Krim

„Beichtvater Putins“ neuer russisch-orthodoxer Bischof

Das russisch-orthodoxe Moskauer Patriarchat hat bekanntgegeben, dass Metropolit Tichon (Schewkunow) vom Synod zum neuen Bischof der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim ernannt wurde. In russischen Medien wird er als „Beichtvater Putins“ bezeichnet.

Tichon war bisher Bischof von Pskow und folgt auf der Krim auf Metropolit Lazar (Schwets), der in den Ruhestand versetzt wurde, wie aus der Mitteilung vom Mittwoch hervorgeht. Der bisherige Metropolit von Pskow zählt zu den angesehensten und einflussreichsten Bischöfen im Moskauer Patriarchat. Bekannt ist, dass der konservative Kirchenmann Putin in historischen und kulturellen Fragen berät und ihn auch auf Reisen begleitet hat.

Tichon begann seine „geistliche Karriere“ mit dem Eintritt in das Höhlenkloster von Pskow, später ging er ins Moskauer Sretensky-Kloster. 2015 wurde er zum Bischof geweiht, 2018 mit der Leitung der Diözese Pskow betraut, zugleich stand er auch dem Kloster in Pskow als Abt vor.

Aufnahme der Krim-Diözesen

Kurz nach der Selbstständigkeitserklärung der mit Moskau verbundenen Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) nach Kriegsbeginn im Frühjahr 2022 nahm der Synod des Moskauer Patriarchats Anfang Juni 2022 bereits die Krim-Diözesen der ukrainischen Kirche direkt in die russische Kirche auf.

Offiziell hatten die Bischöfe der drei orthodoxen Diözesen der Krim den Synod um Aufnahme in die russisch-orthodoxe Kirche ersucht. Entsprechend dem in solchen Fällen üblichen Vorgehen in besetzten Gebieten, entsprach das oberste Leitungsgremium unter dem Vorsitz von Patriarch Kyrill dann diesem Ersuchen. Das Moskauer Patriarchat nahm auch gleich eine jurisdiktionelle Umwandlung der Krim vor. Die Krim wurde zu einer eigenen Metropolie, die bis zuletzt von Metropolit Lazar von Simferopol und der Krim geleitet wurde.

Umbesetzung sei „brillanter Schachzug“

Der ukrainische Religionswissenschaftler Oleksandr Sagan sieht in der jetzigen Umbesetzung auf der Krim einen „brillanten Schachzug“ von Metropolit Kyrill. Er entledige sich auf diese Weise eines gefährlichen innerkirchlichen Konkurrenten.

Je näher die Ukraine der Krim rücke, umso mehr Probleme werde auch die russisch-orthodoxe Kirche vor Ort bekommen und umso weniger Zeit und Energie habe Tichon für innerkirchliche Machtspiele. Freilich könnte sich Kyrill auch verschätzen und Metropolit Tichon gehe gestärkt aus seiner neuen Funktion hervor, so Sagan laut einem Bericht auf dem ukrainischen Internet-Portal „risu“.

Neue Kirchenleitung für Afrika

Noch eine weitere wichtige Personalentscheidung teilte das Moskauer Patriarchat am Mittwoch mit. Das Oberhaupt des russisch-orthodoxen Exarchats von Afrika, Metropolit Leonid (Gorbatschow) von Klin, wurde von seinen Aufgaben als „Patriarchalexarch“ entbunden.

Er bleibt aber kommissarischer Leiter der russisch-orthodoxen Diözese von Jerewan und Armenien. Die genauen Gründe für die jetzige Amtsenthebung des 54-jährigen Metropoliten sind unklar. Im Protokoll der Sitzung des Heiligen Synods heißt es nur, Leonid habe die Gründe erläutert, die ihn daran hinderten, die Aufgaben des Exarchen von Afrika zu erfüllen. Für seine geleistete Arbeit habe man ihm gedankt. An der Spitze der russischen Orthodoxie in Afrika steht künftig Bischof Konstantin (Ostrowski) von Zaraisk. Der 46-Jährige wurde 2012 zum Bischof geweiht.

Mehr als 200 Gemeinden gegründet

Das Moskauer Patriarchat gründete seit Dezember 2021 nach eigenen Angaben mehr als 200 Gemeinden in 25 afrikanischen Ländern. Hintergrund der noch sehr jungen eigenständigen russischen kirchlichen Präsenz in Afrika ist der Konflikt um die Anerkennung der 2018 gegründeten eigenständigen „Orthodoxen Kirche der Ukraine“.

Das Moskauer Patriarchat kündigte die kirchliche Gemeinschaft mit dem Patriarchat Konstantinopel und allen anderen orthodoxen Kirchen auf, die diese anerkennen. Dazu zählt auch das Patriarchat von Alexandrien, zu dessen Zuständigkeitsbereich traditionell ganz Afrika gehört.

Streit um Exarchat für Afrika

Moskau gründete im Dezember 2021 ein eigenes Verwaltungsgebiet, ein sogenanntes Exarchat, für Afrika und breitet sich seither verstärkt auf dem Kontinent aus. Sehr zum Missfallen des Patriarchats von Alexandrien.

Dieses beschloss u.a. im vergangenen November in einer kirchenrechtlich umstrittenen Entscheidung, Metropolit Leonid „wegen einer Reihe von kanonischen Vergehen“ abzusetzen und die „kirchlich-politischen Theorien über die Seelsorge der russischen Welt in der ganzen Welt auf der Grundlage der Nationalität“ zu verurteilen. Zugleich beschloss Alexandrien seinerseits den Abbruch der kirchlichen Gemeinschaft mit Moskau und seinem Patriarchen Kyrill I.