Zwischenruf 25.6.2023, Ingrid Bachler

Eine Kirchenfamilie

Eine Familie ist eine Gruppe von Menschen, die zusammengehören. Fragt man danach, was Familie bedeutet, geht es einerseits um Verantwortung, Vertrauen und Geborgenheit.

Andererseits geht es auch um Kompromisse und die Bereitschaft, immer wieder aufeinander zuzugehen. Die Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen Europas ist auch wie eine Familie, eine Kirchenfamilie. Ihr Gründungsdokument ist die Leuenberger Konkordie.

Ingrid Bachler
ist Oberkirchenrätin der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich

Gemeinsame Feiern

Bis 1973 waren Lutheraner und Reformierte in Europa getrennt und konnten nicht miteinander Abendmahl feiern. Erst die Leuenberger Konkordie überwand die Lehrunterschiede und vereinbarte eine enge Zusammenarbeit der evangelischen Kirchen in Europa. 1997 kamen auch die methodistischen Kirchen dazu. Seitdem besteht zwischen den nunmehr 95 Mitgliedskirchen eine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft.

Wie in einer Familie immer wieder das Zusammenleben diskutiert wird, unterschiedliche Meinungen vertreten werden und dann wieder alle um einen Tisch versammelt sind, so wird auch die Kirchengemeinschaft der Evangelischen Kirchen Europas gelebt: Es ist eine Errungenschaft, dass es gelungen ist, trotz vieler Unterschiede in den Kirchen gemeinsam Gottesdienste und das Heilige Abendmahl zu feiern.

Zwischenruf
Sonntag, 25.6.2023, 6.56 Uhr, Ö1

Junge Menschen wichtig für die Kirchenzukunft

Im Gegensatz zum ersten Foto der GEKE aus dem Jahr 1973, auf dem ausschließlich Männer zu sehen sind, gibt es heute in den Gruppen und Gremien einen ausgeglichenen Frauenanteil. Im Forum junger Theologinnen und Theologen beschäftigen sich Studierende mit der Frage, wie Protestantismus in Europa öffentlich sichtbar ist und in die Gesellschaft hineinwirkt. Die Freude an der Beteiligung und Mitsprache der jungen Menschen an kirchlichen Gremien ist wichtig für die Zukunft der Kirchen.

Auch aktuelle Themen wie z.B. der Demokratiebegriff oder Gender und Sexualität werden diskutiert. Die unterschiedlichen Positionen aus den Kirchen Europas kommen dabei zur Sprache. „Kommunikation ist der Schlüssel, wenn wir unseren Glauben erneuern wollen“, meint eine Studentin aus Tallinn.

Zur Beheimatung beitragen

Der Dienstcharakter der GEKE zeigt sich im gemeinsamen Handeln für die Menschen: Die Arbeitnehmerfreizügigkeit der EU gehört zu den wichtigsten Errungenschaften der europäischen Integration. Eine Schattenseite davon ist aber, dass Menschen bei der Suche nach Arbeitsmöglichkeiten nicht nur ihre Heimat verlassen, sondern auch ihre Kinder.

Deshalb unterstützt die GEKE im Projekt „Eurowaisen“ Kinder in der Slowakei und in Litauen, die ohne Eltern aufwachsen, durch Bildungsangebote und soziale Einrichtungen. Die Kirchen bemühen sich, Menschen nicht nur geistlichen Halt und Hoffnung zu geben, sondern tragen auch zur Beheimatung bei.

So wird die GEKE auch in Zukunft ein Ort bleiben, wo schwierige Themen und unterschiedliche Positionen der Kirchen auf respektvolle Weise miteinander diskutiert werden, Kirchen einander begegnen, unterstützen und zueinanderstehen.