Katholiken

Bätzing: Benedikt XVI. hätte sich entschuldigen sollen

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat den verstorbenen Papst Benedikt XVI. für dessen Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch durch Priester kritisiert.

„Ich wünschte, dass Joseph Ratzinger über seine Zeit als Münchner Erzbischof gesagt hätte: Ich trug damals Verantwortung, mir ist egal, ob ich in einer bestimmten Sitzung war. Ich entschuldige mich für das, was den Opfern durch die Versetzung eines Missbrauchstäters angetan wurde“, sagte Bätzing im Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag-Ausgabe). Damit hätte der deutsche Papst auch seine Autorität stärken können.

Ein 2022 veröffentlichtes Missbrauchsgutachten wirft dem ehemaligen Kirchenoberhaupt für seine Zeit als Erzbischof von München und Freising (1977–1982) in vier Fällen fehlerhaftes Verhalten im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen gegen Priester vor. Zudem habe sich eine Aussage von Benedikt XVI. zu einem besonders brisanten Fall eines Wiederholungstäters als falsch erwiesen.

Gänswein: „Keine einfache Situation“

Gleichzeitig bedauerte Bätzing, dass Papst Franziskus dem ehemaligen Sekretär Benedikts, Erzbischof Georg Gänswein, keine feste Aufgabe zugewiesen hat. „Es ist keine einfache Situation, vor allem für ihn selbst“, so der Limburger Bischof. Nach dem Tod von Benedikt XVI. zum Jahreswechsel war Gänswein im Juli aus dem Vatikan in seine ehemalige Heimatdiözese Freiburg zurückgekehrt.

Bischof Georg Bätzing
APA/AFP/Odd Andersen
Bätzing: Entschuldigung hätte Autorität des emeritierten Papstes stäken können

Möglicherweise wird er dort nach Absprache mit Erzbischof Stephan Burger einzelne Aufträge wie Firmungen oder örtliche Festgottesdienste übernehmen. Zudem will der langjährige Papstsekretär ab Herbst regelmäßig Gottesdienste im Freiburger Münster feiern. Mit Gänswein gesprochen habe er seit dessen Rückkehr noch nicht, sagte Bätzing im Interview.

Woelki hat „Akzeptanz der Leute verloren“

Die anhaltende Vertrauenskrise in der Erzdiözese Köln wirkt sich aus Sicht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz auf die Kirche in ganz Deutschland aus. Der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki habe „die Akzeptanz der Leute verloren“, sagte Bätzing im Gespräch mit der „Zeit“: „Köln ist nicht nur ein Spitzenreiter bei Kirchenaustritten, jetzt treten überall im Land Menschen auch wegen Köln aus.“

Der Limburger Bischof zog eine Parallele zu seinem eigenen Amtsvorgänger Franz-Peter Tebartz-van Elst. Dieser war 2014 unter anderem auf öffentlichen Druck wegen Verschleierung der Kosten für seinen Dienst- und Wohnsitz zurückgetreten. Anders wertet Bätzing das Rücktrittsangebot des Münchner Erzbischofs Kardinal Reinhard Marx.

Marx hat „keine Fehler gemacht“

Dieser habe „in München keine Fehler gemacht, die einen Rücktritt erzwingen“, so der Bischof weiter: „Marx hat seinen Rücktritt angeboten, um zu sagen: Ich bin seit 25 Jahren Bischof, wir haben alle das System geschützt, ich setze ein Zeichen. Doch der Papst hat abgelehnt.“

Bätzing verteidigte zugleich Kardinal Woelki gegen den Vorwurf des Meineids: „Alle Versuche, ihn gerichtlich zu belangen, haben etwas Unwürdiges.“ Auch im Umgang mit Missbrauch habe der Kölner Erzbischof „wohl keine gravierenden Fehler gemacht.“

Die Erzdiözese Köln habe auch richtig gehandelt, bei der Schmerzensgeldklage eines Missbrauchsbetroffenen auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, fügte Bätzing hinzu. Nach dem inzwischen rechtskräftigen Urteil steht einem früheren Ministranten die historisch hohe Summe von 300.000 Euro zu: „Das ging aber nur, weil der Fall zweifelsfrei dokumentiert war. Als Kirche sehen wir die Belastung, die eine neuerliche Beweisführung für die Opfer bedeuten würde. Im betreffenden Fall hätten wir in Limburg genauso entschieden.“

Medien wichtig für Missbrauchsaufklärung

Die Rolle der Medien bei der Missbrauchsaufarbeitung in der katholischen Kirche lobte Bätzing im Interview. „Ich finde, die Journalistinnen und Journalisten sind nicht schuld an der Misere. Ohne sie wären wir bei der Missbrauchs-Aufklärung noch längst nicht so weit“, sagte der Bischofskonferenz-Vorsitzende.

Er sei dankbar, dass Betroffene vor Journalisten ihre Stimme erhoben und diese sich dann an ihre Seite gestellt hätten, fügte er hinzu: „Wir haben ja nicht aus freien Stücken und Selbsterkenntnis angefangen aufzuarbeiten, sondern auf Druck der Betroffenen.“

Dennoch deprimiere es ihn auch, „dass das viele Wunderbare in unserer Kirche kaum öffentlich vorkommt“. Für ihn als Vorsitzenden der Bischofskonferenz sei es anstrengend, „den Skandalen hinterherzulaufen“, bekannte Bätzing: „Da ich aber Langstrecke besser kann als Sprint und -meistens – zum Versachlichen neige, passt das.“