Zwischenruf 31.12.2023, Gabriele Eder-Cakl

Das vergangene Jahr wird lebendig

Der Blick geht heute zurück und nach vorne. In unserer fünfköpfigen Familie kommen wir seit mehreren Jahren für zwei Stunden zusammen und jede Person stellt einen kurzen Filmausschnitt oder ein Lied oder auch ein Bild vor, das in dem vergangenen Jahr besonders wichtig war oder einen ganz speziellen Moment beschreibt.

Das ist sehr berührend. So sehen wir emotionale Bildausschnitte von Filmen oder Serien und hören zarte oder opulente Musik und dazu sehr persönliche Geschichten. Obwohl wir uns ja in der Familie gut kennen, lernen wir hier ganz neue Seiten oder tiefe Gedanken von uns kennen. Das ist sehr schön.

Gabriele Eder-Cakl
ist Direktorin des Österreichischen Pastoralinstituts

Visionen beflügeln

Das vergangene Jahr wird hier lebendig. Durch den sehr qualitätsvollen Rückblick zieht es uns eigentlich schon in das nächste Jahr hinein. Denn die Wünsche für das kommende Jahr scheinen bereits durch. „Möge es im kommenden Jahr gut und gesund weitergehen“, das sagen wir dann und das ist die Bitte um Segen.

Lass Liebe auf uns regnen
Lass es gießen und uns segnen
Lass uns immer neu begegnen
das singt Reinhard May in einem sehr schönen Liebeslied.

Was zieht Menschen nach vorne? – Das sind unsere Visionen, die mit Grundwerten unseres Lebens gefüllt sind: Menschenwürde, Gerechtigkeit, Gesundheit, Liebe. Diese Vision beflügelt und gibt auch neue Ideen, wie sie umgesetzt werden können.
Ein Buch über die Zukunft unserer Erde (Helga Kromp-Kolb) trägt den Titel „Für Pessimismus ist es zu spät. Wir sind Teil der Lösung.“

Zwischenruf
Sonntag, 31.12.2023, 6.55 Uhr, Ö1

Die Liebe am Leben erhalten

Dies scheint mir ein notwendiger Ansatz. Wir kommen ins Handeln, wir tun, was jedem und jeder persönlich möglich ist, aufgrund der visionären Blickrichtung. Deshalb ist der Einsatz für eine Kultivierung des Menschseins und der Umwelt in den vielen Themen der Zeit notwendig. Es geht um gutes Leben für alle: Dann wird Leiblichkeit und Spiritualität, die Reflexionsgabe und Gemeinschaft geschätzt. Zusätzlich macht die Akzeptanz der Begrenztheit und Endlichkeit den Menschen besonders. Es ermöglicht, mit Angst und Unsicherheit umzugehen.

Buchhinweis:
Helga Kromp-Kolb, „Für Pessimismus ist es zu spät. Wir sind Teil der Lösung“, Verlag Molden

Ich möchte heute den visionären Blick der Friedensnobelpreisträgerin 2023, Narges Mohammadi, für das Jahr 2024 hervorheben: Sie setzt sich im Iran mit unvorstellbarem Einsatz für Gerechtigkeit und Menschenwürde ein. Sie lebt in der Haft, trotzdem lässt sie aber an der positiven Vision nicht locker. Sie sagt: „Wenn sich das Gefängnis über viele Jahre hinzieht, muss man seinem Leben in der Haft einen Sinn geben und die Liebe am Leben erhalten.“ (In: „Frauen!Leben!Freiheit!“)

Sie hört nicht auf, auf Toilettenpapier oder Kaffeefilter ihre Botschaften zu schreiben und aus dem Gefängnis zu schmuggeln und sie hält sich mit dem Bezug zu den kleinsten Lebewesen – zum Beispiel einer Ameise – in ihrer Zelle am Leben. Sie bekam den Nobelpreis dafür, dass sie in ihrem ganzen Leben gegen die Unterdrückung der Frauen und für Menschenrechte und Freiheit für alle kämpfte. „Frauen geben nicht auf“, sagt sie: „wir sind erfüllt von einem Lebenswillen, ob in oder außerhalb eines Gefängnisses.“ Ich danke Narges Mohammadi, dass sie für ihre Vision lebt und die Liebe am Leben erhält!