Buch und Hund zu Weihnachten
Getty Images/Mkovalevskaya
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Literatur

Spirituelle Lektüre für die stillen Tage

Die Tage rund um das Weihnachtsfest sind genau richtig für viele ruhige Lesestunden. Die Redaktion von religion.ORF.at hat über das Jahr religiöse, ethische und spirituelle Lieblingsbücher für Kinder und Erwachsene zusammengetragen. Die Themen sind vielfältig: Geschichte, Philosophie, Ethik, Christentum, Islam, Judentum und auch Atheismus.

Weihnachten mit Wichtelwissen

Das Warten aufs Christkind verkürzen – das geht mit guten Vorlesebüchern. Der Sammelband „Wichtel, Wunder, Winterzauber“ überzeugt mit schönen weihnachtlichen Geschichten von Astrid Lindgren, Sven Nordqvist und anderen. Die Begegnung zwischen dem Wichtel Tomte Tummetott und dem hungrigen Fuchs wärmt das Herz, die Geheimnisse skandinavischer Weihnachtswichtel sorgen für die passende Stimmung zwischen Neugier und Vorfreude. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Astrid Lindgren, Sven Nordqvist, Susanne Lütje, Elli Bruder und Betina Gotzen-Beek: Wichtel, Wunder, Winterzauber. Oetinger, 160 Seiten, 26,50 Euro, ab vier Jahren.

Gedichte und Geschichten für Erwachsene

„Weil wir im Herzen barfuß sind“, ist die Neuauflage einer bunten Mischung aus Gedichten, Geschichten und Texten, die abseits von Nostalgie und Romantik die Weihnachtsbotschaft thematisieren. Die Texte stammen unter anderen von E. E. Cummings, Hilde Domin und Rose Ausländer, Selma Lagerlöf, Rainer Maria Rilke, Meister Eckhart und Edith Stein und sind durch biblische Texte ergänzt. Das Buch bietet auf vielfältige Weise Möglichkeiten, die Weihnachtsbotschaft zu suchen und zu finden. „ O Mensch lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel nichts mit dir anzufangen“ – Augustinus. (Nina Goldmann, religion.ORF.at)

Rudolf Bischof, Klaus Gasperi: Weil wir im Herzen barfuß sind. Ein Lesebuch zu Advent und Weihnachten. Tyrolia, 224 Seiten, 25 Euro.

Die „unerhörten“ Nonnen des Mittelalters

Die Hälfte der Menschen, die im Mittelalter in ein Kloster eingetreten sind, waren Frauen. Trotzdem weiß man heute – von einigen Ausnahmen abgesehen – sehr wenig über das Leben dieser Ordensfrauen. Henrike Lähnemann und Eva Schlotheuber erforschten das Leben in sieben deutschen Frauenklöstern kurz vor der Zeitenwende der Reformation und förderten Erstaunliches zutage. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Henrike Lähnemann, Eva Schlotheuber: Unerhörte Frauen. Die Netzwerke der Nonnen im Mittelalter. Propyläen, 224 Seiten, 27,50 Euro.

Illustration aus dem Kinderbuch „Rumi“ von Rashin Kheiriyeh
2023 NordSüd Verlag AG, Zürich/Schweiz
Illustration aus dem Buch „Rumi“ zum 750. Todestag des gleichnamigen Sufi-Mystikers

Ein Mystiker im Bilderbuchformat

Persien, 13. Jahrhundert: Der kleine Rumi liebt die Vögel, Geschichten und das Tanzen – und er hat viele Fragen. Sein Heranwachsen zum Gelehrten und Mystiker begleitet das wunderschön illustrierte Bilderbuch „Rumi“, das die Geschichte des gleichnamigen berühmten persischen Sufi-Mystikers und Dichters, der vor 750 Jahren starb, in kindgerechter Weise erzählt. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Rashin Kheiriyeh: Rumi. Aus dem Englischen von Thomas Bodmer. NordSüd, 40 Seiten, 18 Euro, ab fünf Jahren.

Ein Museumshund bei Queen Victoria

Ein Kinderbuch aus der Feder von Emma Thompson, illustriert von „Grüffelo“-Schöpfer Axel Scheffler – was kann da schiefgehen? Museumshund Jim möchte seinem Herrl Sir Henry helfen: Dessen Erfindung, die gedruckte Weihnachtskarte, soll ein Erfolg werden. Gute Kontakte zum Hof von Queen Victoria sollen dabei helfen. Liebevoll gestaltetes, im Stil des 19. Jahrhunderts gehaltenes Bilderbuch, das sich um Freundschaft und Mitgefühl dreht. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Emma Thompson, Axel Scheffler: Jims brillante Weihnachten. Aus dem Englischen von Anu Stohner. Beltz, 80 Seiten, 18 Euro, ab sechs Jahren.

