Katholisch

Jungschar appelliert: Ja zum EU-Lieferkettengesetz

Österreich soll sich dem Bestreben von Lobbyisten widersetzen, das EU-Lieferkettengesetz noch in letzter Minute zu kippen. Diesen Appell richtete die Dreikönigsaktion (DKA) der Katholischen Jungschar an den zuständigen Minister für Arbeit und Wirtschaft, Martin Kocher.

In einer Aussendung am Montag appellierte Teresa Millesi, die Vorsitzende der Jungschar und Dreikönigsaktion, an Kocher, der im vergangenen Advent ausverhandelten Richtlinie bei der Abstimmung am 9. Februar zuzustimmen „und sich somit als verlässlicher Europäer zu erweisen, dem das Funktionieren europäischer Prozesse wichtig ist“.

Die DKA erinnerte daran, dass am 14. Dezember in den sogenannten Trilog-Verhandlungen nach jahrelangen Debatten ein Kompromiss über ein EU-Lieferkettengesetz erzielt worden war. Mit der Einigung von EU-Parlament und -Rat seien EU-Gesetze üblicherweise fixiert und die Zustimmung durch die Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament nur noch Formsache. Doch nach dem Ausscheren der FDP als Bestandteil der deutschen Ampelkoalition „drohen Lobbyist*innen nun europaweit Oberwasser zu bekommen“, wies Millesi hin.

„Zu den europäischen Spielregeln stehen“

Österreich habe sich im gesamten Verhandlungsprozess zu allen Detailfragen eingebracht – „und am Ende stand ein Kompromiss“. Es sei wichtig, in der aktuell heiklen Phase „zu den europäischen Spielregeln zu stehen und sich nicht auf die Seite von Quertreibern und Erpressern zu schlagen“, betonte die Jungschar- und DKA-Vorsitzende.

Nachdem Deutschland im März 2023 in letzter Minute seine Unterstützung für das schon fertig verhandelte Verbot von Autos mit Verbrennermotor ab 2035 zurückzog, hätten viele politische Beobachtende von einem „gefährlichen Präzedenzfall“, einer „Gefährdung des europäischen Geistes“ und von „erpresserischem Verhalten“ gesprochen. Ähnliches droht laut Millesi nun erneut zu passieren.

Auf leise Stimmen hören

Kocher, der in Österreich gemeinsam mit Justizministerin Alma Zadic (Grüne) für das Lieferkettengesetz verantwortlich ist, nahm bisher keine klare Position zum finalen Gesetzestext ein.

Die DKA als entwicklungspolitische Organisation der Katholischen Jungschar forderte den Wirtschaftsminister auf, nicht nur das laute „Wehklagen der Industrielobbyist*innen“ zu beachten, sondern auch „auf die leiseren und weiter entfernten Hilferufe der Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung“. Darunter seien auch 79 Millionen Kinder, die weltweit unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten müssen, wies Millesi hin.

Für strengeres Lieferkettengesetz

Gemeinsam mit ihren Partnerorganisationen aus der Initiative „Kinderarbeit stoppen“ – „Jugend Eine Welt“, Kindernothilfe Österreich, Solidar Austria (ÖGB), Fairtrade Österreich und „Butterfly Rebels“ – setzt sich die Dreikönigsaktion seit Jahren für ein strenges europäisches Lieferkettengesetz ein.

Ziel sei es, Kinderarbeit und andere Menschenrechtsverletzungen wirksam zu stoppen. Das EU-Gesetz würde Unternehmen verpflichten, entlang ihrer Lieferketten die Verletzung von Menschenrechten sowie Umweltstandards zu vermeiden.

2022 Richtlinien veröffentlicht

Zum Hintergrund: Im April 2022 kündigte der belgische EU-Justiz-Kommissar Didier Reynders einen Entwurf für ein sektorübergreifendes europäisches Lieferkettengesetz an. Dem waren nationale Gesetze in Frankreich (2017) und Deutschland (2021) vorausgegangen. Im März 2021 stimmte im Europäischen Parlament eine überwältigende Mehrheit der Abgeordneten für einen Initiativbericht, der auch einen Richtlinienvorschlag enthielt.

Im Februar 2022 wurde von der Europäischen Kommission ein Entwurf mit dem Titel „Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit“ veröffentlicht.

Abstimmung im April

Der Positionierung der Mitgliedssaaten im Rat im November 2022 und des Plenums des EU-Parlaments im April 2023 waren die sogenannten Trilog-Gespräche zwischen den EU-Institutionen und eine politische Einigung im Dezember 2023 gefolgt. Der weitere Fahrplan sieht eine finale Behandlung im zuständigen Justiz-Ausschuss des EU-Parlaments, im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten und die Beschlussfassung im Plenum des EU-Parlaments spätestens im April 2024 vor.

Auch die AG Globale Verantwortung appellierte am Montag an Minister Kocher, das EU-Lieferkettengesetz bei der finalen Abstimmung zu unterstützen. Eine Enthaltung nach jahrelangen Verhandlungen „wäre fatal“, warnte Geschäftsführer Lukas Wank. „Sollten die EU-Mitgliedstaaten am 9. Februar der finalen Version des EU-Lieferkettengesetzes nicht zustimmen oder sich ihrer Stimme enthalten, stellt das eine Belastungsprobe für die Demokratie dar.“