54 alte liturgische Bücher und Choralbücher aus dem Mittelalter bis in die frühe Neuzeit aus dem Grazer Franziskanerkloster werden digitalisiert
Robert Klugseder
Robert Klugseder
Graz

Künstliche Intelligenz übersetzt alte Choralbücher

Aus dem Grazer Franziskanerkloster werden 54 liturgische Bücher und Choralbücher aus dem Mittelalter bis in die frühe Neuzeit aktuell digitalisiert und mittels künstlicher Intelligenz (KI) übersetzt.

„Kaum jemand liest und übersetzt höchstpersönlich noch die alten, lateinischen Texte“, wird Projektleiter Robert Klugseder vom Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in der „Kleine Zeitung“ (Ausgabe 8. August) zitiert. Zuerst müssten die Bücher fotografiert, digitalisiert und schließlich mittels einer KI namens „Transkribus“ übersetzt werden, so der Musikwissenschaftler.

Aus dem Foto filtert die KI die lateinischen handgeschriebenen Texte, erzeugt daraus einen digitalen Text und übersetzt diesen in die gewünschte Zielsprache. Ziel sei es, die Choralbücher Forschenden weltweit zugänglich zu machen: „Sie können sofort auf die digitalisierten Werke zurückgreifen und müssen nicht extra anreisen und die heiklen Werke händisch durchsuchen“, so Klugseder.

54 alte liturgische Bücher und Choralbücher aus dem Mittelalter bis in die frühe Neuzeit aus dem Grazer Franziskanerkloster werden digitalisiert
Robert Klugseder
Die künstliche Intelligenz übersetzt die alten Handschriften

Handschriften aus dem 14. Jahrhundert

Der Einsatz von KI ist in der Geisteswissenschaft bereits üblich. Doch Graduale, also Handschriften, die zum gemeinsamen Singen der gregorianischen Choräle verwendet wurden, erkennen und digitalisieren ist noch nicht etabliert: „Wir sind dabei, dies der KI beizubringen.“ Die Schwierigkeit seien nicht so sehr die Noten selbst, sondern die Übereinstimmung von Noten und Text automatisiert herzustellen. Dazu werde die KI aktuell von Studierenden trainiert, erklärte Klugseder.

Digitalisiert werden 54 Handschriften und Drucke aus dem 14. bis zum 18. Jahrhundert. Es handelt sich dabei um Handschriften, sogenannte Graduale, die zum gemeinsamen Singen der gregorianischen Choräle verwendet wurden. Die Texte und Noten wurden auf Pergament gezeichnet und mit aufwendigen Initialen verziert. Somit sind die Bücher auch für die Liturgiewissenschaft von Interesse, da man mit ihrer Hilfe verfolgen kann, wie sich die Texte und Notationen im Laufe der Jahrhunderte verändert haben.

Finanziert mit EU-Geldern

Finanziert wird das einjährige Digitalisierungsprojekt durch eine EU-Förderung, unter Vermittlung des Kulturministeriums (BMKÖS). Von den 120.000 Euro Projektkosten trägt die EU 90.000 Euro, den Rest teilen sich der Orden der Franziskaner und die Akademie der Wissenschaften.

Als weiteres Vorhaben möchte Klugseder alle derartigen Werke in Österreich – auch der anderen Orden und Diözesen – digitalisieren. „Insgesamt gibt es etwa 300“, so der Wissenschaftler. Aktuell sei Österreich im Blick auf die Digitalisierung des Kulturerbes noch säumig.