Zwischenruf 3.12.2023, Kurt Nekula

Inklusion leben

Heute ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Die Vereinten Nationen haben diesen Gedenk- und Aktionstag zum Abschluss des Jahrzehnts der Menschen mit Behinderungen ausgerufen.

Im Zentrum stehen die persönlichen Rechte, die Würde, die gesellschaftliche Teilhabe und die Lebensqualität aller Menschen. Staatliche Einrichtungen und die Zivilgesellschaft sind aufgerufen, gemeinsam dazu beizutragen, dass mehr Verständnis für die besondere Situation von Menschen mit Behinderungen entsteht, dass mehr Menschen Vertrauen in die positive Wirkung inklusiver Modelle des Lernens, Arbeitens und des Lebens entwickeln und dass das Bewusstsein für die gemeinsame Verantwortung für sozioökonomisch benachteiligte Menschen in unserer Gesellschaft wächst.

Kurt Nekula
ist Pädagoge und ehemaliger Präsident des Vereins Licht ins Dunkel

Gemeinsame Verantwortung für beeinträchtigte Menschen

Es geht um die Anliegen, Bedürfnisse und auch Probleme von Menschen mit Beeinträchtigungen, ihre Beiträge für die Gesellschaft und die Umsetzung internationaler Normen und Standards, wie zum Beispiel die UN-Behindertenrechts-Konvention.

Menschen mit Behinderungen haben teilweise mehr gesundheitliche Probleme als andere. Die geistigen Fähigkeiten sind sehr unterschiedlich ausgeprägt und reichen von schwerer Beeinträchtigung bis zu genialen Spitzenleistungen. Wenn behinderte Kinder in einer liebevollen, fördernden und anregenden Umwelt aufwachsen, können sie eine gute bis erstaunliche Entwicklung nehmen.

Wenn eine Behinderung und sozioökonomische Benachteiligung einhergehen, verstärkt das die Probleme dramatisch. Der Bedarf des täglichen Lebens unter dem Eindruck gestiegener Preise, teurer Medikamente, Therapien oder Geräte werden durch Zuzahlungen der öffentlichen Hand oft nur teilweise finanziert. Konkret sind mehr als 350.000 Kinder und Jugendliche in Österreich armutsgefährdet. Dies hat negative Auswirkungen auf Bildung, Gesundheit und Lebenserwartung, berufliche Perspektiven und Teilhabe am öffentlichen Leben.

Zwischenruf
Sonntag, 3.12.2023, 6.55 Uhr, Ö1

Nicht auf Wunder angewiesen

Diese Situation löst nicht selten Scham und psychische Probleme bei den Betroffenen aus. Noch dazu fühlen sich über 80% des untersten Einkommensdrittels als Menschen zweiter Klasse behandelt und nur 18% erleben zumindest hin und wieder, dass politische Entscheidungen ihre Lebensumstände mit einbeziehen. Nur noch knapp die Hälfte dieser Gruppe ist von der Demokratie als bester Staatsform überzeugt. Armut zu verhindern und eine inklusive Gesellschaft auszubauen stärkt also offensichtlich die Demokratie.

Im Neuen Testament liest man immer wieder von Wundern, wenn Blinde sehen, Lahme gehen oder Aussätzige geheilt werden können. Diese Berichte haben im Zentrum den Lobpreis Gottes, den festen Glauben, aber nicht die Profilierungssucht des Wundertäters, Jesus von Nazareth.

Menschen mit Behinderungen unserer Tage sind nicht auf Wunder angewiesen, sie brauchen das Bewusstsein ihrer Mitmenschen und den Gestaltungswillen der Entscheidungsträger:innen. Die UN-Behindertenrechtskonvention gehört nun zügig umgesetzt. Ich sehe es so: Alles spricht für ein inklusives Bildungssystem und ein starker Sozialstaat muss sicherstellen, dass die Betroffenen nicht auf Almosen angewiesen sind sondern Rechtssicherheit haben.