Zwischenruf 19.11.2023, Christine Rod

Eine Heilige, modern betrachtet

Am 19. November ist das Fest der Heiligen Elisabeth von Thüringen. Wegen ihres sozialen Engagements ist sie zur Schutzpatronin der katholischen Caritas und der evangelischen Diakonie geworden.

Schon als Vierjährige ist Elisabeth, die Tochter des ungarischen Königs, auf die Wartburg in Thüringen gebracht worden. Als Prinzessin war sie eine gute Partie für den jungen Landgrafen Ludwig. Elisabeth wurde mit 14 Jahren verheiratet – und es war eine glückliche Ehe. Ludwig und Elisabeth waren einander gute Gesprächspartner; Elisabeth begleitete ihren Mann auf seinen Reisen, und sie gründeten miteinander ein Hospiz.

Sr. Christine Rod
ist Generalsekretärin der österreichischen Ordenskonferenz

Rosen und andere Wunder

Ludwig hat so manche außergewöhnlichen Ideen – um nicht zu sagen „Flausen“ – seiner Frau geduldig ertragen. Die Geschichte von dem Bettler, den Elisabeth in Ludwigs Abwesenheit ins gemeinsame Bett aufgenommen hat, ist historisch nicht nachweisbar. Ihre Großzügigkeit hatte mittlerweile ein Maß erreicht, mit dem auch ihr Mann Ludwig nicht mehr ganz einverstanden war. Die Geschichte erzählt vom so genannten Rosenwunder: Elisabeth war wieder einmal unterwegs, um Essensvorräte zu verschenken. Da begegnet ihr Ludwig – schon ein wenig misstrauisch geworden, und sieht, dass sie etwas in ihrer Schürze transportiert. Sie erzählt ihm, dass sie Rosen gepflückt hätte. Und als sie ihre Schürze aufmacht, sind tatsächlich Rosen darin.

Elisabeth gehört irgendwie zur thüringischen Seele – für katholisch und evangelisch. Und vielleicht ja auch für Nicht-Glaubende. Sie war eine solche Hoffnungsgestalt, dass anlässlich ihres 750. Todestages im Jahr 1981 ein Fest mit mehr als 60.000 Mitfeiernden vor dem Erfurter Dom stattfand. Und die DDR-Verantwortlichen konnten damals, noch in der Hoch-Zeit der DDR, nur zuschauen und gewähren lassen. Vielleicht war das ja auch ein weiteres Wunder.

Auch wenn Elisabeth als kleines Mädchen aus politischem Kalkül auf die Wartburg gekommen war, war sie doch eine eigenständige, gebildete, selbstbewusste, unbestechliche, für die damalige Zeit emanzipierte Frau. In dieser Hinsicht kann sie auch für heutige Frauen eine Inspiration sein.

Zwischenruf
Sonntag, 19.11.2023, 6.55 Uhr, Ö1

Miteinander auf Augenhöhe

Auch heute noch suchen Frauen ihren Platz, an dem sie sich und ihre Lebenskraft einbringen können. Die große Synode in Rom im vergangenen Oktober mit katholischen Bischöfen aus der ganzen Welt, die sich mit Zukunftsthemen für die katholische Kirche befasst haben, war ein Hoffnungsort dafür. Über 50 Frauen, ebenfalls aus der ganzen Welt, konnten an dieser Synode teilnehmen, mit Sitz und Stimme. Es gab also erstmals nicht nur Synodenväter, sondern auch Synodenmütter. Für mich persönlich war das ein prophetisches Zeichen, dass auch das Thema Frauen wahrgenommen und ernstgenommen wird und dass ehrlichen Herzens darum gerungen wird, wie der Platz von Frauen im Sinn des Evangeliums aussehen kann, und zwar gemeinsam mit Männern, und auf Augenhöhe.

Es wird wohl noch ein längerer Weg werden, bis dieses Neue wirklich Gestalt annehmen kann. Aber es lohnt sich meiner Meinung nach, mit ganzer Kraft ein neues Miteinander von Frauen und Männern in der Kirche zu ersehnen. Sich wie Elisabeth nicht zu schonen, sondern sich für eine gerechte Kirche einzusetzen, sozial gerecht und geschlechtergerecht.