Krieg in Nahost

Caritas: „Katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen“

Angesichts der „katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen“ fordert die Caritas einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand, die Freilassung aller Geiseln, den Schutz der Zivilbevölkerung, des medizinischen Personals und humanitärer Helfer sowie mehr humanitäre Hilfe.

Nach dem Massaker von Terroristen der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden, reagiert Israels Armee weiterhin mit massiven Luftangriffen und Bodenoffensiven. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind seitdem fast 30.000 Menschen im Gazastreifen ums Leben gekommen – mehrheitlich Frauen und Kinder.

„Die humanitäre Lage ist katastrophal“, schreibt die Caritas in einer Aussendung am Mittwoch: „Sichere Unterkünfte und die Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln sind nicht gegeben. 2,2 Millionen Menschen sind von einer Hungersnot bedroht, während 378.000 Menschen bereits akut hungern.“

Medizinische Versorgung zusammengebrochen

60 Prozent der Gebäude im Gaza-Streifen seien beschädigt oder zerstört und „nur noch ein Bruchteil der Krankenhäuser im Gazastreifen sind funktionsfähig, die medizinische Versorgung ist fast vollständig zusammengebrochen“. Die Caritas kritisiert, dass humanitären Hilfslieferungen der Zugang verwehrt werde. Seit Beginn des Konflikts konnten nur 8.572 Hilfslieferungen die Grenzübergänge nach Gaza passieren, das seien nur 17 Prozent der sonst üblichen Lieferungen.

Eine Frau im Gaza-Streifen mit mehreren Kindern vor Schutthaufen ehemaliger Häuser
APA/AFP/Mahmud Hams
Laut Caritas sind kaum Hilfslieferungen in den Gaza-Streifen möglich

Zugang zu humanitärer Hilfe „Gebot der Stunde“

Mit drastischen Worten wird Andreas Knapp, Generalsekretär der Caritas Österreich – Internationale Programme zitiert: „Vor den Augen der Welt ereignet sich eine humanitäre Katastrophe. Die Menschen im Gazastreifen schweben in Lebensgefahr: Durch Kriegshandlungen, fehlende humanitäre Hilfe und zusammengebrochene medizinische Versorgung sowie dadurch bedingte Krankheiten und Hunger.“

Laut Expertinnen und Experten habe es seit dem Zweiten Weltkrieg keinen Fall gegeben, „in dem eine ganze Bevölkerung mit derartiger Geschwindigkeit in extremen Hunger und Elend gestürzt wurde“. „Wir sind als internationale Gemeinschaft und als Caritas dazu verpflichtet, die notleidenden Menschen mit humanitärer Hilfe zu versorgen“, so Knapp.

Warnung vor Hungersnot

„Das Welternährungsprogramm hat vor einer unmittelbar bevorstehenden schweren Hungersnot gewarnt, wenn sich nicht sofort etwas an der derzeitigen Situation ändert. Dies gilt es unbedingt zu verhindern.“ Daher fordert die Caritas einen sicheren und nachhaltigen Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen, einschließlich der Bereitstellung lebensrettender Hilfsgüter, Medikamente, Lebensmittel, Wasser und Treibstoff, aber auch psychosozialer Dienste.

„Dazu rufen wir zur Öffnung weiterer Grenzübergänge nach Gaza auf und fordern einen dauerhaften Waffenstillstand. Weiters fordern wir den Schutz der Zivilbevölkerung, des medizinischen Personals und humanitärer Helferinnen und der zivilen Infrastruktur, insbesondere von Krankenhäusern und Schulen“, schreibt Knapp. Weitere Forderungen der Caritas sieht Knapp in der Freilassung aller Geiseln und der Einhaltung des humanitären Völkerrechts. „Wir schließen uns als Caritas auch dem Aufruf von Papst Franziskus zu sofortigem Frieden in Gaza an.“

100.000 Euro für Hilfsgüter

Die Caritas Österreich unterstützt laut Aussendung CRS (Catholic Relief Services, die amerikanische Caritas) mit einem Beitrag von 100.000 Euro bei den laufenden Aktivitäten in Gaza. Die Zugänge zu humanitärer Hilfe seien aber nach wie vor äußerst beschränkt. Die amerikanische Caritas unterstützte in Form von Bargeldhilfe, Hilfsgütern, Materialien für Unterkünfte und Winterausrüstung wie Decken, Matratzen, Zelte, Planen.

Mit der Bargeldhilfe werden 115.590 Personen erreicht“, berichtet Knapp. Auch durch Notunterkünfte für intern vertriebene Personen, Nahrungsmittel und Hygieneartikel leiste die Caritas Hilfe. Ein wichtiger Bestandteil sei auch die psychosoziale Unterstützung.

Österreich stockt Mittel auf

„Wir begrüßen Österreichs Initiative, die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen mit weiteren zehn Millionen Euro über den Auslandskatastrophenfonds zu unterstützen“, so der Caritas-Generalsekretär. „Allerdings muss uns klar sein, dass dies nur ein Anfang sein kann und angesichts des unsäglichen Leids der Menschen im Gazastreifen langfristig mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen.“