Politik

Langjähriger KPÖ-Chef traf Papst

Papst Franziskus hat am Mittwoch den bekannten österreichischen Kommunisten und langjährigen KPÖ-Chef Walter Baier in dessen Funktion als Vorsitzender der Europäischen Linken getroffen.

Der Austausch fand im Rahmen der marxistisch-christlichen Dialoggruppe DIALOP statt, einer Initiative für den Austausch zwischen Katholiken und Linken. Tobias Schweiger, Spitzenkandidat der KPÖ bei der kommenden Nationalratswahl, freute sich über das Zustandekommen des Treffens.

Die soziale Spaltung nehme weiter zu, immer mehr Menschen könnten sich ihre Wohnung und das tägliche Leben kaum noch leisten. Umso notwendiger sei es, den Dialog für soziale Gerechtigkeit über Partei- und Glaubensgrenzen hinweg zu führen, schreibt Schweiger. Die Einladung des Papstes an die 15-köpfige Gruppe sei eine Anerkennung und Ermutigung für ihr Engagement für den marxistisch-christlichen Dialog.

Baier: Zusammenarbeit angesagt

Baier sieht den Austausch zwischen Marxismus und der katholischen Kirche auf einem gemeinsamen Weg. Nicht nur Dialog, sondern Zusammenarbeit sei angesichts gemeinsamer Anliegen und Themen angesagt, hat der frühere Vorsitzende der KPÖ nach der 45-minütigen Privataudienz bei Papst Franziskus im Interview mit Radio Vatikan dargelegt. Die „Fremdheit oder sogar Feindschaft von Christinnen und Marxistinnen“ halte er für „eines der großen Missverständnisse des 20. Jahrhunderts“.

Tobias Schweiger und Walter Baier bei Papst Franziskus
European Left
Das Treffen mit Papst Franziskus fand im Rahmen der marxistisch-christlichen Dialoggruppe DIALOP statt

Dem in Wien vor 20 Jahren in der Plattform „Dialop“ gestarteten Dialog von Vertretern aus Marxismus, Sozialismus und Kommunismus sowie der katholischen Kirche sei auf marxistischer Seite eine „sehr ernste Selbstbefragung“ vorausgegangen, erklärte Baier. Auch Selbstkritik zur Überwindung autoritärer, auch terroristischer Herrschaftsweisen im Namen des Marxismus habe es dabei gegeben.

Baier: Neue Offenheit bei Marxisten für Christentum

Das Ergebnis sei eine „neuen Offenheit“. Seine nunmehrige Begegnung mit dem Papst sehe er als „neue Etappe in der Aussprache und Orientierung auf gemeinsames Engagement für eine gerechtere und ökologischere Welt“, so der Linken-Chef. Eine „organische Sache“ sei für ihn das Bestreben für mehr Kooperation vor allem aufgrund der Anliegen und Lehren des Papstes, sagte Baier – konkret „das Engagement für die sozial Ausgegrenzten, für die Armen, für Mutter Erde, für den Frieden“.

Der vom Papst verwendete Begriff der „integralen Ökologie“ sei „so treffend, dass er eigentlich in jeder sozialistischen Programmatik Eingang finden sollte“. Dabei gehe es um die Verknüpfung der Idee der sozialen Gerechtigkeit mit der Idee der ökologischen Transformation der Gesellschaft. Baier: „Das soziale Unrecht in der Welt ist genauso schreiend wie die katastrophale Zerstörung der Umwelt.“

Gemeinsames Positionspapier vorgelegt

Über den Verlauf der Begegnung am Mittwoch berichtete der Linken-Vorsitzende, aus der Ansprache des Papstes habe sich ein Gespräch über das Engagement für den Frieden im Nahen Osten und in der Ukraine sowie über Solidarität mit Migranten ergeben. Der Papst sei „sehr spontan und gut aufgelegt“ gewesen, wobei am Ende alle Teilnehmer der Audienz – anwesend waren sieben aus dem marxistischen und acht aus dem katholischen Bereich – „beeindruckt und auch sehr bewegt“ den Raum verlassen hätten.

Zuvor hatte die Gruppe dem Papst auch ein gemeinsames Positionspapier mit gemeinsamen Ideen und der „intellektuellen und spirituellen Basis“ ihres Dialogs vorgelegt. Der Parteichef sprach von einer „sehr speziellen“ Beziehung, die er zu Papst Franziskus pflege: „Es ist nicht nur so, dass ich seine Lehren bewundere, mir imponiert auch er als Person und Persönlichkeit, und er hat einen Platz in meinem Herzen.“

Papst „sicher kein Kommunist“

Als „Kommunist“ würde er das Kirchenoberhaupt „sicher nicht“ bezeichnen, wenngleich er mit ihm in vielem übereinstimme – wie etwa der Analyse, „dass das technokratische Paradigma und die Dominanz unserer Gesellschaften durch die Finanzmärkte unerträgliche Lebensumstände für die Mehrheit der Menschheit geschaffen haben“. Der Bitte des Pontifex beim Abschied, seine Gäste mögen für ihn beten, könne er zwar nicht nachkommen, er übersetze dies jedoch als „daran denken und ihm Gutes wünschen“ – was er gerne tue, schloss Baier.