Blasphemie ist allgegenwärtig

In rund 70 Ländern gibt es den Tatbestand der Blasphemie – unter ihnen auch Österreich. Was dahintersteckt, zeigt das Buch „Blasphemie. Geschichte und Gegenwart des Frevels“ von Yvonne Sherwood. Es besticht durch zahlreiche Beispiele und aktuelle Bezüge und eröffnet damit neue Blickwinkel auf ein politisch brisantes Thema. (Irene Klissenbauer, religion.ORF.at)

Yvonne Sherwood: Blasphemie. Geschichte und Gegenwart des Frevels, Claudius, 200 Seiten, 22 Euro.

Sozialrevolutionärin, Philosophin, Mystikerin

Vor 80 Jahren ist eine der bedeutendsten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts mit nur 34 Jahren gestorben – im englischen Exil, aufgrund von Entkräftung und Tuberkulose: Simone Weil (1909, Paris – 1943, Ashford). Aufgewachsen in einer agnostischen jüdischen Familie, fühlte sich Weil besonders zu christlicher Mystik hingezogen – genaugenommen zu Mystik und Politik. Die studierte Philosophin kämpfte im wahrsten Sinn für eine bessere Welt, bewusst auch als Fabrikarbeiterin. In zum ersten Mal auf Deutsch veröffentlichten Texten reflektiert sie Fremdbestimmtheit, Sinnlosigkeitsempfinden und Erschöpfung der Arbeiterinnen und Arbeiter: „Es genügt nicht, ihnen Leiden ersparen zu wollen, man muss ihre Freude wollen.“ (Doris Appel, Ö1)

Simone Weil: Von der Schwierigkeit, den Kopf zum Himmel zu heben. Aus dem Französischen von Tabea Rotter. Westend, 112 Seiten, 16 Euro.

Dompfarrer Toni Faber und Danielle Spera
Stefan Knittel
Dompfarrer Toni Faber und Danielle Spera tauschten sich über Judentum und Christentum aus

Spera und Faber im Dialog

Ein geschwisterliches, offenes und durchaus nicht unkritisches Gespräch führen die Kulturmanagerin Danielle Spera und der Wiener Dompfarrer Toni Faber in „Wie ein jüngerer Bruder“. In dialogischer Form wird das Verhältnis zwischen Christentum und Judentum behandelt. Wie hat sich das eine aus dem anderen heraus entwickelt? Welche Rolle spielte der Apostel Paulus? Aber auch: Wo hat das Christentum durch Antijudaismus und Antisemitismus viele Jahrhunderte lang Schuld auf sich geladen? Das lesenswerte Buch bildet einen ebenso sympathischen wie ehrlichen Dialog ab. Und es weist Wege in die Zukunft: Wie ein konstruktives Miteinander auf Augenhöhe gestaltet werden kann. (Brigitte Krautgartner, Ö1)

Danielle Spera, Toni Faber: Wie ein jüngerer Bruder. Ein Gespräch über Judentum und Christentum. Amathea, 192 Seiten, 29 Euro.

„Frau Leben Freiheit“ in Wort und Bild

Ein hartes Buch ist die neue Graphic Novel aus der Feder der iranischstämmigen Künstlerin Marjane Satrapi („Persepolis“). Sie ist Herausgeberin des Buches, der im Titel „Frau Leben Freiheit“ den Slogan der Aufstände gegen das iranische Mullah-Regime aufgreift. 20 Künstlerinnen und Künstler (auch Satrapi selbst) haben an dem Buch, das die Geschichte des Regimes sowie das Leben und den Freiheitskampf im Iran in teils drastischen Bildern und Texten darstellt, gearbeitet.

Marjane Satrapi (Hg.): Frau Leben Freiheit. Aus dem Französischen von Hainer Kober, Regina Keil-Sagawe und Sarah Pasquay. Rowohlt, 272 Seiten, 36 Euro.

