Deutschland

Kirchenaustritt als Kündigungsgrund: EuGH prüft

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss sich erneut mit dem kirchlichen Arbeitsrecht in der Bundesrepublik Deutschland befassen. Es geht um die Frage, ob kirchliche Arbeitgeber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigen dürfen, wenn diese aus der Kirche austreten.

Wie die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) meldet, entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt am Donnerstag, den Luxemburger Richtern den Fall einer Caritas-Mitarbeiterin aus Hessen zur Klärung vorzulegen, bei dem es darum geht, ob die katholische Kirche Mitarbeitern kündigen darf, weil sie aus der Kirche ausgetreten sind. EuGH-Entscheidungen sind für die nationalen Gerichte bindend und könnten im konkreten Fall grundlegende Änderungen im Arbeitsrecht der katholischen Kirche in Deutschland nach sich ziehen.

Erst unlängst hatte sich der EuGH mit dem ähnlichen Fall einer deutschen Hebamme befasst. Die Frau arbeitete in einem katholischen Krankenhaus und war aus der Kirche ausgetreten. Weil sich die Parteien aber dann doch anderweitig vor dem Erfurter Bundesarbeitsgericht einigten, kam es nicht zu einer EuGH-Entscheidung. Trotz einer umfassenden Liberalisierung im Jahr 2022 bewertet das kirchliche Arbeitsrecht in Deutschland den Kirchenaustritt weiterhin grundsätzlich als Kündigungsgrund.

Sozialarbeiterin gekündigt

Im vorliegenden Fall geht es um eine Sozialpädagogin, die in einer Schwangerschaftsberatungsstelle des Sozialdiensts katholischer Frauen (SkF), einem Fachverband der Caritas, beschäftigt war. Von Juni 2013 bis Ende Oktober 2019 ging sie in Elternzeit. Währenddessen trat sie im Oktober 2013 aus der katholischen Kirche aus.

Nach vergeblichen Bemühungen, die Frau zum Wiedereintritt in die Kirche zu bewegen, kündigte der SkF ihr nach ihrer Rückkehr im Juni 2019. Dagegen klagte die Frau und führte an, sie werde unrechtmäßig aus Gründen der Religion benachteiligt. Das Arbeitsgericht Wiesbaden und das Hessische Landesarbeitsgericht gaben ihr Recht. Die Caritas wandte sich daraufhin an das Bundesarbeitsgericht.

Besondere Situation in Deutschland

Die Kirchen in Deutschland haben ein eigenes Arbeitsrecht. Dieses Selbstbestimmungsrecht ist im deutschen Grundgesetz verankert. Während in ähnlichen Fällen bislang das Bundesverfassungsgericht die kirchliche Position stärkte, gelten die Luxemburger Richter als deutlich skeptischer gegenüber den deutschen Regelungen.

In Österreich gibt es eine derartige Regelung nach deutschem Muster nicht, zumal die Kirchen und Religionsgemeinschaften grundsätzlich dem staatlichen Arbeitsrecht unterliegen. Trotzdem haben sie als „Betriebe mit besonderer Zweckbestimmung“ das Recht, besondere Regeln festzulegen.