Katholiken

Bischof Kräutler frustriert von „Reformpapst“ Franziskus

Der österreichisch-brasilianische „Amazonas-Bischof“ Erwin Kräutler zeigt sich enttäuscht von den Reformankündigungen von Papst Franziskus. „Er provoziert eine wahnsinnige Hoffnung“, sagte Kräutler im Interview von Kath.ch.

Bei der Amazonien-Synode 2019 hätten viele Bischöfe gefordert, bewährte Männer und Frauen aus entlegenen kirchlichen Gemeinden zu Priestern oder Priesterinnen zu weihen. „Und Papst Franziskus hat es nicht angenommen“, so Kräutler gegenüber dem Partnerportal von Kathpress und der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) – „obwohl er uns Bischöfen zuvor gesagt hat: Macht mir mutige Vorschläge.“ Das mache ihn frustriert und enttäuscht.

„Bei der Synode haben 80 Prozent der Bischöfe für Viri probati und das Frauendiakonat gestimmt“, führte der Bischof aus. Es sei unvorstellbar, dass Papst Franziskus das in seinem Abschlussdokument der Amazonien-Synode mit keinem Wort erwähnt hat.

„Da wird nichts dabei rauskommen“

Der 84-jährige Kräutler gehört zu den bekanntesten Bischöfen Lateinamerikas. Von 1981 bis 2015 leitete er die riesige Amazonas-Diözese Xingu, eine Region, in der viele Katholiken in unzugänglichen Regionen wegen Priestermangels nur einmal im Jahr die Messe feiern können. Pessimistisch äußert sich der Bischof im Interview über den synodalen Prozess der Weltkirche. „Da wird nichts dabei rauskommen“, so Kräutler; „außer Spesen nichts gewesen“. Die drängenden Reformthemen würden dort gar nicht besprochen.

Bischof Erwin Kräutler
ORF
Bischof Kräutler: „Außer Spesen nichts gewesen“

Aus seiner Realität als „Wander-Bischof“ in entlegenen Gegenden berichtete Kräutler, seine Ankunft sei immer ein Fest gewesen. „Ich wurde vom ganzen Dorf verküsst. Und immer wurde mir die Frage gestellt: Wo ist deine Frau?“ Als junger Bischof habe er noch gesagt, dass er nicht verheiratet sei.

„Der Dorfoberste schaute mich komisch an. Er konnte es einfach nicht verstehen. Denn das Konzept Zölibat passt nicht in ihre Lebensrealität“, so der gebürtige Vorarlberger. Später habe er dann gesagt, „dass meine Frau weit, weit weg ist“. Diese Einsamkeit hätten die Dorfbewohner zwar bedauert – „aber immerhin gab es keine komischen Reaktionen mehr“.

„Wir brauchen Frauen – auch in Ämtern“

Dennoch zeigte sich Kräutler auch zuversichtlich für die Zukunft und prophezeite: „Verheiratete Priester kommen zuerst, dann das Frauendiakonat. Priesterinnen werden die nächste Stufe sein.“ Wenn Papst Franziskus sage, dass Frauen nicht zu Priesterinnen geweiht werden dürfen, um sie vor Klerikalismus zu schützen, dann sei das „ein Witz“, so Kräutler: „Die nicht geweihten Männer im Amazonasgebiet sind viel klerikaler als die Frauen, die Gemeinden leiten.“ Er kenne „keine Frau, die Klerikalismus lebt – keine“.

„Wir brauchen Frauen – auch in Ämtern“, betonte Kräutler, und: „Es kann nicht sein, dass uralte Männer eine Theologie der Frau entwerfen.“ Ein nächster Papst könne es vielleicht schaffen, einen „Frühling für die Kirche“ zurückzubringen, wie er ihn als junger Mann beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) erlebt habe, so der 84-Jährige. Jedenfalls könnten ein Nachfolger und die Kirche nicht hinter die Ansätze zurück, die Papst Franziskus eingeleitet habe.

Wieder in Brasilien

Kräutler äußerte sich vor seiner Rückkehr nach Brasilien im österreichischen Koblach. In seiner Heimat in Vorarlberg hatte er die vergangenen zwei Jahre verbracht. Kräutler wirkte unter anderem als Mitautor an der Umwelt- und Sozial-Enzyklika „Laudato si“ (2015) von Papst Franziskus mit.

Als Bischof setzt er sich für die Rechte von Indigenen, Kleinbauern und -bäuerinnen und Landlosen sowie für den Schutz des Regenwaldes ein. Öffentlich prangert er politische und soziale Missstände an. 2010 erhielt er dafür den Alternativen Nobelpreis. Sein Engagement brachte Kräutler wiederholt ins Visier von Wirtschaftsbossen und Landräubern.