Menschen stehen am Grab des Kreml-Kritikers Alexey Nawalny
APA/AP/Vitaly Smolnikov
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Russland

Nawalny-Gedenkfeier: Patriarch Kyrill suspendiert Priester

Der Moskauer Patriarch Kyrill, mit dem Kreml eng verbundenes Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, hat den Priester, der eine Gedenkfeier für den im Februar gestorbenen russischen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny im März leitete, vom Dienst suspendiert.

Das berichtete am Mittwoch das russische Exilmedium Meduza. Patriarch Kyrill habe „eine dreijährige Suspendierung gegen den Priester Dmitri Safronow verhängt“. Der Geistliche hatte am 26. März, 40 Tage nach dem Tod Nawalnys, an dessen Grab eine Gedenkfeier abgehalten, die die orthodoxe Kirche an diesem Tag vorsieht. Ein Video davon fand im Internet große Beachtung.

Die Initiative „Christen gegen Krieg“ erklärte, Safronow sei vom Moskauer Patriarchen suspendiert worden, weil er ein Trauergebet am Grab „des zu Tode gefolterten russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny“ gesprochen habe. Er muss demnach nun drei Jahre lang als Psalmleser in einer anderen Moskauer Kirchengemeinde arbeiten und die Aufgaben erfüllen, die ihm der dortige Pfarrer zuweist.

Patriarchat nennt keinen Grund für Maßnahme

„Nach Ablauf der Bußzeit wird auf Grundlage der Rückmeldungen vom Ort des Gehorsams über die Möglichkeit seiner weiteren priesterlichen Tätigkeit entschieden“, teilte die Moskauer Diözese der russisch-orthodoxen Kirche am Mittwoch mit. In einer auf ihrer Website veröffentlichten Erklärung nannte sie keinen Grund für die Maßnahme.

Dem 40-jährigen Priester, einem Geistlichen der Kirche der Fürbitte der Heiligen Jungfrau auf dem Lyschikowa-Hügel in Moskau, ist es nun bis 2027 verboten, den Segen zu erteilen, das Priestergewand und das Priesterkreuz seiner Kirche zu tragen.

Einsatz für Freigabe von Leichnam

Safronows Zukunft im Klerus werde neu bewertet, verfügte Patriarch Kyrill laut dem Portal außerdem. In der Anordnung des Patriarchen werde nicht erklärt, warum er Safronow von der Leitung von Gottesdiensten suspendierte. Der Priester leitete den Gedenkgottesdienst 40 Tage nach Nawalnys Tod. Der religiöse Ritus ist im ostorthodoxen Christentum von großer Bedeutung.

Polizeiaufgebot bei der Beerdigung des Kreml-Kritikers Alexey Nawalny
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Der Kreml hatte vor Beginn der Trauerfeier für Nawalny vor der Teilnahme an „nicht genehmigten“ Versammlungen gewarnt.

Noch vor der Beerdigung hatte Safronow die staatlichen Behörden öffentlich dazu aufgefordert, Nawalnys Leichnam an dessen Mutter zu übergeben, während die Beamten neun Tage lang mit der Übergabe der sterblichen Überreste des toten Regimekritikers zögerten.

Weigerung zu Gebet für "Sieg des Heiligen Russland“

Berichten eines anonym betriebenen Telegram-Kanals zufolge weigerte sich Safronow außerdem, trotz einer Anordnung der Moskauer Diözese das kriegsbezogene „Gebet für den Sieg des Heiligen Russland“ in der Kirche zu lesen.

Der Kreml hatte vor Beginn der Trauerfeier für Nawalny vor der Teilnahme an „nicht genehmigten“ Versammlungen gewarnt. Wer an einer solchen Kundgebung teilnehme, werde „gemäß dem geltenden Recht zur Verantwortung gezogen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur TASS. In den vergangenen Wochen wurden russlandweit Hunderte Menschen festgenommen, die an Denkmälern Blumen für den bekannten Oppositionspolitiker niederlegen wollten – mehr dazu in Tausende nahmen Abschied von Nawalny.

Mehrere Priester gestraft

Das Moskauer Patriarchat entzog bereits mehreren Geistlichen die Priesterwürde, die sich gegen die russische Annexion von ukrainischen Gebieten und den Angriffskrieg gegen das Nachbarland gewandt hatten. Patriarch Kyrill ist ein wichtiger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Nawalny war nach russischen Behördenangaben am 16. Februar im Alter von 47 Jahren in einem nordsibirischen Straflager eines natürlichen Todes gestorben. Er saß seit 2021 in Haft. Mehrere Gerichte hatten ihn in fragwürdigen Prozessen unter anderem wegen Extremismus verurteilt.