50 Jahre Fristenregelung

Kfbö: Soziale Zwänge zur Abtreibung beseitigen

Zu einer Diskussion über Abtreibung „jenseits von Schuldzuweisung und Bestrafung“ hat die Katholische Frauenbewegung (kfbö) aufgerufen. Die vor 50 Jahren verabschiedete Fristenregelung ermögliche eine solche Debatte, wobei man das Thema „gesprächsbereit statt urteilend“ behandeln wolle.

Das erklärte die kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl am Dienstag in einer Aussendung. Statt über Abtreibungsfristen zu streiten, sollte die Gesellschaft „das Dilemma im Vorhinein verhindern“, durch Forschung, Wissensvermittlung und Sozialpolitik.

Ritter-Grepl forderte, es müsse ein „gemeinsames gesellschaftliches Anliegen über alle Parteien und ideologischen Grenzen hinweg“ sein, „dass sich in einem Land wie Österreich keine Frau aus sozialen Gründen zu einer Abtreibung gezwungen sieht“.

Kein „Gebärzwang“

Umgekehrt dürfe es jedoch auch einen „Gebärzwang“ nicht geben, denn „das Ja zum ungeborenen Leben kann nur freiwillig gesprochen werden“. Die kfbö hielt zudem fest, dass Frauen niemals Zielscheibe von verbaler oder körperlicher Gewalt werden dürften – auch wenn sie eine Abtreibung vornehmen ließen.

Angelika Ritter-Grepl, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreich (kfbö)
kfbö/Michael Groessinger
Ritter-Grepl: Auch „familienrealistische Arbeitsmodelle notwendig“

Um den Schutz des ungeborenen Lebens in Österreich zu verbessern, seien laut der Bundesvorsitzenden unter anderem familienrealistische Arbeitsmodelle notwendig, sowie staatlich gewährleistete Unterhaltszahlungen für Alleinerziehende oder auch die gesicherte Verfügbarkeit kostenfreier Kinderbetreuung. Auch in die soziologische Forschung müsse investiert werden. „Nur auf Basis von Fachwissen über die Motive, die Frauen zu einem Schwangerschaftsabbruch bewegen, können politische Maßnahmen zum Lebensschutz greifen“, so Ritter-Grepl.

Vermehrte Kommunikation forderte die kfbö-Vorsitzende besonders mit der Jugend ein. Deren Fragen und Unsicherheiten gelte es besonders ernst zu nehmen, würden doch „existenzielle Themen“ wie Familiengründung und -gestaltung im öffentlichen Diskurs meist zu kurz kommen. Psychologische und praktische Lasten für die einzelne Person könnten sich dabei verdichten und in Krisenzeiten irgendwann nicht mehr tragbar sein.

Ergebnisoffene Beratung

Ritter-Grepl plädierte weiters für den Ausbau der „ergebnisoffenen Beratung“. Gegenüber Menschen, welche eine Schwangerschaft in einen großen Konflikt gebracht habe, brauche es „Bereitschaft zum Zuhören und Sprechen“, auch wenn dieser Dialog manchmal „ungemütlich“ werden könne. Oft sähen sich Frauen wegen des Fehlens einer stabilen Partnerschaft, von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, von gesicherten, elternkompatiblen Arbeitsplätzen sowie aufgrund mangelnder Unterstützung im sozialen Umfeld außerstande, eine Schwangerschaft auszutragen.

Aufgabe der Politik sei es weiters, umfassende, niederschwellige öffentliche Informationen über Schwangerschaft und Elternschaft bereitzustellen, sichtbar zu machen und zu kommunizieren. „Einseitige, radikale Meinungsäußerungen“ und öffentliche Anfeindungen wären so verhinderbar, so Ritter-Grepl.

In Infrastruktur investieren

Für die Debatte um die Fristenregelung ist laut Katholischer Frauenbewegung das Verständnis notwendig, „dass das Thema Schwangerschaftsabbruch eine kontinuierliche Begutachtung und Gesprächsführung benötigt“. Verfahrensweisen bei ethischen Konflikten müssen zu jedem Zeitpunkt als „entwicklungsfähig“ gedacht werden.

Zugleich sprach sich die Bundesvorsitzende auch für „infrastrukturelle“ Maßnahmen aus, die für die Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs nötig seien: „Ein staatliches Gesetz erfordert, dass der Staat dessen Ausführbarkeit gewährleistet.“