Offener Brief

NGOs fordern Ende von „SLAPP“- Prozessen

In einem offenen Brief fordern Hilfsorganisationen, darunter Caritas, Diakonie und Amnesty International, von der österreichischen Bundesregierung eine Gesetzgebung zur Verhinderung von „SLAPP“-Klagen, bei welchen das Justizsystem missbraucht und Kritikerinnen und Kritiker eingeschüchtert werden sollen.

„SLAPP“ ist eine Abkürzung von „Strategic Lawsuits against Public Participation“. Hintergrund ist der Auftakt des Prozesses gegen die NGO „SOS Balkanroute“ vor dem Handelsgericht Wien. „Wir sind besorgt über die Tendenz, Solidarität mit geflüchteten Menschen zu bestrafen und damit die Unterstützung von Menschen auf der Flucht zu verunmöglichen“, hießt es in der Aussendung am Dienstag.

„Menschenrechtsarbeit eckt an und wird angefeindet, weil sie Missstände sichtbar macht“, erläuterte Christoph Riedl, Asyl- und Menschenrechtsexperte der Diakonie. Jedoch seien nicht die Hilfsorganisationen als Überbringer der Nachricht von Menschenrechtsverletzungen das Problem, sondern deren Verursacher, stellte Riedl klar.

Kirchliche Unterzeichnende

Die „SOS Balkanroute“ mache Menschenrechtsarbeit, indem sie etwa „entrechtete Menschen auf der Flucht unterstützt“. Unter den kirchlichen Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sind etwa, die Katholische Aktion (KA), die Franziskanische Schwestern von der Schmerzhaften Mutter sowie das Missionshaus St. Gabriel.

Außenansicht vom Handelsgericht Wien
APA/Georg Hochmuth
Hintergrund des Protests ist der Auftakt des Prozesses gegen die NGO „SOS Balkanroute“ vor dem Handelsgericht Wien

Der Gründer von „SOS Balkanroute“ Petar Rosandic berichtete über das bosnische Flüchtlingslager Lipa und die darin befindliche Hafteinheit unter anderem via Twitter, wo er in einem Posting das Flüchtlingslager mit dem US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba verglich. „Das wird Österreichs Guantanamo“ lautet der Text vom 11. April, darunter ist das Gesicht eines durch den Zaun fotografierten Lipa-Insassen zu sehen.

Der Errichter der stacheldrahtumzäunten Containerabteilung, das Internationale Zentrum für Integrationspolitik (ICMPD), hat daraufhin „SOS Balkanroute“ und ihren Obmann Petar Rosandi wegen Kreditschädigung geklagt. ICMPD, das Standorte in Wien und Zürich hat und von Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger geleitet wird, stand bereits zuvor in Kritik, etwa 2020 nach dem Brand in dem von ihnen errichteten Camp Lipa.

Volkshilfe: „Demokratie gefährdet“

Auch internationale Hilfsorganisationen, wie Pro Asyl, #LeaveNoOneBehind, kritnet, das Border Violence Monitoring Netzwerk, sowie Vertreter der Seenotrettung – wie Sea-Watch – haben den offenen Brief unterzeichnet. „Die Tendenz Menschenrechtsarbeit zu sanktionieren und Flucht zu kriminalisieren bereitet vielen NGOs im In- und Ausland Sorge“, hieß es in der Aussendung.

„Menschen aus der Zivilgesellschaft, die berechtigte Kritik üben, werden durch Klagen existenziell bedroht“, warnte auch Erich Fenninger als Sprecher der Volkshilfe Österreich und der Plattform für eine menschliche Asylpolitik. „SLAPP“-Prozesse würden die Demokratie gefährden und seien existenzbedrohend.