Die Schöpfung in Ölkreide

Ein Bilderbuch, das sich eher an ein erwachsenes Publikum zu richten scheint, ist Linda Wolfsgrubers „sieben. die schöpfung“. Die teils als Monotypien, teils in kunstvoller Ölkreidenkratztechnik ausgeführten Bilder haben die sieben Tage der Schöpfung der Welt zum Thema. Die melancholischen Farben und der Genesis-Text laden zum Verweilen und zur Kontemplation ein. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Linda Wolfsgruber: sieben. die schöpfung. Tyrolia, 120 Seiten, 26 Euro.

Antijudaismus im Koran aufarbeiten

„Keine Gemeinschaft oder Religion kann ihrer Vergangenheit entkommen“, sagt der algerisch-deutsche Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi. Mit seinem Buch „Die Juden im Koran. Ein Zerrbild mit fatalen Folgen“ möchte er einen Beitrag zur Etablierung einer „kritischen Erinnerungskultur“ im Islam leisten. In seinem neuen Buch beschreibt Ourghi anhand des Korans den Umgang der im siebenten Jahrhundert entstandenen neuen Religion mit dem Judentum. Zugleich fordert er eine Verortung des Textes in eben dieser Zeit. Heute müssten die Verse anders gedeutet werden. (Nina Goldmann, religion.ORF.at)

Abdel-Hakim Ourghi: Die Juden im Koran. Ein Zerrbild mit fatalen Folgen. Claudius 2023, 192 Seiten, 26,80 Euro.

Eine Hand hält einen vierblättrigen Glücksklee
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Wo Glaube endet und Aberglaube beginnt, hat sich der Historiker Tillmann Bendikowski in seinem Buch „Himmel hilf!“ angesehen

Wo der Aberglaube beginnt

Unter einer Leiter durchgehen? Schlecht. Bringt ein vierblättriges Kleeblatt Glück? Und kann man zu bestimmten Heiligen beten, die zum jeweiligen Problem passen? Wenn alles andere nicht mehr hilft, dann sollen höhere Mächte es richten: Heute wie in früheren Zeiten hoffen viele auf Beistand übernatürlicher Kräfte – und fürchten ihre Macht. Wo Glaube endet und Aberglaube beginnt, hat sich der Historiker Tillmann Bendikowski in seinem Buch „Himmel hilf!“ angesehen. Er richtet einen besonderen Blick auf die katholische Kirche und deren oft heiklen Grenzgang zwischen „magischen“ Aspekten und „echtem“ Aberglauben. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Tillmann Bendikowski: „Himmel hilf“. Warum wir Halt in übernatürlichen Kräften suchen. C. Bertelsmann, 320 Seiten, 26,50 Euro.

Charismatische Führer und Missbrauch in der Kirche

Die kirchliche Laienbewegung der Neuen Geistlichen Gemeinschaften galt als Hoffnung der katholischen Kirche. Dass sich viele ihrer Gründer des Missbrauchs schuldig machten, wurde lange Zeit verschwiegen. Die Journalistin Celine Hoyeau bietet in ihrem Buch „Der Verrat der Seelenführer“ die erste Gesamtanalyse der Vorfälle und eröffnet damit spannende Einblicke in ein bisher wenig beachtetes Feld. (Irene Klissenbauer, religion.ORF.at)

Celine Hoyeau: Der Verrat der Seelenführer. Macht und Missbrauch in Neuen Geistlichen Gemeinschaften. Herder, 296 Seiten, 30 Euro.

Politik und Orthodoxie: Allianz mit Tradition

Warum die russisch-orthodoxe Kirche beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine von Beginn an eine zentrale Rolle spielt, erörtert Gerhard Schweizer in „Kreuz und Schwert“ mit einer Analyse der Geschichte politisch-religiöser Allianzen. Sein Buch bietet historisch fundiertes und spannendes Wissen, das zeitgenössische Entwicklungen besser verstehen lässt. (Irene Klissenbauer, religion.ORF.at)

Gerhard Schweizer: Kreuz und Schwert. Geschichte, Glaube und Politik der orthodoxen Kirchen. Herder, 240 Seiten, 24 Euro.

Eine Frau sucht die jüdische Identität

Mit „Unorthodox“ hat Deborah Feldman einen internationalen Bestseller über ihre Flucht aus einer ultraorthodoxen New Yorker Gemeinde geschrieben. In „Judenfetisch“ reflektiert sie über das heutige Judentum in Deutschland, den Radikalismus in Israel und die eigene jüdische Identität. Das Buch geht über persönliche Erfahrungen aber weit hinaus. Scharfsichtig und kritisch widmet sich Feldman gegenwärtigen jüdischen Strömungen sowie einer kritischen Analyse des heutigen Israel. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Deborah Feldman: Judenfetisch. Luchterhand, 25,50 Euro, 272 Seiten.

