Wien

Jehovas-Zeugen-Kongress ohne Zwischenfälle beendet

Der große zweisprachige Kongress von Jehovas Zeugen im Wiener Ernst-Happel-Stadion ist am Sonntag ohne Zwischenfälle zu Ende gegangen. Nach der Detonation von zwei Sprengsätzen an Autos von Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft tags zuvor waren die Sicherheitsmaßnahmen erhöht worden.

Die Zusammenhänge sind weiter unklar. Drohbriefe oder -Anrufe habe es zuvor keine gegeben, sagte ein Sprecher der Glaubensgemeinschaft der APA. Das Treffen der in Österreich anerkannten Glaubensgemeinschaft im Stadion sei „reibungslos und in absoluter Ruhe“ abgelaufen. Ohnehin habe man in den vergangenen Jahren vermehrt auf Sicherheitsmaßnahmen geachtet, nun sei man noch sensibilisierter.

Ein konkretes Bedrohungsszenario sehe man derzeit aber nicht, hieß es am Montag auf APA-Anfrage. Schon seit längerem sei man in gutem Kontakt mit den Behörden, um die Sicherheit in den mehr als 150 Königreichssälen in Österreich zu gewährleisten. Dazu komme verstärkte Polizeipräsenz vor Ort. Aus gegebenem Anlass setze man natürlich auch weiter auf das Thema Sicherheit, so ein Sprecher der Glaubensgemeinschaft.

Kongresse zum Thema „Geduld“

Zudem habe der Zwischenfall in der Steiermark dazu geführt, dass die betroffene Gemeinde mit den Nachbargemeinden noch „näher zusammengerückt“ sei. Diese hätten nach der Detonation Seelsorge für die Betroffenen angeboten.

Aufnahme des Happel-Stadions anlässlich des Zeugen-Jehovas-Kongresses
APA/Tobias Steinmauer
Im Wiener Ernst-Happel-Stadion fand am Wochenende ein Kongress von Jehovas Zeugen statt

Kurz vor dem Vorfall hatten Jehovas Zeugen in Graz einen Kongress abgehalten, bei dem es ebenfalls zu keinen Zwischenfällen kam. Der Abschluss der diesjährigen Kongress-Serie in Österreich unter dem Motto „Übt Geduld“ findet vom 25. bis 27. August in der Olympiahalle in Innsbruck statt. Auch dort würden nun die Sicherheitsmaßnahmen erhöht.

Sprengsätze an Fahrzeugen der Gemeinschaft

Eine unbekannte Person hatte die Sprengsätze angebracht, während die Besitzer der Fahrzeuge bei einer Gebetsstunde der Glaubensgemeinschaft waren. Verletzt wurde niemand. Ob ein Zusammenhang mit der Glaubensgemeinschaft besteht, wird noch geprüft. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) hat eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet.

Laut Polizeisprecher Markus Lamb wurden relativ viele Teile der Sprengsätze sichergestellt. Die Einzelteile sollen nun für eine Rekonstruktion wieder möglichst zusammengefügt werden. Klar sei mittlerweile, dass es sich um „keine 0815-Sprengsätze oder einfache Böller“ gehandelt habe, so Lamb: „Sie hätten mehr Schaden anrichten können, als sie letztendlich haben.“

Warum sie offenbar nicht ihr ganzes Sprengpotenzial entfaltet haben, werde noch analysiert. Diesbezüglich seien zwei Varianten denkbar: Entweder wollte der oder die Täter bewusst nicht mehr Schaden anrichten und sie nur zum „Schrecken einjagen“ nutzen, oder es wurde beim Bau der Sprengsätze ein Fehler gemacht, weshalb die Detonationen schwächer ausfielen. Die Überreste würden nun jedenfalls gründlich analysiert.

Motiv unklar

Die Motivlage sei laut Lamb weiterhin unklar. Daher würden nun Umfelderhebungen geführt. Mitglieder von Jehovas Zeugen werden ebenso wie Nachbarn befragt. Die Ermittler hoffen weiterhin auf mögliche Augenzeugen, die verdächtige Personen nahe des Schotterparkplatzes eines Autohändlers nahe des Königreichssaals, in dem die Gebete stattgefunden haben, gesehen haben.

Der Parkplatz ist auf der einen Seite von Bahngleis-Lärmschutzwänden und auf der anderen Seite von einer Hecke begrenzt und daher relativ uneinsichtig. Die beiden Fahrzeuge, an denen die Sprengsätze montiert wurden, waren mit dem Heck zur Hecke geparkt, wodurch der oder die Täter wohl vor Blicken geschützt die Montagen vornehmen konnte.

Jehovas Zeugen in Österreich

Jehovas Zeugen sind eine internationale Religionsgemeinschaft, die Ende des 19. Jahrhunderts im Kontext protestantischer Reformkirchen in Nordamerika entstanden ist. Jehovas Zeugen und Zeuginnen bezeichnen sich als Christen und knüpfen an die apostolische Urgemeinde des Neuen Testaments an.

Jehovas Zeugen haben nach eigenen Angaben weltweit rund 8,7 Millionen Mitglieder. In Österreich sind sie seit 1911 aktiv und seit 7. Mai 2009 als Religionsgesellschaft staatlich anerkannt. Eigenen Angaben zufolge finanziert sich die Gruppe ausschließlich durch Spenden.