Petersplatz im Vatikan
Reuters/Guglielmo Mangiapane
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Katholiken

Mit Frauen: Vatikan startet „Supersynode“

Im Vatikan beginnt am Samstag eine „Supersynode“, eine vierwöchige Versammlung mit rund 490 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. An der Synode über Synodalität nehmen erstmals stimmberechtigte Frauen teil. Parallel findet eine Laienveranstaltung statt, die mehr Gleichberechtigung fordert. Ob es eine Synode der Frauen wird, bleibt abzuwarten.

Zum ersten Mal darf eine größere Zahl von Laien bei einer Bischofssynode mit abstimmen, darunter auch Frauen und Befürworter von mehr Rechten für homosexuelle Menschen in der römisch-katholischen Kirche. Während des auf drei Jahre angelegten Dialogprozesses will sich die katholische Kirche vor allem einen anderen Beratungs- und Entscheidungsstil erarbeiten.

Diskutiert werden soll in erster Linie über Synodalität an sich, also über Regeln für weitere Synoden. Doch es gibt sehr viele aktuelle Themen, die den Gläubigen auf den Nägeln brennen: Der Pflichtzölibat, die Öffnung von Weiheämtern für Frauen und der Umgang mit den zahlreichen Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche sind nur einige davon.

Siebentel der Stimmberechtigten weiblich

Rund 450 Delegierte sind für die von 4. bis 29. Oktober stattfindende Synodenversammlung im Vatikan gelistet. 365 der Delegierten sind stimmberechtigte Mitglieder, 61 theologische Beraterinnen und Berater ohne Stimmrecht, 56 sind Frauen. Somit ist fast ein Siebentel der Stimmberechtigten weiblich. Mit 73 Prozent sind die Bischöfe klar in der Überzahl. Dazu kommen noch rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Synodensekretariats.

Im Leitungsteam des römischen Synodensekretariats arbeitet ebenfalls eine Frau: Die französische Ordensfrau Nathalie Becquart wurde im Jahr 2021 von Papst Franziskus zur Untersekretärin der Bischofssynode ernannt.

Papst Franziskus und Synodenteilnehmende im Paul-IV.-Saal im Vatikan
Reuters/Remo Casilli
Die Bischöfe sind klar in der Überzahl (Bild von einer Synodalversammlung im Mai 2023)

Aus Österreich sind unter anderen Kardinal Christoph Schönborn und der Bischofskonferenz-Vorsitzende Erzbischof Franz Lackner bei der Synode. Vor zu hohen Erwartungen warnten im Vorfeld bereits einige prominente Stimmen, darunter der deutsche Kirchenhistoriker Hubert Wolf, der am Montag im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte: „Das wird ein weiterer Debattierclub ohne rechtliche Vollmachten.“

Bescheidene Ziele

Die zur Synode eingeladene, nicht stimmberechtigte katholische Theologin Klara-Antonia Csiszar setzt auf Geduld: Es werde nach den vierwöchigen Beratungen noch keine großen Reformen geben, sagte sie gegenüber Kathpress: „Wir werden im November keine Diakoninnen weihen.“ Die Innsbrucker Pastoraltheologin Anna Findl-Ludescher hingegen blickt mit Zuversicht auf die Versammlung – aber auch sie verspricht sich eher „Teillösungen“. Mindestens „empfehle und erwarte ich eine Tauf- und Predigterlaubnis für Laien“, sagte sie im Gespräch mit Kathpress.

Unter dem Namen Spirit Unbounded (etwa: unbegrenzter Glaube) haben sich unterdessen 45 katholische Laienreformbewegungen zu einer eigenen Versammlung zusammengeschlossen, darunter auch das Netzwerk „Wir sind Kirche“. Spirit Unbounded versteht sich als globale Gemeinschaft katholischer Reform- und anderer christlicher und ökumenischer Netzwerke. Rund um die Weltsynode wird es verschiedene Veranstaltungen der Reformgruppen geben, die zum Teil in Rom, zum Teil online abgehalten werden.

Martha Heizer, Vorsitzende der Plattform Wir sind Kirche
kathbild.at/Rupprecht
Die Vorsitzende von „Wir sind Kirche“ Österreich, Martha Heizer, nimmt an der Parallelveranstaltung teil

Aus Österreich bei der Gegenveranstaltung von Spirit Unbounded dabei ist unter anderen die Vorsitzende von „Wir sind Kirche“ Österreich, Martha Heizer. Heizer war 2014 von der katholischen Kirche exkommuniziert worden, weil sie im privaten Kreis die Eucharistie gefeiert hatte. „Den Frauen den Zugang zu Weiheämtern zu verwehren, ist eine sehr kränkende Zurückweisung“, sagt sie im Gespräch mit religion.ORF.at. Zwei Themenkreise sieht Heizer, „bei denen die Kirchen am meisten Schaden anrichtet: Sexualität und Frauen“. Queere Menschen, die sich den Segen der Kirche wünschten, würden ebenso ausgeschlossen.

