Katholiken

Homosexuellensegnung: Bandbreite an Reaktionen in Weltkirche

Zu gemischten Reaktionen der Bischofskonferenzen weltweit hat die Ankündigung des Vatikan geführt, wonach gleichgeschlechtliche Segnungen in der katholischen Kirche künftig möglich sind.

Die am Montag veröffentlichte Erklärung „Fiduces supplicans“ des Dikasteriums für die Glaubenslehre wird in den Ortskirchen Westeuropas als wichtiger Durchbruch in der Seelsorge gelobt. In anderen Erdteilen stellen sich die Bischöfe teils verhaltener hinter die Entscheidung aus Rom, teils wird auch vor möglichen Verwirrungen gewarnt oder daran erinnert, das katholische Ehe- und Familienideal dadurch unangetastet bleibe. Etliche Bischofskonferenzen der größten katholischen Länder sprachen sich dazu bislang gar nicht aus.

Die Deutschen Bischöfe hatten am Montag als eine der ersten auf das Vatikan-Schreiben reagiert. Darin werde ein „Handlungsspielraum für verantwortungsvolle kirchliche Praxis“ umschrieben, lobte der Bischof Georg Bätzing als Vorsitzender das Dokument. Ein „Schatz für die Vielfalt von Lebensmodellen“ sei damit gehoben worden, ohne dass die katholische Ehelehre dadurch verändert worden sei.

Positive Reaktionen in Österreich und Schweiz

Ähnlich äußerte sich Österreichs Bischofskonferenz-Vorsitzender, Erzbischof Franz Lackner, „erfreut“ über die Segnungs-Erlaubnis, mit dem die Kirche Paaren in außerregulären Situationen „Gutes im Namen Gottes zusprechen“ wolle. Die Schweizer Bischofskonferenz hob hervor, „Fiducia supplicans“ entspreche auch ihrem Wunsch nach einer „offenen Kirche, welche Menschen in unterschiedlichen Beziehungssituationen ernst nimmt, achtet und begleitet“ und zeige, „dass die Kirche allen Menschen Platz bietet“.

Lateinamerika: Verhaltenes Lob

Bisher noch keine offiziellen Reaktionen gab es von der Bischofskonferenz Brasiliens, dem mit 139 Millionen Gläubigen größten katholischen Land. Aus der von Kardinal Odilon Pedro Scherer geleiteten Diözese Sao Paulo hieß es in einer Stellungnahme, Papst Franziskus sei nicht Urheber der Erklärung, sondern habe sie nur genehmigt. In keinerlei Weise sei die Kirchenlehre verändert worden, vielmehr wolle der Vatikan „verhindern, dass etwas als Ehe anerkannt wird, das nicht die dauerhafte, stabile und für Kinder offene Verbindung zwischen Mann und Frau ist“.

Die Bischöfe Mexikos, wo 105 Millionen Katholiken und Katholikinnen leben, strichen in ihrer Erklärung ihre „Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater“ hervor und riefen dazu auf, hinsichtlich der Segnungen keine Verwirrung zu stiften und die pastoralen Absichten des Papstes nicht zu verfälschen.

Entscheidend sei vielmehr, eine „Haltung des Willkommens, der Nähe und des Urteilsvermögens gegenüber denen einzunehmen, die um einen Segen bitten, und sie mit Feingefühl, Festigkeit und Klarheit auf ihrem Weg zu begleiten, den Willen Gottes in ihrem Leben zu erfüllen.“ Das Dokument „Fiducia supplicans“ wurde als „Geste der Nähe und Begleitung“ und „Ausdruck der Barmherzigkeit Christi und der Kirche gegenüber jedem Menschen“ willkommen geheißen.

USA und Ostasien

Kurz gehalten fiel die offizielle Reaktion der US-Bischofskonferenz aus. „Die Lehre der Kirche zur Ehe hat sich nicht verändert“, heißt es in der nur zwei Sätze umfassenden Erklärung von Sprecherin Chieko Noguchi – um dann den Unterschied zwischen einem förmlichen sakramentalen Segen und einem einfachen pastoralen Segen zu betonen.

Die philippinische Bischofskonferenz, zuständig für die Seelsorge für das mit 95 Millionen Gläubigen wichtigste katholischen Land Asiens, verwies in ihrer Stellungnahme auf fünf wichtige Absätze des Vatikan-Dokuments und betonte, dieses sei in Inhalt und Absicht klar und bedürfe keiner weiteren Erklärung. Papst Franziskus habe aufgerufen, die pastorale Nächstenliebe nicht zu vernachlässigen und „nicht Richter zu sein, die nur leugnen, ablehnen und ausschließen“. Dazu sei ein „umfassenderes Verständnis von Segnungen“ vonnöten.

