Symbolbild Pilgern
ORF/Christian Öser
KPI Diözese Linz
Trend

Pilgern boomt weiter in Österreich

Insgesamt 28.000 Kilometer Pilgerwege führen durch Österreich, das sind 4.000 Kilometer mehr als noch vor fünfJahren. Die Errichtung neuer Routen sei bereits geplant, so der Tourismusseelsorger Roland Stadler.

Nicht nur auf dem spanischen Jakobsweg, sondern auch in Österreich ist die Beliebtheit des Pilgerns seit Jahren ungebrochen, das sagte Stadler, Vorsitzender des Arbeitskreises Tourismus- und Freizeitpastoral der katholischen Kirche in Österreich, am Dienstag im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress. „Sowohl 2024 wie auch 2025 bringen etliche Schwerpunkte und neue Initiativen“, so der Theologe und Leiter des Referats für Tourismusseelsorge in der Diözese Gurk-Klagenfurt.

Große Pilgerevents auf neuentdeckten alten Wegen gibt es heuer rund um die Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl/Salzkammergut: Anlässlich des 1.100. Geburtstag des Heiligen Wolfgang findet am 13. Juli ein „Sternpilgertag“ von sieben unterschiedlichen Startpunkten aus nach St. Wolfgang am Wolfgangsee statt. Veranstaltet wird das Event von den Diözesen Linz und Salzburg, eine eigene Pilger-App wird dafür zur Verfügung gestellt.

Neue Wege in den Bundesländern

Mit dem von Pfarren initiierten „Wasserpilgern“ vom Traunfall in Roitham durch Bad Ischl bis zu den Traun-Quellen in Bad Aussee verbindet ein weiteres Projekt der Region das Pilgern mit dem Kulturaspekt und soll ebenfalls „zeitgemäßes spirituelles Unterwegssein und Erfahrung von Kirche“ ermöglichen, so Stadler.

Neues finden Pilgerbegeisterte auch in anderen Bundesländern. So richtet etwa in Vorarlberg die diözesane Reihe „Sommerkirche“ diesmal den Fokus ihrer gut zwei Dutzend Veranstaltungen auf das Pilgern und bewirbt bestehende Routen im Ländle; darunter der Dornbirner „Bibelweg“, der „Weg der Menschlichkeit“, der Feldkircher „Vaterunser-Weg“, der Frastanzer „Friedensweg“ oder der „Weg der Stille“ in St. Gerold.

Pilger gehen über eine Brücke
KPI Diözese Linz
Der neue Wasserpilgerweg vom Traunfall in Roitham durch Bad Ischl bis zu den Traun-Quellen in Bad Aussee

In Kärnten und der Steiermark wird unter anderem der „Benediktweg“ über die Klöster Admont, Seckau und Sankt Paul im Lavanttal beworben, in Osttirol der über zahlreiche Höhen führende Bergpilgerweg „hoch und heilig“, im Mühlviertel der „Johannesweg“ und im Mostviertel ab Herbst die „Via Trinitatis“, um nur die jüngsten der insgesamt 48 Pilgerwege quer durchs Land zu nennen. Auch etliche Fahrrad-Pilgerrouten entstünden derzeit, so der Pilgerseelsorger.

Spirituelle Aufladung

Immer dichter wird das Netz an heimischen Pilgerrouten unter anderem deshalb, „da bestehende Wanderwege zu Pilgerwegen ausgebaut werden“, sagte Stadler. Dahinter stehe eine steigende Nachfrage für die Verbindung des Wandersports mit spirituellen Elementen, wobei die Coronavirus-Pandemie den Trend nur beschleunigt habe. „Viele Menschen suchen Selbstreflexion und Orientierung im Leben, wozu dann ein Weg mit einer spirituellen Bedeutung aufgeladen wird.“

Häufig werden dabei Kapellen, Kirchen und Klöster als Referenzpunkte am Weg angesteuert oder die klassischen Wallfahrtsorte als Ziele neu entdeckt, ebenso wie aber auch das bewusste Erleben der Natur oder der Einheit von Körper, Seele und Geist beim Gehen zentral sein kann – die Motive für das Pilgern sind also sehr unterschiedlich. Dabei gilt Pilgern als niederschwelliges Angebot, das auch Menschen anspricht, die nicht kirchlich sozialisiert sind, so Stadler.

Religiöses Motiv bei traditionellen Wallfahrten

„Vorteil ist, dass man dabei ohne institutionelle Rahmenbedingungen auskommt. Jeder ist für sich oder in Begleitung einiger weniger unterwegs, geht das eigene Tempo und gestaltet den Weg individuell so, wie es passt.“ Mehr Vorgaben hinsichtlich Strecke, Abläufe sowie Gemeinschaftsmomente mit Gebeten gibt es hingegen bei der traditionellen Wallfahrt, die in größeren Gruppen geschieht, die von Pfarren oder kirchlichen Gemeinschaften organisiert werden. Bei den hier Beteiligten stünden oft religiöse Motive wie etwa Dank oder Bitte im Vordergrund, sagte der Experte.

Als Motor des Pilgerbooms nannte Stadler vor allem die Tourismusregionen, die sich um neue Wege bemühten und maßgeschneiderte Gesamtpakete mit Informationen, Wegmarken, Quartieren und Gastronomie anböten. Auch die Kirche beteilige sich, wobei es allerdings noch viel „Luft nach oben“ gebe, wie der Theologe einräumte.

Virtuelle Pilgerseelsorge

Vielfach fehlen den Diözesen Ressourcen dafür, zudem gebe es bis dato keine Nachfolge für das zu Jahresbeginn geschlossene „Quo Vadis“ am Wiener Stephansplatz als zentrale österreichweite Pilger-Anlaufstelle, an der man Informationen und auf Wunsch auch spirituelle Begleitung fände, bedauerte der Experte. Ausgebildete Pilgerbegleiterinnen und Pilgerbegleiter gibt es freilich in ganz Österreich. Stadler bezifferte ihre Zahl auf etwa 250, wobei die meisten von ihnen ehrenamtlich tätig sind und teils eigene Veranstaltungen anbieten.

Zumindest virtuell soll die Pilgerseelsorge in Österreich jedoch schon bald eine Adresse und verstärkte Vernetzung bekommen: Die Tourismus- und Freizeitpastoral arbeitet derzeit an einer österreichweiten Plattform, auf der Pilgerinteressierte in naher Zukunft aktualisierte Informationen zu allen Pilgerrouten finden werden. Auch Social-Media-Einbindung sei geplant, „um die seelsorglichen und touristischen Angebote noch besser miteinander zu verschränken“, so der Pilgerseelsorger.

Portal und Heiliges Jahr

Bereits jetzt wirft zudem auch das von Papst Franziskus ausgerufene weltkirchliche „Heilige Jahr 2025“ seine Schatten voraus, das unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“ steht. Eine Initiative setzt sich für eine Wiederbelebung der einst vom Baltikum beziehungsweise Krakau bis nach Rom führende alte Pilgerstraße „Via Romea Strata“ als europäische Kulturroute ein.

Geplant ist eine Reihe von Veranstaltungen und Angeboten entlang der österreichischen Streckenabschnitte zwischen dem Grenzübergang Drasenhofen im Norden und Arnoldstein als Übergang zum italienischen Monte Lussari im Süden. „Auch Individualpilger sollen dann die gesamte Strecke durchgehen können und unterwegs eine ‚Begegnungskirche‘ finden, die Menschen auf neue Weise in Kontakt bringt mit den spirituellen Schätzen des Glaubens“, so Stadler.