Heizer: „Viel zu spät und viel zu wenig“

Auch wenn nun einige Frauen zur Synode zugelassen seien, sei das „viel zu spät und viel zu wenig, aber immerhin geht es in die richtige Richtung. Die Entscheidungen treffen trotzdem immer die Männer.“ Das häufig vorgebrachte Argument, die „Weltkirche“ sei, anders als die Kirche in Teilen Europas, einfach noch nicht so weit, Frauen im Weiheamt zu tolerieren, lässt Heizer nicht gelten: „Ich weiß von anderen Organisationen, dass Frauen in aller Welt darunter leiden.“

Hauptrednerinnen bei der Parallelveranstaltung sind die Ordensfrau Joan Chittister (USA), die britische Rechtsanwältin und Ehefrau des früheren englischen Premierministers, Cherie Blair, und die ehemalige irische Staatspräsidentin und Kinderrechtsexpertin Mary McAleese.

McAleese: Frauen „als zweitklassig betrachtet“

McAleese erinnerte im Vorfeld der Synode im britischen „Guardian“ an die durch Missbrauchsskandale, finanzielle Fehler und den Mangel an Priesternachwuchs „verlorenen“ Kirchenmitglieder. Frauen würden „verjagt“, so McAleese: „Sie werden als zweitklassig betrachtet, und das werden sie nicht mehr länger mitmachen.“

Missbrauchsopferschutzverbände werden rund um die Synode ebenfalls ihre Stimmen erheben, es sind Kundgebungen angekündigt. Die Päpstliche Kinderschutzkommission forderte auch in einem kurz vor Beginn der Bischofssynode veröffentlichten Aufruf, der Schutz vor sexuellem Missbrauch im Bereich der Kirche solle Priorität bei der Versammlung haben.

Missbrauchsopfer demonstrieren im Vorfeld der Weltsynode im Vatikan
Reuters/Guglielmo Mangiapane
Missbrauchsopferverbände werden protestieren

Der prominente US-amerikanische Jesuit und Buchautor James Martin gab sich in einem Interview der Beilage „Christ & Welt“ der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag-Ausgabe) sehr optimistisch zur Weltsynode. Sie könne „der Beginn für ein wunderbares Wachstum in der Kirche sein“, sagte Martin. Er hoffe beispielsweise auf Änderungen beim Umgang mit Schwulen, Lesben und anderen sexuellen Minderheiten, so der Ordensmann, der sich für die LGBTQ-Seelsorge einsetzt.

Am Samstag findet der Auftakt zur Synode statt. Am 1. Oktober ziehen sich die Synodalen zunächst zu „Besinnungstagen“ zurück, am 4. Oktober wird die Synode mit einer feierlichen Messe eröffnet und endet am 29. Oktober. Die Beratungen basieren auf dem im Juni veröffentlichten Arbeitspapier „Instrumentum laboris“.

Weltsynode in Rom

In der von Papst Franziskus ausgerufenen Weltsynode beschäftigt sich die katholische Kirche seit Herbst 2021 mit Fragen der Entscheidungsfindung und Mitbestimmung. In zwei Versammlungen von 4. bis 29. Oktober 2023 und im Jahr 2024 berät in Rom die Weltbischofssynode über die Ergebnisse des weltweiten Konsultations- und Beratungsprozesses.

Weltsynode geht weiter bis 2024

Am Ende der vierwöchigen ersten Sitzungsperiode der Synode – der abschließende Teil folgt 2024 – wird ein Synthesenpapier als Zusammenfassung der Beratungen erstellt und veröffentlicht. Mit Ende der Beratungen im Oktober ist die Weltsynode nicht vorbei. Papst Franziskus hatte den Prozess frühzeitig um ein weiteres Jahr verlängert. So findet 2024 noch ein Treffen auf Weltebene im Vatikan statt.

Der weltweit unter dem Namen „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission“ stattfindende synodale Prozess durchläuft drei Phasen, zunächst auf Ebene der Diözesen, dann der Kontinente und nun der Weltkirche. Dort werden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen die endgültigen Handlungsempfehlungen für den Papst beschließen. Beobachterinnen und Beobachter rechnen damit, dass es dazwischen weitere Beratungen in den Ortskirchen geben wird. Nach der Versammlung der Synode im Jahr 2024 wird der Papst über die Empfehlungen entscheiden.