Armut

Scharfe Kritik an Nehammers Aussagen zu Kinderarmut

Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat Caritas-Präsident Michael Landau auf ein Video mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) reagiert, das seit Mittwochnachmittag in sozialen Netzen die Runde macht. Auch die katholische Jungschar kritisiert „blanken Zynismus“.

In dem Video spricht der Bundeskanzler u.a. zu Teilzeitbeschäftigung und Kinderarmut. Letztere stellt Nehammer in Österreich indirekt infrage. „Wer sagt, dass in Österreich niemand hungert oder friert, hat von der Wirklichkeit der Menschen keine Ahnung“, kritisierte nun Landau auf X (vormals Twitter) die Worte des Kanzlers.

„Genau so schreit man: Ein Kind in Österreich bekommt keine warme Mahlzeit“, sagt Nehammer in dem Video, das bei einem parteiinternen Treffen entstanden ist und laut ÖVP echt ist. Was ihn „am meisten dabei stört“, sei, dass man in Leserbriefen nirgends höre oder lese: „Was ist eigentlich mit den Eltern? Was heißt, ein Kind kriegt in Österreich keine warme Mahlzeit?“

„Nicht gesund, aber billig“

Nehammer fragt die Anwesenden weiter, ob sie wüssten, was die billigste warme Mahlzeit in Österreich sei – um die Antwort rasch selbst zu geben: „Sie ist nicht gesund, aber sie ist billig: ein Hamburger bei McDonald’s.“ 1,40 Euro koste ein Hamburger, mit Pommes dazu seien es 3,50 Euro.

In Österreich müsse niemand verhungern oder im Winter erfrieren, so Landau: „Weil wir in der Geburtsortslotterie einen Haupttreffer gezogen haben.“ So gebe es in Österreich einen über weite Strecken sehr gut funktionierenden Sozialstaat. Das sei nicht selbstverständlich und ein hoher Wert. „Und genau deshalb dürfen wir uns mit der Not nicht abfinden, die es auch bei uns nach wie vor gibt“, so Landau.

Landau: „Mit Verhöhnung niemandem gedient“

Armutsvermeidung und -bekämpfung seien nicht Fragen des Könnens, sondern des Wollens, zeigte sich der Caritas-Präsident überzeugt. Eine differenzierte Diskussion möglich sein, aber, „mit einer Verhöhnung armutsbetroffener Menschen ist niemandem gedient. Auch Arme haben Würde, u. die ist zu achten“, so Landau abschließend.

Katholische Jungschar zeigt sich „entsetzt“

Die katholische Jungschar fordert Kanzler Nehammer auf, Kinderarmut ernst zu nehmen. „‚Dann sollen sie doch Burger essen‘ ist blanker Zynismus“, kritisierte Martina Erlacher, Vorsitzende der katholischen Jungschar Österreichs, den ÖVP-Kanzler für seine Aussagen. Als Jungschar sei man entsetzt über die Entgleisung der Bundeskanzler, der in „weingeselliger Runde Scherze über die Ärmsten unserer Gesellschaft macht“.

„Arme und sozial benachteiligte Menschen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden“, so die Jungschar-Vorsitzende. Stattdessen brauche es politische Entscheidungsträger, „die die Lage armutsgefährdeter Kinder ernst nehmen und keine Entscheidungen treffen, die Kindern Chancen verbauen und soziale Ungerechtigkeiten in Österreich verstärken“.

Rund 368.000 Kinder armutsgefährdet

Fast ein Viertel aller Armuts- und Ausgrenzungsgefährdeten sind Kinder – derzeit rund 368.000 Kinder in Österreich. Deshalb fordere die katholische Jungschar die Umsetzung der Kinderrechtskonvention und wolle politische Verantwortungstragende in die Pflicht nehmen, „auf eine gerechte Verteilung in der Gesellschaft zu achten, statt nach unten zu treten“.