Katholisch

Vatikan lagert Frauendiakonat aus Weltsynode aus

Papst Franziskus hat mehrere Themen aus der derzeit laufenden Weltsynode ausgelagert und diese „Expertengruppen“ anvertraut. Eine von zehn Studiengruppen beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, ob Frauen zur Diakonin geweiht werden können – die Mitglieder der Synode können über das Thema aber nicht abstimmen.

Eine Lockerung des Pflichtzölibats scheint vorerst gleich völlig auf Eis gelegt. Die Erwartungen an die über mehrere Jahre hinweg angelegte Weltsynode waren hoch gewesen: An der Synode nehmen erstmals stimmberechtigte Frauen teil. Dass über die Öffnung des Diakonats für Frauen nun nicht abgestimmt werden kann, dürfte für viele eine herbe Enttäuschung sein.

Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag stellten Vatikan-Vertreter die Themen der Fragestellungen vor, mit denen sich die zehn neuen Studiengruppen bis Juni 2025 beschäftigen sollen. Um die Rolle der Frauen in der Kirche soll es unter dem Stichwort „Theologische und kirchenrechtliche Fragen im Zusammenhang mit bestimmten Formen des Dienstes“ neben vielem anderen gehen, wie aus den vom Synodensekretariat veröffentlichten Unterlagen hervorgeht.

Theologin: Rolle der Frau „konsequent marginalisiert“

Deutliche Worte zu dieser Eröffnung fand die deutsche Theologin und Professorin an der Universität Erfurt Julia Knop, Herausgeberin des gerade erschienenen Hefts „Gottes starke Töchter. Frauen und Ämter im Katholizismus weltweit“, am Freitag in einem schriftlichen Statement für religion.ORF.at: „Die Rolle der Frau wurde im weltsynodalen Prozess ‚von oben‘ konsequent marginalisiert. ‚Von unten‘ ist die Frauenfrage aus allen Ländern und Kontinenten seit Beginn des Prozesses 2021 aufgerufen worden.“ „Gottes starke Töchter“ wurde am Donnerstag im Vorfeld der zweiten Runde der Weltsynode im Vatikan vorgestellt.

Weltsynode im Vatikan, Oktober 2023
Reuters/Vatican Media
Im Oktober 2023 endete die erste Sitzungsperiode der Weltsynode

Auch die Frauenordination sei vielfach thematisiert und gefordert worden, so die Theologin. Sogar in den weltsynodalen Debatten im Oktober 2023 in Rom sei nach Auskunft von Teilnehmerinnen und Teilnehmern immer wieder darüber gesprochen worden. „Aber das Thema kommt nicht in die offiziellen Papiere und nun offensichtlich auch nicht auf die Tagesordnung der zweiten Sitzung im Oktober 2024“, so die Theologin.

Frauen „ein bisschen mehr“ beteiligen

Man wolle seitens der Kirchenleitung „ein paar ausgewählte Frauen ein bisschen mehr an Leitungsaufgaben beteiligen, aber nicht am sakramentalen Amt. Vor allem soll das nicht als Ausdruck von Geschlechtergerechtigkeit verstanden werden, sondern als Zugeständnis einer männlichen klerikalen Elite. Was Frauen sind, sollen und dürfen, wollen immer noch einige wenige Männer in leitenden Kirchenämtern definieren“, so Knop.

Grundsätzlich entäuscht zeigten sich am Freitag auch die österreichischen Kirchenreformbewegungen, der unter anderen die Reformer Helmut Schüller und Martha Heizer angehören. „Wieder einmal agiert der Vatikan arrogant, handelt als Feudalherrscher und bevormundet die Gläubigen“, urteilt die Laienbewegung in einer Aussendung vom Freitag. Doch räumt man ein: „Diese Entscheidung, dass nicht abgestimmt werden wird, könnte auch sinnvoll sein, weil man weiß, dass es in der Weltkirche beileibe noch keine Übereinstimmungen gibt. Dass man also sinnvollerweise mit Abstimmungen noch wartet“, wird Heizer zitiert.

Pflichtzölibat steht nicht zur Debatte

Auf Nachfrage eines Journalisten sagte der Generalsekretär der Internationalen Theologen-Kommission, Piero Coda, am Donnerstag im Rahmen der Pressekonferenz, dass der Zugang zum Diakonat „sicher“ eines der konkreten Themen sein werde, mit denen sich die Experten beschäftigen. Nach dem Pflichtzölibat gefragt, sagte der Generalsekretär der Synode, Kardinal Mario Grech, dass dieses Thema dort nicht zur Debatte stehe.

