Freitag, 31.3.2023, Daniela Feichtinger

Korrekte Kunst

Von Kindheit an lernen wir es: Dass es wichtig ist, alles richtig zu machen. Aber was bedeutet das überhaupt – richtig?

Wenige Kunstformen sind so streng wie das Anfertigen von Ikonen. Die traditionellen Heiligenbilder, die vor allem aus der Ostkirche bekannt sind, folgen Mustern, von denen die Ikonenschreiber nicht allzu weit abweichen dürfen. Man kann es auch so sagen: Ikonen leben von einer Bildsprache, die sich bewährt hat. Wer Heiliges darstellen will, findet hier die visuelle Grammatik.

Daniela Feichtinger
ist katholische Theologin, Autorin und Pädagogin aus Graz

Auf Richtlinien angewiesen?

Der US-amerikanische Franziskaner und Ikonenmaler Robert Lentz sieht sich oft mit der Frage konfrontiert, ob er sein Handwerk denn „korrekt“ ausführe. Schließlich stellt er Jesus mit dunkler Haut oder als Frau dar und malt einen segnenden Christus über David und Jonathan, als wären sie ein Paar. Aber von Korrektheit hält der penible Maler nicht viel. Christinnen und Christen seien geradezu besessen davon, alles richtig zu machen, hält er entgegen, und sie haben dabei verlernt, wie man spontan auf die Begegnung mit dem Göttlichen antwortet. Wer an erster Stelle nach Korrektheit strebt, so Robert Lentz, der bleibt in spirituellen Belangen unmündig und auf Richtlinien angewiesen wie ein Kind.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen heute einen entspannten Tag. Gehen Sie’s nicht allzu korrekt an. Vielleicht kommt dann ja sogar Gott zu Wort?