Eine Person sitzt bei einem AMS-Betreuer
APA/Georg Hochmuth
APA/Georg Hochmuth
Tag der Arbeitslosen

Kirchenhilfswerke für mehr Arbeitslosengeld

Für eine Indexanpassung des Arbeitslosengelds und der Notstandshilfe haben sich kirchliche Hilfswerke zum Tag der Arbeitslosen am Dienstag ausgesprochen. Die Zuspitzung auf dem Arbeitsmarkt verschärfe auch die Armutssituation.

Armut sei für Jobsuchende und besonders für Langzeitarbeitslose „dramatisch“, warnte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr in einer Aussendung am Montag. „Wer seine Arbeit verliert, muss von einem auf den anderen Tag oft mit etwa der Hälfte seines Einkommens auskommen. In Zeiten der Teuerungen bedeutet das für immer mehr Jobsuchende ein Leben unter der Armutsgrenze“, so Parr.

Derzeit sind in Österreich 369.640 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitslos oder in Schulung gemeldet, fast 36.000 bzw. elf Prozent mehr als am Vergleichstag im Vorjahr. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg um 6,4 Prozent, womit insgesamt jeder vierte Jobsuchende auf lange Zeit beschäftigungslos ist.

Armutsgefährdete seit letztem Jahr fast verdoppelt

Besonders verwies Parr auf die hohe Armutsgefährdung der ganzjährig arbeitslosen Menschen: 56 Prozent von dieser Gruppe sei betroffen, 28 Prozent gelten laut jüngsten Zahlen als sozial und materiell erheblich depriviert, nachdem es im Vorjahr noch 16 Prozent waren. „Diese Menschen sind unmittelbar von Armut betroffen, können Grundbedürfnisse nicht mehr decken. Das sind dramatische Entwicklungen, vor denen die Politik die Augen nicht verschließen darf“, betonte Parr.

Inflation für Jobsuchende besonders schlimm

Im Zuge einer anstehenden „sozialen Strukturreform“ gelte es beim Arbeitslosengeld die Nettoersatzquote zu erhöhen und die Notstandshilfe zu valorisieren, drängte die Caritas-Generalsekretärin. Beides sei bei im Gegensatz zu anderen Sozialleistungen bisher nicht gelungen, da Verhandlungen wegen unterschiedlicher Vorstellungen der Regierungsparteien stets scheiterten.

Das Ergebnis sei, dass Jobsuchende durch die hohe Inflation jährlich einen Wertverlust dieser Leistungen erlebten – allein 2022 um bis zu 16 Prozent. Arbeitssuchende zählten damit zu den von der Teuerung meist Betroffenen Gruppen.

Forderung: AMS besser ausstatten

Weitere Forderungen der Caritas: Das AMS sollte gestärkt und besser ausgestattet werden, damit auch bei weiterhin angespannter wirtschaftlicher Lage möglichst viele Menschen schnell wieder Beschäftigung fänden. „Niemand in diesem Land kann noch mehr Armut in diesem Land wollen und daher gilt es besser heute als morgen aktiv zu werden und Reformen in die Wege zu leiten“, so Parr.

KABÖ: Finanzierung durch Vermögenssteuer

Eine Index-Anpassung des Arbeitslosengeldes angesichts des „oft existenzbedrohenden Kaufkraftverlustes“ der Betroffenen forderte Anna Wall-Strasser, die Vorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer (KABÖ). Arbeitslose würden oftmals „nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich isoliert“, wodurch die Solidarität zwischen ihnen und den Verdienenden zerbreche, erklärte in einer Aussendung KABÖ-Bundesseelsorger Karl Immervoll. Besonders für benachteilige Menschen gelte es, „menschenwürdige Lebensumstände“ zu sichern.

Als Finanzierungsmodell wurde zugleich eine „gerechte Vermögens- und Erbschaftssteuer“ vorgeschlagen. Bisher werde Österreichs Staatshaushalt nur zu 1,3 Prozent aus Steuern aus Vermögen finanziert, wohingegen es im EU-Durchschnitt fünf Prozent seien.

Bis zu fünf Milliarden Euro lukrierbar

Diese Einnahmen des Staatshaushalts zu steigern – derzeit sei das Gegenteil der Fall – , würde laut KABÖ „die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter aufgehen“ lassen. Ohnehin sei in Österreich Vermögen „extrem ungerecht verteilt“, was auch die „Gefahr interessengeleiteter Einflussnahme“ in Wirtschaft und Politik mit sich bringe und die Demokratie gefährde.

Bis zu fünf Milliarden Euro könnten auf diese Weise lukriert werden, schrieb die KABÖ. Damit könnten armutsgefährdete Bevölkerungsgruppen wie Arbeitslosen oder Alleinerziehenden „tatsächliche Finanzhilfen“ gegeben, jedoch auch anstehende Reformen bei der Pflege und Bildung sowie die Senkung der Lohnsteuer angegangen werden.

Stiftung: Fördern statt verwalten

Auch die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung der Diözese Linz meldete sich zu Wort und verwies in einer Aussendung auf weitreichende Folgen von Arbeitslosigkeit wie „Armut, Scham, Perspektivenlosigkeit und sozialer Ausgrenzung“. Auch in Oberösterreich sei die Arbeitslosigkeit trotz hoher Beschäftigung und Arbeitskräftemangel bedenklich gestiegen – im März bei Frauen um 17 Prozent, bei Männern sogar um 22 Prozent.

Die Stiftung rief auf zu „aktiver Arbeitsmarktpolitik, neuen Modellen und alternativen Lösungen für Menschen, die mit dem Tempo am ersten Arbeitsmarkt noch nicht mithalten können“. Förderprogramme seien weniger teuer als Verwaltung von Arbeitslosigkeit.

Manche aktuellen Vorschläge „überholte Methoden“

Die Strategie der von der Stiftung mitgetragenen „oö. Aktionsgemeinschaft zum Tag der Arbeitslosen“, neben Linzer Stadtrundgängen zum Thema Arbeitslosigkeit auch Gespräche mit Politikern zu führen, kommt nicht von ungefähr:

„Im Vor-Wahlkampf sind schon die Rufe nach einer Reduktion des Arbeitslosengeldes, mehr Sanktionen für arbeitssuchende Personen oder gar einer Erhöhung der Arbeitszeit auf 41 Stunden zu hören“, hieß es seitens der kirchlichen Einrichtung. Ihre Facheinschätzung dazu: „Mit überholten Methoden wird weder die Transformation am Arbeitsmarkt zu bewältigen noch eine nachhaltige Reduktion der Arbeitslosigkeit zu erzielen sein.“