Femizide

kfbö: „Gewalt gegen Frauen geht uns alle an“

Nach der Ermordung von fünf Frauen und einem Mädchen innerhalb weniger Tage hat die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung in Österreich (kfbö), Angelika Ritter-Grepl, eine breite gesellschaftliche Debatte gefordert. Denn „Gewalt gegen Frauen geht uns alle an“.

Gewalt gegen Frauen sei keine Randerscheinung, sondern ein weltweites und speziell österreichspezifisches Problem: „Hinter der hohen Zahl an Femiziden in Österreich liegen kulturell gelebte Geschlechterstereotypen, die Gewalt gegen Frauen fördern und tolerieren“, so Ritter-Grepl gegenüber Kathpress. Sie nahm auch die Politik in die Pflicht und mahnte stärkere Gesetze zum Schutz von Frauen sowie eine Aufklärungskampagne für Männer ein.

Hintergrund der Forderungen Ritter-Grepls ist die Serie an Tötungen von Frauen in Österreich; allein in Wien wurden am Wochenende fünf Femizide begangen. Österreichweit wurden 2024 laut dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser bereits sieben Frauen getötet; im Vorjahr waren es 26 Femizide.

Positive Vorbilder fehlen auf beiden Seiten

Konkret schlug Ritter-Grepl eine langfristige Kampagnenarbeit und Sensibilisierung von Männern vor, um „typische Klischees rund um Männlichkeit“ aufzubrechen. Wichtig dafür seien positive Beispiele von Männern, etwa im Bereich der Care-Arbeit, um Stereotype aufzuweichen. Aber auch Frauen benötigten positive Beispiele, wie es gelingen kann, Gewalthandlungen abzuwehren: „Es fehlt an öffentlichen Vorbildern von und für Frauen, die zeigen, wie man sich wehren kann.“

Angelika Ritter-Grepl, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreich (kfbö)
Vanessa Weingartner/Diözese Innsbruck
Die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung in Österreich (kfbö) Angelika Ritter-Grepl fordert eine breite gesellschaftliche Debatte über Gewalt an Frauen

Keine tatsächliche Gleichberechtigung

„Wir haben in Österreich zwar eine gesetzliche Gleichberechtigung, sie drückt sich aber nicht in einer tatsächlichen Gleichberechtigung aus“, kritisierte Ritter-Grepl weiter. Noch immer gebe es in Österreich einen zu hohen „Gender Pay Gap“ – also ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle -, eine hohe weibliche Altersarmut und eine ungleich aufgeteilte Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern.

„Wir haben in Österreich – in Gesellschaft wie Kirche – noch immer Lebensumstände für Männer und Frauen, die speziell für Frauen nachteilig sind. Und darüber reden wir zu wenig“, so Ritter-Grepl.

„Equal Care Day“ schon am Donnerstag

Erst am Montag hatte die kfbö-Vorsitzende auf aktuelle Kampagnen rund um den internationalen „Equal Care Day“ am 29. Februar hingewiesen. Die große österreichische Frauenorganisation rief zur öffentlichen Diskussion über die nach wie vor ungleiche und zu Ungunsten von Frauen aufgeteilte Sorgearbeit auf – mehr dazu in Frauenbewegung gegen Modell „Rund-um-die-Uhr-Versorgerin“.

Erst wenn deutlich mehr Männer auch Betroffene sind, sei eine faire Verhandlungsbasis für die Vergütung privater Pflegeleistungen zu erwarten und werde sich in der Folge das Gleichgewicht der Rollenverteilungen auch in soziopolitischen und ökonomischen Entscheidungen abbilden. Laut der Frauenbewegung sollte auch in der Kirche von Männern ausgeübte Care-Arbeit sichtbarer werden.

Zu wenige Alternativen

Hilfsorganisationen wie die Caritas wiesen vor allem auf das fehlende soziale Netz von gewaltbetroffenen Frauen hin. „Jeden Tag bleiben unzählige Frauen in gewaltvollen Beziehungen, weil sie keine Alternative haben“, hieß es in einem Instagram-Posting (27. Februar). Frauen würden laut Caritas Gewalt und Missbrauch in Kauf nehmen, um nicht auf der Straße zu leben.

Wichtig seien daher auch sichere Schlafplätze für Frauen in Krisenzeiten. Außerdem wies die Hilfsorganisation auf das strukturelle Problem von Gewalt gegen Frauen hin: „Frauen sind nicht schuld daran, dass sie Gewalt erleben. Gewalt gegen Frauen kommt von Männern.“