Tao – aus den Religionen der Welt 28.10.23

Das okkulte Wien und der Boom der Esoterik in den 1920ern

Sie waren auf der Suche nach den verborgenen Seiten der Wirklichkeit: Die Anhängerinnen und Anhänger des Okkultismus rund um die Jahrhundertwende und danach. Schon Kaiserin Sisi hat versucht, Tote zu beschwören, und auch heute noch gibt es Erbinnen und Erben.

Okkult bedeutet „geheim, verborgen“, der Begriff kommt aus dem Mittelalter, als man sich etwa mit okkulten Wissenschaften wie Alchemie beschäftigt hat. Im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich die Bedeutung noch einmal gewandelt, Okkultismus ist zu einem Sammelbegriff für viele unterschiedliche Bewegungen geworden. Eine seiner Schattierungen waren neureligiöse Bewegungen wie der Spiritismus, der sich vor allem mit dem Jenseits befasst hat. Seine Anhängerinnen und Anhänger versuch(t)en in Séancen Kontakt mit Toten, Geistern und anderen Wesenheiten aufzunehmen.

Tao
Samstag, 28.10.2023, 19.05 Uhr, Ö1

Revival von Spiritismus und Co.

Außerdem hat die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit unerklärlichen, „übersinnlichen“ Phänomenen begonnen, Stichwort Parapsychologie. Und es waren Konzepte einer Ur-Religion im Umlauf, die der Vorstellung nach im Lauf der Jahrhunderte und Jahrtausende verschüttet worden ist. Okkultistinnen und Okkultisten bemühten sich demnach, diesen Kern aus den verschiedenen Religionen der Welt wieder herauszuschälen, um so zum Ursprung aller Religionen, zur ursprünglichen Weisheit vorzudringen – vor allem die verschiedenen Strömungen der Theosophie haben sich damit beschäftigt. Typisch für den Okkultismus war, dass man beweisen wollte, dass diese Ideen nicht im Widerspruch zu den modernen Wissenschaften stehen. Die Spannung zwischen Religion und Wissenschaft sollte so aufgelöst werden.

Die okkulten Bewegungen standen auch für Innovation und Veränderung innerhalb der Wiener Moderne. Doch im Gegensatz zu New York, London, Paris oder auch Leipzig konnte sich der Okkultismus nicht ungehindert ausbreiten – der habsburgische Überwachungsapparat stand dem entgegen. Obwohl auch Persönlichkeiten des Hochadels fasziniert von okkulten Praktiken waren. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs boomte der Okkultismus regelrecht, sogenannte „Medien“ tauchten in ganz Österreich auf. Während verschiedene religiöse Strömungen wieder verschwanden, blieben andere Elemente wie Astrologie oder Geistheilung im Bereich der Esoterik immer noch populär – bis heute. Und auch der Spiritismus erlebt derzeit durch diverse Serien und Filme und auf Plattformen wie TikTok wieder ein Revival. Eine Sendung im Vorfeld des interdisziplinären Multimedia-Projektes „Wilma“.

Gestaltung: Kerstin Tretina