Papst Franziskus auf dem Balkon
APA/AFP/Alberto Pizzoli
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Grundsatzerklärung

Papst kritisiert „Gendertheorie“

In der neuen vatikanischen Grundsatzerklärung „Dignitas infinita“ hat Papst Franziskus Abtreibungen und das Austragen von Kindern durch Leihmütter als schwere Verstöße gegen die Menschenwürde angeprangert – und ebenso die „Gendertheorie“ und geschlechtsanpassende Behandlungen.

Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche geißelte in dem am Montag vom Vatikan veröffentlichten Schreiben Geschlechtsanpassungen sowie die „Gendertheorie“ als Verstöße gegen die von Gott gegebene Würde des Menschen.

„Über sich selbst zu verfügen zu wollen (…) bedeutet nichts anderes, als der uralten Versuchung des Menschen nachzugeben, sich selbst zu Gott zu machen“, heißt es in dem Schreiben mit Blick auf Geschlechtsumwandlungen. Ein menschliches Wesen – ob ungeboren oder nicht – sei immer etwas Heiliges und Unantastbares.

Gegen Abtreibung und Leihmutterschaft

Der Abbruch einer Schwangerschaft bedeute nichts anderes, als den „Schutzlosesten und Unschuldigsten von allen“ die Menschenwürde abzusprechen, unterstrich der 87-Jährige. Der hatte sich schon öfter stikt gegen Abtreibung geäußert.

Ähnlich verhält es sich der Erklärung zufolge mit der Leihmutterschaft – wenn eine Frau auf Bestellung ein Kind austrägt und dann anderen überlässt. So werde ein Kind zu einem „bloßen Objekt“, die Würde der Frau aus Profitgründen verletzt. Auch beim Thema Geschlechtsumwandlung positionierte sich der Vatikan klar: Ein Körper müsse akzeptiert und respektiert werden wie erschaffen.

Transpersonen „willkommen“

Laut dem Leiter der vatikanischen Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez, sind Transpersonen in der katholischen Kirche willkommen. Das gelte gleichermaßen für andere Menschen, die Entscheidungen träfen, die nicht mit der katholischen Lehre übereinstimmten, so der Präfekt bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen lehramtlichen Dokuments zur Menschenwürde am Montag im Vatikan. Auch wenn die Kirche Geschlechtsumwandlungen ablehne, gelte die Ablehnung nicht für die Menschen selbst und die Seelsorge für sie.

„Unendliche Würde“

Die 25-seitige Erklärung namens „Dignitas infinita“ (zu Deutsch: „Unendliche Würde“) wurde nach jahrelanger Vorbereitung vom vatikanischen Dikasterium für Glaubenslehre unter Federführung von Kardinal Victor Manuel Fernandez veröffentlicht, der ebenso wie der Papst aus Argentinien kommt. Papst Franziskus hatte sie zuvor gebilligt. Zu den Themen, die darin angesprochen werden, gehören auch Krieg, Armut, Migration, Menschenhandel und Gewalt gegen Frauen.

In dem neuen Text ruft der Vatikan Staaten und Regierungen dazu auf, die ursprüngliche Idee der Menschenwürde zu verteidigen. Es sei „die Pflicht der Staaten, sie nicht nur zu schützen, sondern auch jene Bedingungen zu gewährleisten, die notwendig sind, damit die Menschenwürde sich in der ganzheitlichen Förderung der menschlichen Person entfalten kann“.

Die Achtung der Menschenwürde sei die „unverzichtbare Grundlage für die Existenz jeder Gesellschaft, die den Anspruch erhebt, sich auf ein gerechtes Recht und nicht auf Macht zu gründen“. „Die Kirche verkündet, fördert und macht sich zum Garanten der Menschenwürde“, heißt es in dem Schreiben.

Todesstrafe, Umweltzerstörung, Missbrauch

Enthalten ist eine umfassende Darstellung von Verstößen gegen die Menschenwürde aus Sicht der katholischen Kirche. Genannt werden dabei zunächst die „gesellschaftlichen Übel“ wie Ausbeutung, Todesstrafe, Krieg und Umweltzerstörung in ihrer ganzen Bandbreite und Dramatik. Armut und ungerechte Güterverteilung, jedoch auch die Leiden der Migranten und der Menschenhandel werden dabei als Themen besonderer Aktualität hervorgehoben. Auch der sexuelle Missbrauch wird, nicht zuletzt als Problematik der Kirche selbst, angesprochen.

Besondere Aufmerksamkeit widmet das Dokument unter der Überschrift „Gewalt gegen Frauen“ außer physischer rund sexueller Gewalt gegen Frauen auch der mangelnden Rechtsgleichheit für Frauen, ungleicher Entlohnung du Berufsaussichten, sexueller Ausbeutung und dem Zwang zur Abtreibung. Auch Probleme wie Polygamie sowie die Verbrechen der Frauenmorde werden angesprochen.

Kriege seien immer eine „Niederlage der Menschlichkeit“, heißt es in dem Vatikan-Schreiben, und weiter: „Kein Krieg ist die Tränen einer Mutter wert, die ihr Kind verstümmelt oder tot gesehen hat; kein Krieg ist den Verlust des Lebens auch nur eines einzigen menschlichen Wesens wert, eines heiligen Wesens, das nach dem Bild und Gleichnis des Schöpfers geschaffen wurde“. Dennoch gebe es ein „unveräußerliches Recht auf Selbstverteidigung“ wie auch die „Verantwortung, diejenigen zu schützen, deren Existenz bedroht ist“.