Krieg in Nahost

Kardinal bietet sich im Austausch gegen Hamas-Geiseln an

Kardinal Pierbattista Pizzaballa hat sich in Jerusalem als Austausch gegen Geiseln der Hamas angeboten: „Wenn so Kinder freikommen und nach Hause kommen können, wäre das kein Problem.“

Das antwortete der katholische Lateinische Patriarch von Jerusalem am Montag bei einer italienisch geführten Online-Pressekonferenz auf die entsprechende Frage einer Journalistin und fügte hinzu: „Von meiner Seite aus ist die Bereitschaft da.“

Um einen Weg aus der aktuellen Lage herauszufinden, sei es notwendig, dass die Geiseln zurückkehrten, sagte Pizzaballa. Er sprach von einem konkreten Element und von einer Geste, die dazu führen könne, dass über die aktuelle Entwicklung noch einmal nachgedacht würde. „Andernfalls ist es sehr schwierig, diese Entwicklung aufzuhalten“, sagte der Patriarch von Jerusalem. Er spielte damit auf die erwartete Bodenoffensive Israels im Gazastreifen an.

Schwierig, mit Hamas zu sprechen

In den vergangenen Tagen hatte auch Papst Franziskus die Freilassung der Geiseln gefordert. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hatte den Vatikan als Vermittler in der Angelegenheit angeboten. Der Heilige Stuhl wolle versuchen, dass wenigstens ein Teil der Entführten zurückkehren könnte, sagte Pizzaballa. Es sei jedoch schwierig, mit der Hamas zu sprechen.

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa.
APA/AFP/Ahmad Gharabli
Der katholische Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, hat sich als Austausch gegen Geiseln der Hamas angeboten

Die Terrororganisation hatte Israel am 7. Oktober mit Raketen angegriffen. Zudem waren Terroristen auf das Staatsgebiet gedrungen, hatten rund 1.400 Menschen ermordet und bis zu 200 Menschen nach Gaza verschleppt. Israel reagierte mit Gegenangriffen, die sich auf den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen konzentrieren. Die Zahl der Toten im Gazastreifen wurde am Montag mit bisher 2.750 angegeben.

„Barbarische Akte“ der Hamas

In der Online-Pressekonferenz distanzierte sich der Jerusalemer Patriarch Pizzaballa auch von Stellungnahmen christlicher Kirchen zu den Angriffen der Hamas auf Israel. „Auch ich bin irritiert. Aus Respekt vor den anderen Kirchen möchte ich dem nichts hinzufügen“, sagte der Kardinal. Pizzaballa erklärte zudem: „Um es klar zu sagen: Die Hamas hat barbarische Akte in Israel angerichtet.“

Das katholische Lateinische Patriarchat von Jerusalem hatte zusammen mit anderen christlichen Kirchen am 7. und am 13. Oktober Stellungnahmen zum Krieg veröffentlicht. Israel hatte sich darüber irritiert gezeigt und beide Erklärungen kritisiert, weil darin zwar die Gewaltakte verurteilt wurden, aber eine eindeutige Erwähnung der Hamas fehlten.

Israel fordert vom Vatikan Verurteilung von Hamas

Israel hat am Sonntag erneut vom Vatikan eine eindeutige Verurteilung der Hamas-Massaker vom 7. Oktober verlangt. Wie ein Sprecher des israelischen Außenministeriums am Sonntagabend im Netzwerk Twitter (X) mitteilte, teilte Außenminister Eli Cohen seinem vatikanischen Amtskollegen Paul Gallagher mit, dass sein Land vom Vatikan eine „klare und unzweideutige Verurteilung der mörderischen Terrorakte der Hamas-Terroristen erwartet, die Frauen, Kinder und alte Menschen allein deshalb umgebracht haben, weil sie Juden und Israelis waren“.

Papst sieht beide Seiten

Papst Franziskus hatte beim Angelus-Gebet am Sonntag die Freilassung der israelischen Geiseln in Gaza und eine Beachtung der humanitären Regeln im dortigen Krieg gefordert.

„Ich verfolge weiter mit großem Schmerz, was in Israel und in Palästina geschieht. Ich denke insbesondere an die Kinder und an die Alten. Ich erneuere meinen Appell zur Freilassung der Geiseln und fordere mit aller Kraft, dass Kinder, Kranke, Alte, Frauen und die gesamte Zivilbevölkerung nicht Opfer des Konfliktes sein sollen“, sagte der Papst. Für die Bevölkerung des Gazastreifens forderte der Papst humanitäre Korridore, um die Versorgung sicherzustellen.

Parolin verurteilt Terrorangriffe „aufs Schärfste“

Zuvor hatte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Freitag die Terroranschläge der Hamas in Israel auf „das Schärfste“ und als „unmenschlich“ verurteilt; zugleich forderte der vatikanische Chefdiplomat in einem vom Portal Vatican News veröffentlichten Interview eine Zweistaatenlösung für Israel und Palästina. Auch Parolin äußerte seine Besorgnis um die Menschen, die in Palästina als Geiseln gehalten werden. Weiter betonte er die Verbundenheit des Vatikans mit den betroffenen, überwiegend jüdischen Familien.

Der Kardinalstaatssekretär betonte das Selbstverteidigungsrecht Israels „im Rahmen der Verhältnismäßigkeit“ und ohne die Zivilbevölkerung in Gaza zu gefährden. Ähnlich hatte sich bereits Papst Franziskus am 11. Oktober in der Generalaudienz geäußert.