischof, die schnellstmöglich geheilt werden müsse.

Die serbisch-orthodoxe Kirche habe stets die Position vertreten, dass man die Verleihung der Unabhängigkeit an die Orthodoxe Kirche der Ukraine durch Patriarch Bartholomaios nicht gutheißen könne. Den innerukrainischen Kirchenkonflikt hätte man anders lösen müssen. Zugleich habe man aber auch nicht den Schritt Moskaus mitvollzogen, die eucharistische Gemeinschaft mit Konstantinopel aufzukündigen. Er hoffe sehr, so Bischof Andrej, dass es Patriarch Porfirije gelingen werde, zwischen Moskau und Konstantinopel zu vermitteln.

Verurteilung des Ukrainekriegs

Andrej Cilerdzic ist bis heute der einzige serbisch-orthodoxe Bischof, der sich dezidiert gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgesprochen und diesen verurteilt hat. Freilich verurteile er beispielsweise genauso die Angriffe der NATO auf Serbien im Jahr 1999, so der Bischof. Die Kirchen dürften Konflikte jedenfalls nicht befeuern und sich auch nicht für gewalttätige Ziele instrumentalisieren lassen. Sie müssten sich stets für Frieden und Versöhnung einsetzen.

Das gelte auch für den Kosovo, hielt der Bischof weiter fest. Die aktuelle Situation, wo es wieder zu heftigen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Serben und Kosovo-Albanern im Nordkosovo gekommen war, bereiteten dem Bischof große Sorgen. Die Schuld für die jüngsten Ausschreitungen sah Cilerdzic allerdings bei der aktuellen Regierung von Ministerpräsident Albin Kurti.

Für die serbische Minderheit im „sogenannten“ Kosovo, wie es der Bischof wörtlich formulierte, werde die Lage immer schwieriger, um zu ihren Rechten zu kommen. Der Kosovo sei die Wiege des serbischen Volkes, betonte der Bischof. Zugleich hege er auch Hochachtung vor dem albanischen Volk. Er verwies auf entsprechende Botschaften von Patriarch Porfirije, wonach im Kosovo Platz für Serben und Albaner sein müsse.

Umfangreiches Besuchsprogramm

Patriarch Porfirije wird am Donnerstagabend (8. Juni) mit der serbischen Kirchengemeinde von Wien zusammentreffen. Nach den politischen Gesprächen am Freitagvormittag (9. Juni) wird der Patriarch zuerst zu einer privaten Unterredung mit Kardinal Christoph Schönborn im Erzbischöflichen Palais erwartet. Im Anschluss findet im Palais ein Empfang durch die Stiftung Pro Oriente und die Erzdiözese Wien statt, bei der Patriarch Porfirije ein Grußwort sprechen wird.

Am Samstag (10. Juni) beginnt um 9.30 Uhr auf dem Soldatenfriedhof von Mauthausen die Feier zur Einweihung der neuen serbisch-orthodoxen Kapelle. Der Eucharistiefeier werden der Patriarch und mehr als zehn orthodoxe Bischöfe vorstehen. Für den Samstagnachmittag ist in Linz eine Begegnung mit den Vertreterinnen und Vertretern der Linzer Sektion von Pro Oriente anberaumt, bevor der Patriarch in der serbisch-orthodoxen St. Vasilije-Kirche eine feierliche Vesper feiern wird. Daran schließt sich ein Empfang der örtlichen Gemeinde an.

Am Sonntag (11. Juni) steht schließlich ein festlicher Gottesdienst in Wien auf dem Programm. Aus Platzgründen wird die Liturgie nicht in der neuen serbisch-orthodoxen Kirche „Am Schöpfwerk“ im zwölften Bezirk gefeiert, sondern vor der Kirche im Freien. Am Sonntagabend findet schließlich noch ein festlicher Empfang im Belvedere statt, bei dem Patriarch Porfirije Kardinal Schönborn mit dem höchsten Orden der Serbisch-orthodoxen Kirche auszeichnen wird: mit dem „Orden des Hl. Sava 1. Ranges“.

Serbisch-orthodoxe Kirche in Österreich

Die serbisch-orthodoxe Kirche ist die zahlenmäßig größte orthodoxe Kirche in Österreich. Ihr gehören bis zu 350.000 Gläubige an. Die rund 25 Pfarrgemeinden verteilen sich über das ganze Land. Bischof Andrej (Cilerdzic) ist seit 2014 im Amt. Ihm stehen für die Seelsorge in Österreich rund 30 Priester zur Verfügung. Bischof Andrej hat seinen Amtssitz in Wien.