Katholiken

Moraltheologen fordern mehr Freiheit für ihr Fach

Katholische Moraltheologen fordern vom Vatikan mehr Freiheit für ihr Fachgebiet. „Die Sexualmoral schwebte bereits oft als eine Art Damoklesschwert über Moraltheologinnen und -theologen“, schreiben Kerstin Schlögl-Flierl (Augsburg) und Martin Lintner (Brixen) in der Zeitschrift „Herder-Korrespondenz“ (August-Ausgabe).

Moraltheologen heute wollten eine Jahrzehnte währende Sprachlosigkeit überwinden und über Fragen der Sexualmoral und Beziehungsethik sprechen und publizieren. „Von Rom wird man dabei immer noch misstrauisch beäugt“, kritisieren die Autoren.

Die beiden äußern sich mit Blick auf die nicht erfolgte Beförderung Lintners zum Dekan der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen. Der Vatikan hatte der Wahl des Theologieprofessors nicht zugestimmt. Begründet worden sei das mit Lintners Veröffentlichungen über Sexualethik.

Fokus auf Beziehungen statt auf Sex

Die Moraltheologen betonen: „Eine Sprachlosigkeit wollen wir nicht mehr hinnehmen.“ Viele Menschen könnten die offizielle katholische Sexualmoral nicht mehr nachvollziehen und nähmen sie als abschreckend wahr.

Die Moraltheologie habe die Aufmerksamkeit von der Sexualmoral zur Beziehungsethik verschoben, so Schlögl-Flierl und Lintner. Das Fach wolle einen Beitrag zum Gelingen von Beziehungen leisten. „Sprachfähig zu sein und nachvollziehbar für alle Menschen guten Willens zu sprechen, das ist der Fokus“, heißt es im Text der beiden. „Ziel ist es, eine theologisch wie ethisch fundierte Orientierung anzubieten und damit der reflektierten Gewissensbildung zu dienen.“

„Kritische Loyalität“

Sie wollten ihr Berufsleben auch künftig in „kritischer Loyalität“ zum kirchlichen Lehramt gestalten, so die Autoren. Die Moraltheologie habe in Beziehungsfragen etwas anzubieten. Allerdings nicht mehr mit moralischem Zeigefinger, sondern im Sinne einer gemeinsamen Sinnsuche aller Gläubigen. „Wenn Fragen der Sexualmoral wieder ein Machtmittel werden, um zu disziplinieren, widerspricht das dem Ansatz des Zweiten Vatikanischen Konzils, die Ehe als Bund zu betrachten, als Bund von Gleichberechtigten, als symmetrisches Geschehen.“