Wien

Fastenbrechen im Zeichen der Eintracht

Mit einem interreligiösen Iftar (Fastenbrechen) erstmals auf gemeinsame Einladung von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) und dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ümit Vural, haben österreichische Religionsvertreter ein deutliches Zeichen der Eintracht und des Friedens gesetzt.

Zum islamischen Fastenbrechen waren am Dienstagabend in Wien unter anderen der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn und der Wiener Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister gekommen, die sich am Ende des Iftars gemeinsam mit Außenminister Schallenberg und IGGÖ-Präsident Vural demonstrativ die Hände reichten.

Sowohl Schallenberg als auch Vural gingen in ihren Ansprachen auf den Gaza-Krieg und die dringend nötige Hilfe für die leidende Zivilbevölkerung ein. Gleichzeitig betonten beide die Notwendigkeit von guten Beziehungen unter den Religionen.

Vural: Brücken bauen

IGGÖ-Präsident Vural betonte den geistlichen Gehalt des Ramadans, der eine „Zeit der Besinnung, des Gebets, des Fastens, der Solidarität, des Mitgefühls und der Gemeinschaft“ sei. Mit dem interreligiösen Iftar werde der Wert des Dialogs und der Zusammenarbeit unter den Religionen unterstrichen.

(V. li. n. re.:) Wiener Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister, Außenminister Alexander Schallenberg, IGGÖ-Präsident Ümit Vural und Kardinal Christoph Schönborn  bei einem gmeinsamen Fastenbrechen in Wien, 19. März 2024.
BMEIA/Michael Gruber
(V. li. n. re.:) Gemeinderabbiner Hofmeister, Außenminister Schallenberg, IGGÖ-Präsident Ümit Vural und Kardinal Schönborn

„In einer Welt, die oft von Konflikten und Spaltung geprägt ist, liegt es an uns, Brücken zu bauen und die Vielfalt unserer Glaubensrichtungen und Kulturen zu feiern, um unsere Werte der Einheit, des Respekts und der Solidarität zu stärken“, hielt Vural fest.

Für Gerechtigkeit und Frieden

Der IGGÖ-Präsident sprach über diejenigen, die von den aktuellen Kriegen und Krisen betroffen sind: „Wir verpflichten uns, uns in ihrem Namen für Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen. In diesem Zusammenhang gelten unsere Gedanken und Gebete heute Abend insbesondere den Menschen im Gazastreifen, die derzeit mit einer humanitären Krise von unvorstellbarem Ausmaß zu kämpfen haben, aber auch den Familien der Geiseln, die seit Monaten um ihre Liebsten bangen. Ich danke allen, die daran arbeiten, dass die Stimmen derjenigen, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und eine nachhaltige Lösung im Nahen Osten einsetzen, gehört werden.“

Auch Außenminister Schallenberg rückte die aktuelle Lage im Nahen Osten in das Zentrum seiner Ansprache an die rund 130 Gäste aus Kirchen, Religionen, Wissenschaft und Diplomatie: „Seit dem 7. Oktober haben Islamophobie, Antisemitismus in schockierender Weise zugenommen. Das ist nicht nur inakzeptabel, es ist Gift für unsere Gesellschaft.“

Außenminister: „Stolzes Zeichen“

Dass Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften gemeinsam beim Fastenbrechen anwesend waren, sei „ein stolzes Zeichen, dass die Religionsgemeinschaften in Österreich weiterhin solidarisch zusammenstehen.“ Denn jeder einzelne von uns sei „aufgerufen, unsere Gesellschaft vor Hass, Gewalt und Diskriminierung zu verteidigen“, unterstrich Schallenberg.

Der Außenminister dankte Präsident Vural ausdrücklich dafür, dass er den brutalen Anschlag der Hamas vom 7. Oktober sofort verurteilt und gleichzeitig zu einem konstruktiven Dialog aufgerufen habe.

„Und ich danke jedem Einzelnen in der muslimischen Gemeinschaft in Österreich, der seinen Glauben gegen jene verteidigt, die versuchen, ihn für Spaltung zu missbrauchen. Sie sind ein unschätzbarer Teil unserer Gesellschaft.“ Gerade in diesen schwierigen Zeiten solle man gemeinsam Ausschau halten nach dem, „was uns verbindet und nicht nach dem, was uns auseinandertreibt“, so Schallenberg.

Humanitäres Recht gilt für alle

Der Außenminister skizzierte in seiner Rede auch die Eckpunkte Österreichs im Blick auf den Gaza-Krieg. Die „erste und dringendste Aufgabe“ sei es, „das Leid zu lindern – und zwar jetzt“. Es müsse mehr humanitäre Hilfe nach Gaza gebracht werden – sei es auf dem Land-, Luft- oder Seeweg. Österreich habe dafür bereits 23 Millionen Euro an Soforthilfe mobilisiert.

Genauso dinglich sei es, dass die über 130 Geiseln, die sich in der Gewalt der Hamas befinden, aus Gaza herausgeholt werden. „Dafür brauchen wir dringend eine sofortige humanitäre Feuerpause, die zu einem nachhaltigeren Waffenstillstand führen könnte.“

Israel habe das Recht, sich zu verteidigen und seine Bürger zu schützen, hielt Schallenberg fest. Aber es müsse viel mehr getan werden, um klar zwischen den Kämpfern der Hamas und der Zivilbevölkerung zu unterscheiden. „Lassen Sie es mich ganz deutlich sagen: Das humanitäre Recht gilt für alle, überall. Es ist nicht verhandelbar“, betonte der Außenminister.

Für Zwei-Staaten-Lösung

Die Menschen in Gaza bräuchten nicht nur Hilfe, sondern auch eine Perspektive, führte der Außenminister aus, der sich für eine Zwei-Staaten-Lösung aussprach, um die Aussicht auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten am Leben zu erhalten.

Unter den zahlreichen Gästen waren aus der katholischen Kirche auch der Apostolische Nuntius, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, Militärbischof Werner Freistetter und Markus Ladstätter von der Kommission Weltreligionen der Bischofskonferenz sowie der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka.

Gekommen waren auch der Vorsitzende der Ökumenischen Rats der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), der armenisch-apostolische Bischof Tiran Petrosyan, der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, Walter Hessler von der Neuapostolischen Kirche und der Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft, Gerhard Weißgrab.