Der Eisenstädter Dom
APA/Gamsz Christian
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Burgenland

Diözese Eisenstadt gedenkt Genozids an Roma und Sinti

Die Diözese Eisenstadt lädt anlässlich des Holocaust-Gedenktages für Sinti und Roma am 2. August zu einer Gedenkfeier in Oberwart. Das Europäische Parlament erklärte im Jahr 2015 den 2. August zum Internationalen Tag des Gedenkens an den Völkermord an Roma und Sinti während der NS-Zeit.

Von den ca. 12.000 österreichischen Roma und Sinti überlebten nur ca. 1.500 den Nazi-Terror. Im Burgenland verhält es sich ähnlich, so die Romapastoral-Leiterin: Von ca. 8.000 Burgenland-Roma überlebten nur 900 Personen, also knapp 11 Prozent, das Terrorsystem der Nazis. Manuela Horvath, Leiterin der Romapastoral der Diözese, betonte in einer Ankündigung am Dienstag den Aktualitätsbezug der jährlichen Feier: „Das viel geforderte ‚Niemals wieder‘ muss zur Zivilcourage gegen Antiziganismus, Intoleranz und Rassismus in unserer Gegenwart führen.“

Horvath wird wie Hauptrednerin Rosa Taubmann, Überlebende des Anhaltelagers in Lackenbach – des größten nationalsozialistischen „Zigeunerlagers“ während der NS-Zeit auf österreichischem Boden -, und Emmerich Gärtner-Horvath, bei der Feier um 18.00 Uhr im Stadtgarten Oberwart zu Wort kommen.

Auch die burgenländische Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ), Nationalratsabgeordneter Nikolaus Berlakovich (ÖVP) und der Oberwarter Bürgermeister Georg Rosner (ÖVP) werden sprechen. Musikalisch umrahmt wird die Gedenkfeier von der Leon Berger Band. Nach einem ökumenischen Gebet mit katholischen und evangelischen Geistlichen folgt eine Kranzniederlegung.

2. August auch in Österreich nationaler Gedenktag

Die schlimmsten Auswüchse des Völkermords an Roma und Sinti während der NS-Zeit geschahen in der Nacht vom 2. auf 3. August 1944, als rund 4.000 Roma und Sinti in den Gaskammern des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau ermordet wurden; insgesamt fielen zwischen 1939 und 1945 europaweit 500.000 Angehörige dieser Volksgruppen dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer; in Österreich waren es rund 10.000 Menschen. Ende Jänner 2023 wurde der 2. August auch in Österreich vom Nationalrat einstimmig als nationaler Gedenktag anerkannt.

Hinweis

Anmeldung zur Gedenkveranstaltung am 2. August bei Manuela Horvath, Mail: manuela.horvath@martinus.at, Tel.: 0676/880701721.

Veranstalterin der Gedenkfeier in Oberwart ist die Romapastoral der Diözese Eisenstadt in Kooperation mit den Vereinen Roma-Service und Hango Roma sowie der Roma Volkshochschule Burgenland. Unterstützer sind der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, der Zukunftsfonds der Republik Österreich, die Österreichische Bischofskonferenz und die Stadt Oberwart.

Burgenland-Roma kurz nach „Anschluss“ verfolgt

Die Verfolgung der Burgenland-Roma begann kurz nach „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland im Mai 1938, informierte Manuela Horvath über ein dunkles Kapitel der österreichischen Zeitgeschichte. Eine äußerst unrühmliche Rolle habe dabei der Landeshauptmann und spätere Gauleiter und SS-Angehörige Tobias Portschy gespielt. Er beschrieb Roma und Sinti als „nomadische Schmarotzerrasse“, welche die ansässige Bevölkerung durch zahlreiche ansteckende Krankheiten in Gefahr bringe und die ausschließlich vom Betteln und Stehlen lebe.

In den ersten Verhaftungswellen Mai/Juni 1938 wurden Hunderte burgenländische „Zigeuner“ als „Asoziale“ verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt, wies Horvath hin. Im September wurde burgenländischen Roma-Kindern der Besuch von Schulen verboten. Zahlreiche diskriminierende Anordnungen wurden erlassen, etwa das Verbot der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Vom „Anhaltelager Lackenbach“ ins KZ

Im November 1940 wurde auf einem stillgelegten Gutshof das „Anhaltelager Lackenbach“ errichtet, das erste KZ-ähnliche Lager auf burgenländischem Boden. Den höchsten Lagerstand mit 2.335 Häftlingen gab es am 1. November 1941, kurz vor den Deportationen ins Ghetto Lodz. Insgesamt wurden 3.000 bis 4.000 Roma und Sinti im Lager Lackenbach inhaftiert. Dieses war Arbeitslager und auch Sammelpunkt für Transporte in die Vernichtung. KZ-ähnliche Lebensumstände führten zu hohen Todeszahlen.

Deportationen wurden bis 1943 nach Lodz, Dachau, Buchenwald, Ravensbrück und Mauthausen durchgeführt. Unter den 5.007 Toten des Ghettos Lodz waren laut Horvath besonders viele aus dem Burgenland. Ab April 1943 erfolgten die Deportationen ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.