LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen 10.12.2022

Sich befreien und neu werden

Bibelessay zu Jesaja 40,1-5.9-11 | Die Roma-Seelsorgerin Manuela Horvath | Rituale im Dezember – Teil 3 | Katharina Lederer, Vizepräsidentin von Or Chadasch

Tröstet mein Volk – Bibelessay zu Jesaja 40,1-5.9-11

Sie mögen zu den schönsten Versen der Bibel gehören, die Verse aus dem Prophetenbuch Jesaja, wenn es da etwa heißt „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott“. Tröstende und stärkende Passagen aus diesem Buch, das sich im Ersten oder Alten Testament findet, sind für die katholischen Advent-Gottesdienste vorgesehen. Sie sind auch Ausgangspunkt der Gedanken des katholischen Theologen und Präsidenten des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Martin Jäggle, zum zweiten Adventsonntag und zum Internationalen Tag der Menschenrechte. Vor 75 Jahren, am 10. Dezember 1948, wurde die Resolution der Generalversammlung der UNO mit dem Titel „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ im Pariser Palais de Chaillot verkündet.

Roma Sam – Die Roma-Seelsorgerin Manuela Horvath

Sie war zehn Jahre alt, als zwei ihrer Cousins ermordet wurden – beim Rohrbomben-Anschlag auf Roma und Romnija im burgenländischen Oberwart. In jenen Tagen im Februar 1995 endete ihre unbeschwerte Kindheit unweit der Oberwarter Romasiedlung. Heute ist Manuela Horvath Leiterin der Roma-Pastoral der katholischen Diözese Eisenstadt. Ihre Hauptaufgabe ist die Seelsorge und die Unterstützung von Menschen ihrer Volksgruppe: Vor 30 Jahren, am 16. Dezember 1993, wurden Roma und Sinti als autochthone Volksgruppe in Österreich anerkannt. Ein Meilenstein, unterstreicht Manuela Horvath.

Lebenskunst
Sonntag, 10.12.2023, 7.05 Uhr, Ö1

Die quirlige Romni organisiert auch das Kirchenjahr für Mitglieder ihrer Volksgruppe, betreut Kinder- und Jugendgruppen, plant die jährliche Wallfahrt nach Mariazell und kümmert sich gemeinsam mit anderen Roma-Organisationen um Gedenkinitiativen für die Opfer des Nationalsozialismus. „Roma sam“, „Wir sind Roma“, sagt Manuela Horvath selbstbewusst, der Einsatz gegen Vorurteile und Diskriminierung ist ihr ein besonders wichtiges Anliegen. Maria Harmer hat die Seelsorgerin in Oberwart besucht.

Sich befreien und neu werden – Rituale im Dezember

So beschaulich die Musik rund um Weihnachten klingt, so geschäftig geht es im Alltag oft zu. Da werden Geschenke gekauft, besondere Lebensmittel besorgt oder vorbestellt. Da wird gebacken und – natürlich – geputzt. Nicht nur wegen der Besuche von Verwandten oder Freundinnen und Freunden zu den Feiertagen soll alles blitzblank sein. Viele tun es, „weil es sich so gehört“, weil man es so gelernt hat – weil es so etwas wie ein adventliches Ritual ist, alles schön sauber und rein zu machen. So fasst es der Sozialarbeiter und Kommunikationstrainer Michael Lippka-Zotti zusammen. Er ist auch in der 3. Ausgabe der Reihe von Brigitte Krautgartner über Rituale rund um Weihnachten zu hören, in der es um äußere und innere Reinigung geht.

3. Teil: Über Reinigung und Reinheit, über das sich Befreien und neu Werden

Von der Kraft der Erinnerung – Katharina Lederer, Vizepräsidentin von Or Chadasch

Kerzen anzünden, in die Dunkelheit hinein. Dieser Brauch erfreut sich besonders in der Zeit der kurzen Tage und langen Nächte großer Beliebtheit; mag das warme, milde Kerzenlicht doch auch stärken und trösten. Während am Adventkranz die zweite Kerze brennt, ist es in diesem Jahr am 10. Dezember die dritte Kerze am Chanukka-Leuchter.

Das hebräische Wort Chanukka bedeutet Tempelweihfest und erinnert an die Wiedereinweihung des großen Tempels in Jerusalem vor fast 2.200 Jahren. Syrische Truppen hatten den Tempel geschändet – und die sogenannten Makkabäer, allen voran Judas Makkabäus, vertrieben die „Hellenisten“ und stellten die Reinheit des Tempels wieder her. Dabei geschah ein Wunder: Das kleine Kännchen Öl, mit dessen Hilfe der Tempelleuchter erleuchtet werden sollte, reichte acht Tage lang, solange, bis man neues geweihtes Öl herbeigeschafft hatte.

Im Gedenken daran werden zu Chanukka acht Tage lang an einem Leuchter, der sogenannten Chanukkia, Kerzen gezündet. Auch dieses Fest soll daran erinnern, dass Wunder möglich sind und Licht und Freude in dunkle Wintertage bringen. Maria Harmer hat sich bei Katharina Lederer, der 1961 in Prag geborenen Vizepräsidentin von Or Chadasch in Wien, nach den Chanukka-Erinnerungen ihrer Kindheit erkundigt und sich von ihr durch die Synagoge der liberalen jüdischen Gemeinde in Wien-Leopoldstadt führen lassen.

Redaktion & Moderation: Doris Appel