Buchhinweis

Julia Knop (Hg.): Gottes starke Töchter. Frauen und Ämter im Katholizismus weltweit. Herder, 64 Seiten, 18 Euro oder auf Englisch kostenfrei abrufbar

Den gesonderten Beratungsprozess zu theologischen und kirchenrechtlichen Grundsatzfragen in Experten-Studiengruppen hatte das Synodensekretariat bereits im Dezember angekündigt. Papst Franziskus formulierte nun in einem Brief an Grech die zehn konkreten Fragestellungen. Hervorgegangen sind sie aus den bisherigen Debatten der Weltsynode zur Kirche der Zukunft.

Weitere Themen der Synode sind Verkündigung in einer digitalisierten Welt, Anpassungen in der Priesterausbildung sowie der Dienst der Bischöfe und ihre Auswahl, aber auch die Ökumene in der kirchlichen Praxis und wie die Kirche noch besser auf den „Schrei der Armen“ in aller Welt hören kann.

Synodenteilnehmer stimmen nicht ab

Damit eine Anbindung an die Weltsynode bestehen bleibt, sollen die Studiengruppen bis zum 5. September einen kurzen Report mit einem Arbeitsplan an das Synodensekretariat schicken und dann auch den Stand ihrer Arbeit im Oktober beim zweiten zentralen Synodentreffen im Vatikan präsentieren. Die Mitglieder der Synode können über diese Themen aber nicht abstimmen.

„Es wäre unmöglich gewesen, alle Fragen, die während des Prozesses identifiziert wurden, im Rahmen der Weltsynode zu beantworten“, sagte der Inhalte-Koordinator der Synode, Kardinal Jean-Claude Hollerich. Dennoch müssten die Themen weiter behandelt werden.

Arbeitsgruppen zu Synodalität

Die zehn Studiengruppen sollen den Angaben zufolge von der Internationalen Theologen-Kommission und der Päpstlichen Bibelkommission sowie einer Kirchenrechtskommission begleitet werden, die vergangenes Jahr gegründet wurde. Die inhaltliche Arbeit sollen verschiedene Dikasterien des Vatikans unterstützen. Das Synodensekretariat soll für eine synodale Methode der Beratungen sorgen.

Bei der Pressekonferenz stellte das Synodensekretariat auch ein weiteres Dokument vor, mit fünf Perspektiven zur theologischen Vertiefung darüber, wie die Kirche insgesamt synodaler werden kann. Dieses Schreiben enthält Informationen über fünf weitere – nicht mit den „Studiengruppen“ zu verwechselnden – „Arbeitsgruppen“, die in Regie des Synodensekretariats besetzt werden und sich mit dem „synodalen missionarischen Antlitz“ der Kirche auf verschiedenen Ebenen beschäftigen.

Frauenfrage „keine Sach-, sondern Machtfrage“

Dass der Frauendiakonat nun wieder in eine Studiengruppe überwiesen wird und nicht auf die Tagesordnung der Synode 2024 kommen soll, sei „bezeichnend dafür, dass die Frauenfrage in der katholischen Kirche schon lange keine Sachfrage mehr ist (die theologische Debatte ist vielfach geführt), sondern eine Machtfrage“, so Theologin Knop.

„Es ist geradezu absurd, noch einmal Experten darüber nachdenken zu lassen, ob ein Minimum von Geschlechtergerechtigkeit auch in der katholischen Kirche möglich sein könnte (…). Es braucht nicht noch mehr Expertise, ob der Frauendiakonat möglich sein könnte, sondern ein Forum, das den politischen Willen dazu artikuliert, damit er endlich eingeführt wird.“ Die Weltsynode „könnte ein solches Forum sein – aber sie soll es offensichtlich nicht werden“. Es bleibe zu hoffen, so Knop, dass die Synodalinnen und Synodalen es dennoch einbringen und einfordern – „denn ohne Gerechtigkeit ist auch keine Synodalität zu haben“.

Die zweite Sitzungsperiode der Weltsynode findet offiziell vom 2. bis 27. Oktober statt; ihr gehen zwei Tage der Einkehr vom 30. September bis 1. Oktober voraus.