Singapurs Kardinal William Goh trat Medienberichten entgegen, wonach die katholische Kirche ihre Lehre zur Ehe verändert habe. Die Kirche segne nicht die Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare, wohl aber die Paare selbst, die sich in einer „unregelmäßigen Situation“ befinden und darum kämpften, Gottes Geboten treu zu bleiben. Ziel sei gewesen, Priestern Orientierung in der Seelsorge für gleichgeschlechtliche Menschen zu geben. Erst im November hatte das Parlament in Singapur ein Gesetz aufgehoben, das gleichgeschlechtlichen Sex unter Strafe stellte.

Sorge und Widerstand in Afrika und Zentralasien

Während die Bischöfe im Kongo, dem größten katholisches Land Afrikas, ebenfalls keinen Kommentar gaben, äußerten Kenias Bischöfe die Sorge, „bestimmte Aspekte“ des Dokuments würden „Besorgnis und sogar Verwirrung“ bei „Christen und im Allgemeinen dem Volk Gottes“ hervorrufen. Gleichgeschlechtliche Ehen fänden in Kenia „keine Akzeptanz“ und würden vom Vatikan-Schreiben jedenfalls nicht gebilligt oder durch die Hintertür eingeführt. Ziel der Kirche bleibe, alle Menschen auf den „Weg der Bekehrung und Erlösung zu bringen“.

Der vehementeste Widerstand an der neuen Regelung kam bisher von den Bischöfen von Malawi, Sambia und Kasachstan, die als Reaktion Segnungen homosexueller Paare in ihren Zuständigkeitsbereichen verboten haben. Diese „widersprechen direkt und ernsthaft der göttlichen Offenbarung und der ununterbrochenen, 2.000 Jahre alten Lehre und Praxis der katholischen Kirche“, erklärten dazu etwa die Bischöfe der kasachischen Hauptstadt Astana in einem Hirtenbrief.

„Wie Tag und Nacht“

In Ghana hob der Bischofskonferenz-Vorsitzende Matthew Kwasi Gymfi bei einer Online-Diskussion hervor, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sei in dem westafrikanischen Land „nicht zulässig“- auch, da es dafür keine zugelassenen Riten und Gebete gäbe. Notwendig sei es nun, den Gläubigen zu vermitteln, dass verschiedene Formen und Abstufungen von Segnungen existierten. Was während einer Eheschließung passiere und was von „Fiducia supplicans“ gefordert werde, verhalte sich zueinander „wie Tag und Nacht“.

Vonseiten der nigerianischen Bischofskonferenz kam am Donnerstag die „Klarstellung“, bei einer Segnung von Personen in irregulären Lebensgemeinschaften – zu denen auch jene in polygamen Beziehungen gehörten – würde „niemals die Lebensgemeinschaft selbst“ oder deren Aktivitäten gesegnet. Dies würde „gegen Gottes Gesetz, die Lehren der Kirche, die Gesetze unserer Nation und die kulturellen Sensibilitäten unseres Volkes verstoßen“.

Sehr wohl anerkennen die Bischöfe, dass das Vatikan-Dokument „die Wahrheit über Gottes Barmherzigkeit“ beinhalte. „Um Gottes Segen zu bitten, hängt nicht davon ab, wie gut jemand ist. Unvollkommenheit ist der Grund, Gottes Gnade zu suchen“, liest man in der Erklärung.

Ukraine-Bischöfe kritisch

Auch in Osteuropa gab es Kritik an der Vorgabe aus dem Vatikan. Während die polnische Bischofskonferenz bislang auf eine Stellungnahme verzichtete, warnten die römisch-katholischen Bischöfe der Ukraine vor „mehrdeutigen Formulierungen“, die schon jetzt zu vielen Missverständnissen geführt hätten.

Sie vermissten in „Fiduces supplicans“ eine „ausdrückliche Missbilligung der Sünde“ sowie den „Aufruf der Sünder zur Bekehrung“. Die Bischofskonferenz in ihrer Erklärung weiter: „Ohne Aufforderung, das sündige Leben homosexueller Paare aufzugeben, kann der Segen wie Zustimmung aussehen.“

Schweigen in Südeuropa

Keine offizielle Positionierung gab es bislang von der Bischofskonferenz Italiens, wo 51 Millionen Katholiken und Katholikinnen leben. Auch in Spanien gab der Sprecher der Bischofskonferenz, Cesar Garcia Magan, bekannt, es werde von der Ortskirche keine gemeinsame Stellungnahme zu „Fiducia supplicans“ geben, zumal man Vatikan-Dokumente nicht bewerte. Jedem Bischof sei es frei überlassen, sich dazu zu äußern oder nicht.

Die am Montag veröffentlichte Grundsatzerklärung der vatikanischen Glaubensbehörde mit dem Titel „Fiducia supplicans“ (deutsch: Das flehende Vertrauen) erlaubt es katholischen Priestern nunmehr, unverheiratet zusammenlebende wie auch homosexuelle Paare zu segnen. Dabei müsse aber eine Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen werden. Auch dürfe die Segnung nicht in einem gottesdienstlichen Rahmen erfolgen, heißt es in dem Dokument, das das Glaubensdikasterium mit ausdrücklicher Zustimmung von Papst Franziskus veröffentlicht hatte.