Montag, 25.12.2023, Helene Lechner

Weihnachten – Teil 2

Die Weihnachtsgeschichte, wie sie in der Bibel erzählt wird, beschreibt eine ganz und gar nicht gemütliche Szene.

„Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh“ – so beginnt die dritte Strophe im beliebten Weihnachtslied „Ihr Kinderlein, kommet“. Dass das neugeborene Jesuskind nicht auf Seide, sondern in einer Futterkrippe gebettet ist, wie das Lukasevangelium erzählt, ist für den christlichen Glauben zentral. In einer Herberge war für seine Geburt kein Platz. Deshalb kommt das Göttliche da zur Welt, wo der Wind durch die Ritzen zieht, wo die Türe kein Schloss hat und der Boden aus Lehm ist, wo kein Festmahl aufgetischt wird, wo die Wärme von den Tieren herkommt, mit denen man den Raum teilt.

Wir sind alle gleich

Helene Lechner
ist Rektorin des Evangelischen Predigerseminars in Wien

Die Geschichte von Jesu Geburt erzählt, dass Gottes Licht dort aufleuchtet, wo man es auf den ersten Blick nicht vermutet; da, wo manches zuerst dunkel scheint; wo improvisiert werden muss und man auf kleinem Raum zusammenrückt, damit das Wenige für alle reicht. Jeder und jede darf dorthin kommen, unabhängig davon, wie viel er oder sie besitzt oder woher sie oder er kommt. Denn vor dem Göttlichen sind alle gleich.

Zweitausend Jahre später wird Weihnachten nicht nur zu den Feiertagen gerade dort Wirklichkeit, wo in diesem Sinn Himmel und Erde sich berühren. Wo Menschen einander als Menschen begegnen und sie einander Raum geben; wo miteinander geteilt wird, was da ist; wo man sich gegenseitig Freude bereitet.