Aktion

„Langer Tag der Flucht“: Sichere Routen gefordert

Die Caritas und die UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR haben am Freitag ein neun Meter langes Faltboot aus Papier im Brunnen vor der Wiener Karlskirche zu Wasser gelassen, um auf die ertrunkenen Geflüchteten im Mittelmeer aufmerksam zu machen.

Dabei forderten sie sichere Fluchtrouten. Seit 2014 sollen mehr als 28.000 Menschen bei der Flucht übers Mittelmeer ertrunken sein; in diesem Jahr soll die Zahl der bei der Überfahrt Ertrunkenen bei 2.500 Opfern liegen. „Das Sterben im Mittelmeer ist kein Naturgesetz“, mahnte Caritas-Wien-Direktor Klaus Schwertner anlässlich des „Langen Tag der Flucht“ (6. Oktober).

Anstelle von EU-Krisenverordnungen brauche es legale Fluchtwege und einen sicheren Zugang zu fairen Asylverfahren, forderten Caritas und UNHCR in ihrer gemeinsamen Stellungnahme im Rahmen der politischen Kunstaktion.

„Boot der Hoffnung“

Das „Boot der Hoffnung“ sei ein Zeichen, „dass sich der Schutz von Grenzen und der Schutz von Menschenleben nicht ausschließen dürfen und nicht ausschließen müssen“, so Schwertner. Das Boot stehe auch stellvertretend „für die vielen klapprigen Boote, mit denen Menschen auf der Flucht auch heute versuchen, Europa zu erreichen“, erklärte Schwertner. Der deutsche Künstler Frank Bölter hat das Faltboot gemeinsam mit 40 Freiwilligen angefertigt.

„Langer Tag der Flucht“ mit Bootsaktion vor der Wiener Karlskirche
APA/Hdans Klaus Techt
„Langer Tag der Flcuht“ mit Bootsaktion vor der Wiener Karlskirche

Zehn Jahre nach dem Bootsunglück vor Lampedusa und wenige Monate, nachdem vor der Küste Griechenlands erneut hunderte Geflüchtete ums Leben gekommen waren, sei das Boot auch ein Zeichen gegen das Sterben von Menschen im Mittelmeer, betonte Schwertner. Er erinnerte an den Schiffbruch eines Migrantenbootes am 3. Oktober 2013, bei dem vor der italienischen Mittelmeerinsel mehr als 360 Menschen starben, darunter auch Kinder. Das Boot war auf dem Weg von Afrika nach Europa.

Schwertner sieht die internationale Staatengemeinschaft gefordert, humanitäre Aufnahme- und Resettlementprogramme zu initiieren, „statt Verantwortung abzuschieben“. Außerdem pochten Caritas und UNHCR auf EU-geführte Such- und Rettungsmissionen statt Freiwilligeneinsätze, „die diese Lücke der Rettung füllen und dafür zunehmend kriminalisiert werden“.

Fluchtrouten stabilisieren

Auch Ruth Schöffl, Sprecherin von UNHCR Österreich, betonte die Notwendigkeit von Fluchtmöglichkeiten für Betroffene, die aus Krisenregionen fliehen müssen. Mindestens 108,4 Millionen Menschen auf der ganzen Welt waren laut UNHCR Ende 2022 gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen; darunter 35,3 Millionen Flüchtlinge unter 18 Jahren. Die meisten Geflüchteten würden innerhalb ihres Landes oder in eine Nachbarregion fliehen. „Aus unserer Sicht wäre es wichtig, zu schauen, wo die Fluchtbewegungen beginnen, und Fluchtrouten zu stabilisieren“, so Schöffl.

Laut der UNHCR-Sprecherin braucht es für Flüchtende auch die sichere Möglichkeit, um Asyl ansuchen zu können – entweder im Herkunftsland selbst oder im Ankunftsland nach der Flucht. In Österreich sei die Asyl-Anerkennungsquote in den vergangenen Jahren durchgehend stabil, meinte Schöffl.

In Krisengebieten stabilisierend wirken

International gesehen sei es jedoch zu wenig, nur nach Tunesien oder Libyen zu schauen, da in allen nordafrikanischen Ländern aktuell eine unsichere politische Lage herrsche. Wichtiger und effizienter sei es für die internationale Staatengemeinschaft, in Krisengebieten stabilisierend zu wirken, so die UNHCR-Sprecherin.

Die künstlerische Leitung der Faltboot-Aktion lag beim deutschen Künstler Frank Bölter, der bereits ähnliche Projekte in der Vergangenheit realisiert hat. Bei seinen Projekten – wie auch dem Boot in Wien – stehe für ihn der gemeinsame Schaffungsprozess im Fokus, so der Künstler. Bölter ist für seine groß angelegten Faltaktionen, bei denen große dreidimensionale Papierschiffe entstehen, international bekannt.

Am Freitag findet österreichweit auch der zwölfte „Lange Tag der Flucht“ statt, in dessen Rahmen österreichweit Veranstaltungen zu den Themen Flucht und Asyl stattfinden.