Deutschland

Schönborn kritisiert deutsche Bischöfe

Ungewöhnlich klar hat sich Kardinal Christoph Schönborn in der Debatte über die mögliche Etablierung eines „Synodalen Ausschusses“ in der katholischen Kirche in Deutschland zu Wort gemeldet. Dieser stehe im Widerspruch zur Verfassung der Kirche und Theologie des Konzils.

Der Wiener Erzbischof sieht eine solche Einrichtung wie der Vatikan. Angesichts der ernsten Lage warnt Schönborn vor Beschlüssen, die in ein Schisma führen könnten. Er wirbt stattdessen dafür, dass die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) im bereits laufenden Dialog mit dem Vatikan über diese Themen bleibt.

„Die deutschen Bischöfe müssen sich ernsthaft fragen, ob sie wirklich aus der Communio mit und unter dem Papst ausscheren oder sie nicht vielmehr loyal annehmen wollen“, so der Kardinal laut Kathpress im Interview für das Portal communio.de (Montag-Ausgabe).

Abstimmung von der Tagesordnung genommen

Hintergrund für die Einlassung Schönborns ist die am Montag beginnende Vollversammlung des deutschen Episkopats in Augsburg. Kurz davor hatte am Samstagabend die DBK den Erhalt eines Schreibens aus dem Vatikan bestätigt. Darin werde „gebeten, dass die Vollversammlung – auch aufgrund von anstehenden Gesprächen zwischen Vertretern der Römischen Kurie und Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz – nicht über die Satzung des Synodalen Ausschusses abstimmt“, wie DBK-Sprecher Matthias Kopp erklärte.

In der Folge habe der DBK-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing den anderen Bischöfen mitgeteilt, den Punkt zunächst von der Tagesordnung zu nehmen. „Alles weitere wird sich während der Vollversammlung in Augsburg zeigen“, so Kopp.

Schönborn: Vatikan geduldig

Der Vatikan hatte in den vergangenen Jahren schon mehrfach erklärt, die Kirche in Deutschland sei nicht befugt, ein gemeinsames Leitungsorgan von Laien und Klerikern einzurichten. Dies aber sieht der Reformprozess Synodaler Weg vor, den die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) 2019 gemeinsam gestartet hatten.

Kardinal Christoph Schönborn
APA/Barbara Gindl
Kardinal Christoph Schönborn übt Kritik an den deutschen Bischöfen

„Mich beeindruckt die Geduld, mit der vom Papst und von den römischen Dikasterien versucht wird, mit den deutschen Bischöfen im Gespräch zu bleiben und die Einheit und die Gemeinschaft zu wahren“, hält Kardinal Schönborn im Blick auf die bisherigen Entwicklungen im Interview mit dem Schriftleiter der Zeitschrift Communio, dem Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück, fest. Nicht wenige würden dem Papst und seinen Mitarbeitern vorwerfen, „zu geduldig“ zu sein, gab der Wiener Erzbischof zu bedenken. Dennoch bleibe nach dem jüngsten Schreiben aus Rom das Fenster zum Dialog geöffnet.

„Den Bogen nicht überspannen“

„Nach meinem Eindruck ist der Papst, sind die römischen Dikasterien den deutschen Bischöfen äußerst weit entgegengekommen. Es ist deshalb auch umgekehrt von den deutschen Bischöfen ein Entgegenkommen zu erwarten – und die deutschen Bischöfe sollten auch vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken erwarten dürfen, den Bogen nicht zu überspannen“, sagte der Kardinal, der dem vatikanischen Synodenrat und etlichen Dikasterien bzw. weltkirchlichen Einrichtungen angehört.

In der Sache selbst verweist Schönborn auf die Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Verfassung der Kirche und zum Bischofsamt. So habe das Konzil „ein letztlich in Christi Stiftung begründetes Verständnis des Bischofs entwickelt (vgl. Lumen Gentium Kap. 3), dessen Maßgabe nicht im geschickten Austarieren von Machtverhältnissen liegt.“ Das Bischofsamt stehe in der Kontinuität der apostolischen Verkündigung und sei mit einer Vollmacht ausgestattet, die mit dem Weihesakrament gegeben ist.

Keine Gremien mit Bischöfen und Laien

„Deshalb kann es nicht angehen, dass gemischt besetzte Gremien und deren Mehrheitsvoten über das künftige Geschick der Kirche bestimmen. Das ist Aufgabe der Bischöfe als sakramental bevollmächtigter Zeugen des Glaubens“, sagte der Kardinal und unterstrich: „Die persönliche Verantwortung der Glaubensweitergabe kann der Bischof nicht an Gremien delegieren. Daher ist auch die Figur der freiwilligen Selbstbindung der Bischöfe an Beschlüsse von Synodalen Räten mit dem Herzstück der bischöflichen Sendung nicht vereinbar.“

Zudem habe Papst Franziskus in seinem Brief an die Kirche in Deutschland von 2019 den „Primat der Evangelisierung“ betont, weil er darin die vorrangige Aufgabe der Kirche sieht, führte der Kardinal weiter aus und sagte: „Das völlige Fehlen des Themas Evangelisierung im deutschen Synodalen Weg lässt mich daher nach dem Kirchenbild fragen, das hier zum Ausdruck kommt. Es entsteht der Eindruck, dass die Anliegen des Papstes einfach nicht aufgegriffen werden.“ Die Kritik aus Rom beziehe sich „im letzten auf die Defizite in der Rezeption der Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils“.

Kernaufgabe: „Einheit im Glauben zu wahren“

Beim aktuellen Konflikt der deutschen Bischöfe mit Rom gehe es daher weder um „Machtfragen“ noch um Disziplinarfragen hielt Schönborn fest. „Vielmehr nimmt Papst Franziskus seine Kernaufgabe wahr, die Einheit im Glauben zu wahren“, weil es um das „Grundverständnis von Kirche“ gehe. Die erste Aufgabe des Papstes sei es, den Glauben der Kirche zu lehren und zu schützen.

Mit einer Konstituierung des Synodalen Rates werde das Dogma angetastet, „weil das Verständnis des Bischofs als eines ausführenden Organs synodaler Mehrheitsbeschlüsse nicht mit dem des Konzils vereinbar ist. Dass der Synodale Rat auch mit dem geltenden Recht nicht vereinbar ist, haben die Stellungnahmen aus Rom mehrfach und nachdrücklich in Erinnerung gerufen. Das zu ignorieren, wäre fahrlässig“, so der Kardinal.

„Schisma kann niemand wollen“

Zur Qualität und Verbindlichkeit des aktuellen und der bisherigen Briefe sagte Schönborn: „Man muss es klar sehen: Die wiederholten Aufforderungen des Papstes sind nicht einfach Gesprächsbeiträge in einer Diskussion über Synodalität, es geht um das volle Gewicht des Bischofsamtes cum et sub Petro“, zumal ein Kernpunkt der Verfassung der katholischen Kirche berührt sei.

„Deshalb müssen sich die deutschen Bischöfe ernsthaft fragen, ob sie wirklich aus der Communio mit und unter dem Papst ausscheren oder sie nicht vielmehr loyal annehmen wollen. Die Weigerung einzulenken, wäre obstinatio – klares Anzeichen eines Schismas, das niemand wollen kann“, so der Kardinal.