TAO – aus den Religionen der Welt 20.2.2021

Verborgene Überlieferung

Die Kabbala als mystische Tradition des Judentums: Von vielen als schillerndes Phänomen, als mysteriöse Geheimlehre wahrgenommen, stellt sie eine Säule der jüdischen Kultur und Religion dar: die Kabbala, die jüdische Mystik.

Die Bezeichnung „Kabbala“ stammt aus dem Hebräischen und bedeutet Überlieferung, Weiterleitung, Tradition. Vertreter dieser Strömung – über Jahrhunderte waren nur Männer zum Studium der Kabbala zugelassen – verorten ihre Wurzeln in der Antike oder gar beim biblischen Adam, dem ersten Menschen, dem sie schon offenbart worden sein soll. Laut Gershom Scholem, dem Begründer der wissenschaftlichen Erforschung der Kabbala, wird die jüdische Mystik erst ab circa 1200 mit dem Begriff „Kabbala“ bezeichnet.

ORF-Schwerpunkt: „Im Innersten – Mystik in den Religionen“

Jüdische Gelehrte versuchten einen neuen Weg zu Gott zu finden, eine unmittelbare, lebendige Beziehung zum ihm herzustellen. Es wurde und wird gelehrt, dass alle Seelen ihren Ursprung in Gott haben und dass jede Seele selbst ein göttlicher Funke ist. Basis für diese Lehren sind die Grundwerte der jüdischen Religion wie Schöpfung, Offenbarung und Erlösung. Die traditionelle jüdische Mystik war also immer tief mit der Halacha, dem jüdischen Gesetz, verwoben und im Grunde gar keine Geheimlehre. Kabbalisten waren meist höchst gelehrte Menschen, oft berühmte Rabbiner. Immer gab es aber auch Strömungen, die die Kabbala sehr praktisch interpretierten und mitunter magische Praktiken anwandten.

Tao
Samstag, 20.2.2021, 19.05 Uhr, Ö1

Die Kabbala ist nicht zuletzt ein europäisches Phänomen: Die zentralen kabbalistischen Texte, wie das Buch „Bahir“, „Pforten des Lichtes“ oder der sogenannte „Zohar“, wurden in Deutschland, Frankreich und Spanien geschrieben bzw. dort endgültig redigiert. Auch bedeutende Richtungen der Kabbala, wie der Chassidismus, der im 18. Jahrhundert in Polen entstand, hatten ihre Wiege in Europa. „Die kabbalistischen Lehren sind ein Teil des jüdischen Erbes Europas und haben Schriftsteller wie Franz Kafka oder Jorge Luis Borges stark beeinflusst“, so der Judaist Klaus Davidowicz.

Auch im christlichen Spektrum haben bestimmte Strömungen kabbalistische Elemente aufgegriffen. Die moderne Esoterik bezieht sich ebenfalls immer wieder auf die vermeintlich „magischen“ Lehren und Symbole, wie etwa den Lebens- oder Weltenbaum. Abseits davon hinterlässt die mystische Tradition des Judentums seit Jahrhunderten auch in Kunst und Populärkultur ihre Spuren.

TAO lässt Menschen zu Wort kommen, die die authentische Kabbala, die jüdische Mystik, seit Jahrzehnten erforschen, studieren und praktizieren – den ausgewiesenen Kabbala-Experten im deutschsprachigen Raum, eine Judaistin und jüdische Religionslehrerin und einen chassidischen Rabbi.

Gestaltung: Kerstin Tretina

Buchhinweise:

  • Ernst Müller, „Der Sohar. Das heilige Buch der Kabbala“, Verlag Diederichs 1998
  • „The Zohar“, Vol. 1: Pritzker Edition 2003
  • Klaus Davidowicz, „Die Kabbala. Eine Einführung in die Welt der jüdischen Mystik und Magie“, Böhlau Verlag 2009
  • Joseph Dan, „Die Kabbala. Eine kleine Einfuehrung“, Verlag Reclam 2007
  • Gershom Scholem, „Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen“, Verlag Suhrkamp 1980
  • Johann Maier, „Die Kabbalah. Einführung – Klassische Texte – Erläuterungen“, Verlag Beck