Menschen in Pakistan greifen Kirchen und Häuser an
Reuters
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Extremismus

Anklagen nach Gewalt gegen Christen in Pakistan

Nach islamistischen Gewaltausbrüchen gegen Christen und Christinnen hat die Polizei im pakistanischen Faisalabad zwei Terrorverfahren gegen mehr als 600 Menschen eingeleitet. Die Anklagen lauten auf Plünderung und Brandstiftung. Auch zwei Christen wurden festgenommen. Ihnen droht eine Anklage wegen Blasphemie.

Acht Personen seien als Anführer des gewalttätigen Mobs identifiziert worden. Sie seien Mitglieder extremistischer islamistischer Organisationen wie der Tehreek-i-Labbaik Pakistan (TLP). Am Mittwoch hatte eine aufgebrachte Menschenmenge im Industriegebiet Jaranwala in Faisalabad fünf Kirchen geplündert und eine davon in Brand gesteckt, Bibeln entweiht, Häuser von Christen angegriffen sowie einen christlichen Friedhof verwüstet.

Die Gewaltwelle war durch das Gerücht ausgelöst worden, zwei Christen hätten den Koran entweiht. Laut pakistanischen Medien hatten dann Mitglieder der Tehreek-i-Labbaik Pakistan über Lautsprecher von Moscheen die Muslime zu Vergeltungsmaßnahmen aufgerufen. Wie die Polizei am Freitag bestätigte, sind aber auch zwei Christen festgenommen worden. Ihnen droht eine Anklage gemäß der strengen Blasphemiegesetze in dem südasiatischen Land.

Weltweites Entsetzen

Die Gewalt stieß in Pakistan und weltweit auf Entsetzen und Empörung. Interims-Premierminister Anwaar ul Haq Kakar kündigte auf X (vormals Twitter) strenge Maßnahmen gegen jene an, die gegen Gesetze verstoßen und Minderheiten ins Visier nehmen".

Der Pakistan-Experte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Rehab Mahamoor, forderte, die dortigen Behörden müssten sich dringend mit dem Klima der Straflosigkeit in Zusammenhang mit Gewalt gegen religiöse Minderheiten befassen. Das „Frauenaktionsforum“ in Lahore, der Hauptstadt des Punjab, verurteilte die Schändung von Kirchen und Bibeln und die Lynchjustiz.

Proteste auch in Österreich

Die Päpstlichen Missionswerke (Missio) haben am Donnerstag dazu aufgerufen, die Religionsfreiheit in Pakistan zu stärken. „Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht und wird in Pakistan nicht gewährt. Solange das Bewusstsein innerhalb der islamischen Gesellschaft nicht vorhanden ist, kommt es zu Empörungen und Gewalttaten gegenüber anderen Religionen“, so Missio-Nationaldirektor Karl Wallner.

Auch das katholische Hilfswerk „Christen in Not“ (CiN) äußerte sich besorgt. „Die österreichische Bundesregierung möge intensiv darauf hinwirken, dass in Pakistan das Recht für alle gilt und dem Mob Einhalt geboten wird“, hielt CiN-Generalssekretär Elmar Kuhn in einer Aussendung fest.

Einheit zum Schutz von Minderheiten

Unterdessen wurden in Jaranwala im Distrikt Faisalabad laut Medienberichten Tausende Soldaten und Polizisten eingesetzt, um weitere Gewalteskalationen zu verhindern. In der Hauptstadt Islamabad bildete die Polizei am Donnerstag eine Einheit zum Schutz von Minderheiten.

Blasphemie steht in der mehrheitlich muslimischen Republik unter Strafe. Entsprechende Vorwürfe lösen in Pakistan regelmäßig Gewalt gegen Christen und Christinnen aus. Todesurteile wurden in der Vergangenheit zwar verhängt, allerdings noch nicht vollstreckt. Die jetzigen Übergriffe sind die schwersten in jüngerer Zeit.