Ignatiuskirche, Alter Dom, Linz
ORF.at/Roland Winkler
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Orden

Nach 400 Jahren verlassen die Jesuiten Linz

Die Jesuiten verlassen nach 400 Jahren Ende Juli Linz, da der Nachwuchs fehlt; ab September wird der Alte Dom der ukrainisch-katholischen Gemeinde übergeben: „Der Abschied von Linz ist sehr schmerzlich“, sagte dazu der Jesuiten Provinzial P. Bernhard Bürgler.

Bürgler äußerte sich in einem Interview im „Kurier“ (Sonntag-Ausgabe). Aktuell beleuchtet eine neue Ausstellung im Alten Dom die Geschichte des Jesuitenordens in der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Die Schau informiert über das Wirken des Ordens in Linz von 1600 bis 2023. Die Jesuiten feierten gemeinsam mit Bischof Manfred Scheuer und Provinzial P. Bernhard Bürgler einen Abschiedsgottesdienst.

Der Orden habe in der aktuellen Situation keine andere Möglichkeit gesehen, als sich von Linz zurückzuziehen, erläuterte Bürgler. „Wir werden weniger und wir werden älter. Von daher müssen wir uns konzentrieren.“ Die Jesuiten waren 400 Jahre lang in Linz tätig. Diese Periode sei von guten Beziehungen zur Diözese und zum Bischof geprägt gewesen, so der 63-Jährige.

Konzentration auf Profil des Ordens

Der Rückzug aus Linz sei auch mit einer Konzentration auf das Profil des Ordens verbunden und es „soll auch Raum eröffnet werden für manches Neue“. Zudem ist sei es kein vollständiger Abbruch mit Linz, da der Orden im Aloisianum, einer ignatianischen Netzwerkschule im Verband der Jesuitenschulen in Österreich und Deutschland, erhalten bleibt.

Künftig wolle sich der Jesuitenorden und die Provinz verstärkt auf Exerzitien, für mehr Gerechtigkeit, Jugend und Klimaschutz konzentrieren. Für letzteres wurde mit einer Eröffnung eines Zentrums sozial-ökologische Transformation namens „Ukama“ der erste Schritt gesetzt. „Dort leben einige Mitbrüder, die sich mit anderen Klimaschutz-Gruppen vernetzen und die sich inhaltlich mit diesem Thema auseinandersetzen. Auch von unserer Spiritualität her“, erklärte Bürgler.

Klimaschutzvertreter Jesuit

Pater Jörg Alt, der an Protesten der Letzten Generation teilnimmt und gegen den bereits ein Strafprozess eingeleitet wurde, gilt als der bekannteste Klimaschutzvertreter der Jesuiten im deutschsprachigen Raum. „Ich trage das mit als eine Form des Engagements. Es ist mir natürlich wichtig, dass das gewaltlos ist und nichts und niemanden beschädigt“, so Bürgler zu Alts Engagement. Im Orden gebe es aber auch unterschiedliche Zugänge und Methoden zum Klimaprotest, konstatierte der Provinzial.

Die Zentraleuropäische Provinz umfasst 384 Jesuiten in Österreich, Deutschland, die Schweiz und Litauen-Lettland, die Zentrale ist in München. In der österreichischen Region leben aktuell 50 Jesuiten Innsbruck, Graz und Wien. Den Rückgang der Zugänge erklärte Bürgler mit der Krise der Kirche „in unseren Breiten in einer Krise“, folglich sei es nicht so einfach, „sich in einer Institution zu engagieren, die in einer solchen Situation ist“.

Mehr Nicht-Jesuiten in Ordensinstituten

Es gebe zwar Menschen, die sich gerne engagieren und die Spiritualität der Jesuiten schätzen würden, sich aber nicht lebenslang binden wollen würden. Auch die Gelübde Armut, Ehelosigkeit, Keuschheit und Gehorsam zu leben, „ist für Jüngere möglicherweise schwieriger, als es früher war“. Zudem werde der Anteil an Nicht-Jesuiten in den Ordensinstituten mehr, diese seien „Frauen und Männer in unserem Geist“.

Als Antwort auf diese Situation will der Orden sein Engagement für Jugend und junge Erwachsene stärken und hat in Frankfurt sowie Innsbruck je eine „Zukunftswerkstätte“ eröffnet. Dorthin könnten junge Menschen kommen, die auf der Suche nach ihrem Lebensweg sind, erklärte Bürgler.

Das „Jesuitische“ beim Papst

Angesprochen auf Papst Franziskus, mit dem zum ersten Mal in der Kirchengeschichte ein Jesuit Papst geworden ist, obwohl Ordensangehörige keine Ämter wie Bischof, Erzbischof oder Kardinal anstreben sollen, sagte Bürgler, dass Jesuiten einen anderen Zugang zum kirchlichen Arbeiten hätten, da alle Ämter – bis auf den Jesuitengeneral – zeitlich begrenzt seien.

Papst Franziskus merke man das „Jesuitische“ an, gleichzeitig sei er nicht der Reformer und „in theologischen Positionen nicht so fortschrittlich, wie man zuerst gedacht hat oder wie man ihn gerne hätte“. Vieles könne der Papst aber auch nicht sofort umsetzen, da die Kirche bunter sei, als von außen wahrgenommen. „Natürlich hat er auch mit viel Widerstand zu kämpfen, in Rom und darüber hinaus. Das bremst alles.“

Die Jesuiten in Linz

Im Jahr 1600 kamen die ersten Jesuiten-Patres nach Linz: Predigt und Unterricht waren ihre Aufgaben.1785 wurde die Kirche der Jesuiten zur Domkirche. 1909 wurde der Alte Dom wieder den Jesuiten anvertraut und zur Predigt- und Beichtkirche.

Nach der Ankündigung des Ordens, die Landeshauptstadt zu verlassen, hat sich die Diözese Linz als Besitzerin des Alten Doms dazu entschlossen, das Gotteshaus der ukrainisch-katholischen Gemeinde, die bisher in der benachbarten Stadtpfarrkirche feierte, zu überantworten. Der ukrainische Priester Andrii Kityk, der wöchentlich von Innsbruck nach Linz zur Feier der Liturgie pendelte, wird dazu nach Linz übersiedeln und von der Diözese als Seelsorger angestellt werden.