Österreich, Schweiz, Deutschland

Jüdische Dachorganisationen wollen Kooperation

Die jüdischen Dachorganisationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben einen Kooperationsvertrag beim vom Zentralrat der Juden in Deutschland veranstalteten Gemeindetag in Berlin unterzeichnet.

„Der Vertrag (…) sieht eine verstärkte Zusammenarbeit sowie grenzüberschreitende Koordinierung zur Förderung jüdischen Lebens und im Kampf gegen Antisemitismus vor“, hieß es in einer Mitteilung am Sonntag. Die jüdischen Gemeinden wollten zudem keine Kontakte mit Parteien wie AfD und FPÖ unterhalten und entschieden gegen Desinformation vorgehen, hielten sie fest.

Der Vertrag wurde demnach zwischen dem Zentralrat der Juden in Deutschland, der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreich (IRG) sowie dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund geschlossen. Deren Präsidenten, unter ihnen Oskar Deutsch für die IRG, teilten mit: „Gerade in diesen Zeiten, in denen jüdisches Leben auch in Europa bedroht wird, ist dieses Zeichen des Zusammenhalts und der Zusammenarbeit zwischen unseren Organisationen besonders wichtig.“

Aufruf zu Zusammenhalt

Der fünfte Gemeindetag des Zentralrats der Juden in Deutschland ging derweil am Sonntag mit einem Aufruf zu Zusammenhalt und Selbstbewusstsein zu Ende. „Wir wollen als jüdische Gemeinschaft, als Jüdinnen und Juden, von diesem Gemeindetag ein lautes Zeichen senden: Wir lassen uns nicht unterkriegen“, betonte Zentralratspräsident Josef Schuster laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) zum Abschluss der viertägigen Veranstaltung in Berlin.

„Wir begegnen dem Hass, den wir auf den Straßen sehen, an den Universitäten, ja in der Mitte der Gesellschaft, mit Mut und Zusammenhalt.“ Unter dem Motto „Zusammen leben“ hatten sich nach Veranstalterangaben mehr als 1.400 Mitglieder jüdischer Gemeinden in Berlin getroffen.

Sie tauschten sich in Podien, Vorträgen und Workshops aus. Themen waren etwa der Krieg im Gazastreifen nach dem Terror der Hamas, Antisemitismus, die jüdische Gemeinschaft in Europa, religionsgesetzliche Fragen und Künstliche Intelligenz (KI). Die Teilnehmenden feierten zudem gemeinsam Schabbat und Gottesdienste und kamen bei einem Gala-Abend zusammen.

Politik: Maßnahmen gegen Antisemitismus

Zur Eröffnung am Donnerstagabend waren auch Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Israels Botschafter Ron Prosor gekommen. Gemeinsam mit anderen prominenten Gästen zündeten sie zum Ende des Chanukka-Festes die Kerzen an einem Leuchter an.

Aus der Politik sprachen während des Gemeindetages unter anderem auch Bundeskanzler Olaf Scholz i(SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).

Für Staatsbürgerschaft: Bekenntnis zu Israel

Sie alle sicherten Jüdinnen und Juden Solidarität und konkrete Maßnahmen gegen Antisemitismus zu. So plädierte Wüst dafür, dass sich Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen wollten, zum Existenzrecht Israels bekennen müssten. Eine entsprechende Initiative brachte NRW jetzt in den Bundesrat ein.

Steinmeier sagte, dass Deutschland die Heimat von Jüdinnen und Juden bleibe. Nach Überzeugung von Scholz muss in Deutschland jüdisches Leben eine Selbstverständlichkeit sein. Unter den Teilnehmenden gab es aber auch Kritik daran, dass sich Deutschland bei der UN-Resolution für einen Waffenstillstand im Gazastreifen enthalten hatte.

Schuster: „Schweigende Mehrheit ist zu leise“

„Es war den Politikern ein echtes Anliegen, zu kommen“, so Schuster in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Ich glaube, es sollte der jüdischen Gemeinschaft den Rücken stärken und unterstreichen, welche Haltung die deutsche Politik gegenüber Israel und Juden in Deutschland hat.“

Mit Blick auf Antisemitismus sagte er, dass Menschen mit einem antisemitischen Gedankengut nicht mehr geworden seien – aber lauter und aggressiver: „Die schweigende Mehrheit ist zu leise.“ Er beobachte eine „gewisse Gleichgültigkeit“ in der Gesellschaft.