Brief

Papst ruft Priester zu Antiklerikalismus auf

Papst Franziskus hat in seiner Funktion als Bischof von Rom einen langen Brief an die Priester seiner Diözese geschrieben. In dem vierseitigen Papier – veröffentlicht am Montag vom Vatikan – ruft das katholische Kirchenoberhaupt zum Kampf gegen Klerikalismus und „spirituelle Weltlichkeit“ auf.

„Spirituelle Weltlichkeit“ zeige sich bei Priestern etwa darin, dass sie „Versuchungen der Macht und des sozialen Einflusses“ nachgäben, „lehrmäßigen Starrsinn“ zeigten oder „liturgischen Ästhetizismus“ pflegten, zitiert das Portal Vatican News aus dem Brief. Weltlichkeit verstecke sich „hinter scheinbarer Religiosität und sogar Liebe zur Kirche“; wer von ihr befallen sei, suche in Wirklichkeit nicht die Ehre Gottes, sondern seine eigene.

Unterschrieben hatte er es am vergangenen Samstag in Lissabon. Dort hielt er sich anlässlich des Weltjugendtages auf. Zuletzt hatte sich Franziskus während der Coronavirus-Pandemie 2020 in einem Brief an die Priester seiner Diözese gewandt.

Papst Franziskus unterzeichnet in einem großen Buch
APA/AFP/Giulio Napolitano
Papst Franziskus ermahnte in einem Brief an die Priester seiner Diözese Rom, nicht in einen Klerikalismus zu verfallen

Ein wenig Ruhe habe er nun neben den sommerlichen Aktivitäten und nach der Arbeit der letzten Monate, so der Papst zu Beginn des Briefes. Zunächst dankte er den rund 3.700 Priestern seiner Diözese, die er Anfang des Jahres reformiert hatte. Danach holte er – wie schon so oft in seinem Pontifikat – gegen den Klerikalismus – die Verweltlichung des Priestertums – aus.

„Verzeihen Sie mir, wenn ich mich wiederhole“

„Verzeihen Sie mir, wenn ich mich wiederhole“, so der Papst. Als „alter Mann und von Herzen“ wolle er seine Beunruhigung zum Ausdruck bringen, „wenn wir in die Formen des Klerikalismus zurückfallen; wenn wir, vielleicht ohne es zu merken, den Menschen zeigen, dass wir überlegen, privilegiert, ‚höher‘ gestellt und daher vom Rest des heiligen Volkes Gottes getrennt sind“.

Mit der Suche nach persönlichem Gewinn, der Pflege des eigenen Images und der Steigerung des eigenen Erfolges verliere man den priesterlichen Geist, den Eifer für den Dienst, die Sehnsucht nach der Sorge um das Volk. Das tägliche Gegenmittel sei, „auf den gekreuzigten Jesus zu schauen, unsere Augen jeden Tag auf den zu richten, der sich entäußert und für uns erniedrigt hat, bis zum Tod“.

Diener, nicht Herren

Der priesterliche Geist sei, so führt der Papst weiter aus, „uns zu Dienern des Volkes Gottes zu machen und nicht zu Herren, unseren Brüdern und Schwestern die Füße zu waschen und sie nicht unter unseren Füßen zu zertreten“. Das gelte auch für ungeweihte Mitarbeitende der katholischen Kirche, die ebenso einen „klerikalen Geist“ annehmen könnten.

Franziskus fordert eine persönliche und seelsorgerische Umkehr: „Krempeln wir die Ärmel hoch und beugen wir die Knie (wer kann!): Beten wir zum Heiligen Geist für einander, bitten wir ihn, uns zu helfen, in unserem persönlichen Leben wie in unserem pastoralen Handeln nicht in jene religiöse Erscheinung zu verfallen, die voll von vielen Dingen, aber leer von Gott ist, nicht Funktionäre des Heiligen, sondern leidenschaftliche Verkünder des Evangeliums zu sein, nicht ‚Staatskleriker‘, sondern Hirten des Volkes.“