Der Agnostiker und die Pfarrerin

Gleich die erste Frage am Anfang des Buches geht das Thema frontal an: „Betest du, Michael?“ Die Antwort ist: „Nein, Mira.“ Sich einmal wirklich auf die Sicht- und Denkweise eines Menschen einlassen, der ganz anders tickt: Das haben die Baptistenpfarrerin Mira Ungewitter und der Publizist und Atheist Michael Horowitz gewagt und ihren über zehn Sessions gehenden Dialog über „Gott und die Welt“ in Buchform festgehalten. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Michael Horowitz, Mira Ungewitter: Über Gott und die Welt. Begegnungen eines alten Agnostikers mit einer jungen Pastorin. Ueberreuter, 152 Seiten, 25 Euro.

Ein Priester und Held

1943 ist Rom eine besetzte Stadt: Die Nationalsozialisten unter dem Chef des NS-Sicherheitsdienstes, Paul Hauptmann, regieren mit brutaler Gewalt, Jüdinnen und Juden sowie andere gefährdete Pesonen suchen Schutz im winzigen Vatikanstaat. Es ist die Stunde von Monsignore Hugh O’Flaherty, der alles riskiert, um den Flüchtlingen zu helfen. Der irische Autor Joseph O’Connor überzeugt in diesem auf wahren Begebenheiten basierenden Roman mit Tempo, Spannung und seinem bekannt prägnanten Stil. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Joseph O’Connor: In meines Vaters Haus. Aus dem Englischen von Susann Urban. C. H. Beck, 382 Seiten, 26 Euro.

Zeitreise durch die Geschichte der Philosophie

„Konkurrenz mag gut sein, aber Kooperation ist besser“, gibt uns Platon mit auf den Weg. Der stoische Philosoph Kaiser Marc Aurel erklärt das moderne Arbeitscredo der „Work-Life-Balance“ für überholt und gibt sein Rezept für erfolgreiches Zeitmanagement aus. „Selber nachdenken statt nachbeten“: Immanuel Kant sendet uns aus Königsberg Tipps, wie wir mit der Informationsflut umgehen können. Hannah Arendt gibt zu bedenken, dass wir mit der Verwendung von digitalen Schreibprogrammen möglicherweise unsere Sprachfähigkeit verlieren. In sieben Kapiteln nimmt uns der deutsche Philosoph Christoph Quarch auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Philosophie mit. Mit großem sprachlichem Talent verdeutlicht er in fiktiven Gesprächen, wie die Weisheitsliebe unser Leben bereichern kann. „Der Club der alten Weisen“ ist eine tiefsinnige und dennoch kurzweilige Lektüre, die das Leben an dunklen Winterabenden erhellen kann. (Johannes Kaup, Ö1)

Christoph Quarch: Der Club der alten Weisen. FBV-Verlag, 192 Seiten, 19 Euro.

Kinderbuch über Freundschaft und Hilfsbereitschaft

Maite Kelly, Sängerin, Autorin und elftes Kind der irisch-amerikanischen Familienband Kelly Family, hat ihr zweites Kinderbuch „Püttchen und Sternelinchen" der Freundschaft gewidmet. Darin erzählt sie die Geschichte eines kleinen Engels, der einer Sternschnuppe hilft und dabei völlig unerschrocken auch dem „Himmelskönig“ so manch kritische Frage stellt. (Irene Klissenbauer, religion.ORF.at)

Maite Kelly: Püttchen und Sternelinchen. Herder, 32 Seiten, 16 Euro, ab drei Jahren.

Die Moral von der (Menschheits-)Geschicht

Unglaublich, aber wahr: Ein Buch mit dem Titel „Moral“ hat es in die Bestsellerlisten geschafft. Der Philosoph und Ethiker Hanno Sauer begibt sich auf die Suche nach den Ursprüngen sittlicher Vorstellungen sowie dem Wandel von Werten im Lauf der Menschheitsgeschichte von den frühesten Ursprüngen bis heute. Und siehe da: Es existieren offenbar universelle Werte, die allen Menschen gemein sind, und Kooperation – trotz vieler moralischer Rückschritte. Das hat uns zu der erfolgreichen Spezies gemacht, die wir heute sind. (Johanna Grillmayer, religion.ORF.at)

Hanno Sauer: Moral. Die Erfindung von Gut und Böse. Piper, 400 Seiten, 26,80 Euro.