Hochschule

Brixen: Moraltheologe Lintner darf nicht Dekan werden

An der Philosophisch-Theologischen Hochschule (PTH) Brixen muss demnächst die Wahl zum Dekan bzw. zur Dekanin wiederholt werden. Der Moraltheologe Martin Lintner, der vom Hochschulkollegium für diese Stelle bereits gewählt worden war, hat vom Vatikan die nötige Zustimmung nicht bekommen.

So hieß es in einer Mitteilung der PTH vom Dienstag. Als Grund nannte das Dikasterium für die Kultur und die Bildung Lintners Publikationen zu Fragen der katholischen Sexualmoral. Dessen Lehrbefugnis sei von der Verweigerung des römischen „Nihil obstat“ jedoch nicht betroffen, hieß es.

Der zuständige Südtiroler Ortsbischof Ivo Muser, der zugleich Großkanzler der Hochschule ist, erklärte, er verzichte im Einvernehmen mit Lintner auf das Rechtsmittel eines hierarchischen Rekurses gegen den Vatikan-Entscheid. Er bestätigte zudem den derzeitigen Dekan Alexander Notdurfter in seinem Amt auch über das reguläre Ende seiner Amtszeit am 31. August 2023 hinaus bis zu dem Zeitpunkt, an dem seine Nachfolge das Amt übernehmen könne.

Deutliche Proteste

Vonseiten des Katholisch-Theologischen Fakultätentages gab es am Dienstag deutliche Proteste gegen die Entscheidung sowie Solidaritätsbekundungen mit Lintner. Dieser genieße in seiner Kollegenschaft hohes Ansehen und sei eine „wichtige Stimme im fachlichen und öffentlichen Diskurs“. In seinen Publikationen versuche der Theologe, Sexualmoral als „positiven, lebensnahen und fruchtbaren Beitrag für die Menschen dieser Zeit“ nahezubringen – mit Positionen, die durchaus als „Konsens“ gälten.

Die Verweigerung der Zustimmung durch den Vatikan sei hingegen „Ausdruck des Misstrauens und der Kontrolle“ und stehe der Freiheit der Wissenschaft wie auch der Selbstverwaltung der katholischen Fakultäten und kirchlichen Hochschulen entgegen, so der Katholisch-Theologische Fakultätentag in einer eigenen Aussendung.

„Ausdruck des Misstrauens und der Kontrolle“

Der Fakultätentag ist der Zusammenschluss und das Repräsentativorgan von insgesamt 18 deutschen theologischen Fakultäten bzw. Fachbereichen an staatlichen Universitäten oder in kirchlicher Trägerschaft sowie von 33 Instituten für Katholische Theologie sowie Katholisch-Theologischen Fakultäten aus der Schweiz, Österreich und Südtirol, die Gaststatus haben.

Der Südtiroler Martin Lintner ist Priester, Mitglied des Servitenordens und seit 2011 ordentlicher Professor für Moraltheologie und Spirituelle Theologie an der PTH Brixen. Von 2011 bis 2015 war er Vizepräsident und Präsident der Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie, von 2014 bis 2017 Präsident des International Network of Societies for Catholic Theology, von 2017 bis 2021 Vorsitzender der Internationalen Vereinigung für Moraltheologie und Sozialethik.

„Befremdet und enttäuscht“

Solidarisch mit Lintner zeigte sich am Dienstag das Katholische Forum Südtirol. Das Forum ist Mitglied der Katholischen Aktion Österreich. Man sei „befremdet und enttäuscht“ über die Ablehnung von Martin Lintner als Dekan der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Brixen. Da die Lehrbefugnis von Lintner nicht davon betroffen ist, „sehen wir die Vorgangsweise als einen kleinlichen Akt der Bestrafung für ‚unbotmäßiges Verhalten‘ und – was wohl gravierender ist – als Warnung und als einen Akt der Einschüchterung“, hieß es in einer Presseaussendung.

Der Auseinandersetzung mit Fragen der Sexualmoral sei Lintner in seiner Forschung und Lehre nicht aus dem Weg gegangen. Er habe diese Fragen ernst genommen und „mit großem Gespür, mit intellektueller und geistlicher Redlichkeit versucht, diese Fragen in einem heutigen Kontext zu bearbeiten und theologisch fundierte Antworten zu geben“.