Zwischenruf 21.1.2024, Kim Vanessa Kallinger

Mehr als Leistungsdruck und Noten

Der Zeugnistag – eigentlich heißt es ja Schulnachricht zum Semesterende – naht. Für manche ein wichtiges Dokument, muss es doch gute Noten ausweisen, wenn man nach Ende der vierten Volkschulklasse ins Gymnasium gehen will.

Für andere steht der Schulwechsel in ein paar Monaten schon bevor. Die Kinder werden eine neue Schule besuchen, mit ungewohnten Klassenzimmern, unbekannten Unterrichtsfächern, mit neuen Mitschülern und -schülerinnen sowie Lehrpersonen. Freude und Sorgen mischen sich mit Aufregung. Es ist ein deutlicher Einschnitt in ihren gewohnten Alltag, der Verunsicherung, Sorge und Angst hervorrufen kann. Schließlich gilt es, sich in der neuen Umgebung als fleißig und leistungsorientiert zu präsentieren – dieser gute Ruf kann für viele Jahre hilfreich sein.

Kim Vanessa Kallinger
ist evangelisch-lutherische Kirchenrätin für Bildung

Halt und Zuspruch

Bei Kindern kann dieser aufgebaute Leistungsdruck nicht nur die Lernfreude zerstören, sondern auch zu Gefühlen der Überforderung führen. Sie fühlen sich gestresst und dem Druck nicht gewachsen. Manche Kinder haben Bauchschmerzen, Kopfweh oder Einschlafprobleme. Andere reagieren bei Stress emotional auffallend.

In dieser Phase ihres Lebens brauchen sie besonders viel Halt und Zuspruch. Kinder, Eltern und Lehrkräfte sollten gemeinsam nach Lösungsansätzen suchen, um dem aufgebauten Leistungsdruck zu begegnen. Darüber hinaus stehen in Schulen auch weitere Personen als Unterstützung zur Verfügung.

Eine Schule besteht nicht mehr nur aus pädagogischem Personal. Vielmehr gestalten multiprofessionelle Teams das Schulleben. Personal aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern helfen bei der Bewältigung von psychologischen, gesundheitlichen und sozialen Herausforderungen. Themen wie Schulangst, Notendruck und Schulverweigerung wird im Idealfall in individuellen Beratungsgesprächen oder Gruppenangeboten begegnet. Dadurch kann eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen werden, die für die An- und Aussprache schwieriger Themen Sicherheit bietet. Ich sehe hier auch eine wichtige Aufgabe des Religionsunterrichtes: nicht nur Wissen zu vermitteln – das auch –, aber auch die seelische Gesundheit zu fördern, eine Gesprächsplattform zu bieten, so etwas wie „Herzensbildung“ zu fördern.

Zwischenruf
Sonntag, 21.1.2024, 6.55 Uhr, Ö1

Das Kind im Mittelpunkt

Lernen mit Anspruch aber ohne Überforderung trägt zu einer erfolgreichen Bildungsbiografie der einzelnen Schülerinnen und Schüler bei. Wird Bildung ausschließlich auf die Zeugnisnoten reduziert, verspüren Kinder schnell Leistungsdruck. Doch Bildung ist mehr als überprüfbares Wissen. Bildung ist Förderung und Entfaltung als „ganzer Mensch“. Schule soll Kinder zu selbstständigen, kritikfähigen, wertebewussten und verantwortungsvollen jungen Menschen machen. Damit das gelingt müssen Schulen eine Atmosphäre schaffen, in der sich Kinder und Jugendliche gut begleitet und angenommen fühlen.

Es gilt, die Kinder bestens auf das Leben vorzubereiten. Kinder sind einzigartig und individuell, weshalb die Schulwahl immer auf den persönlichen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen des einzelnen Kindes abgestimmt sein sollte. Das Kind steht im Mittelpunkt, damit es die Chance bekommt, seine Gaben und Fähigkeiten entfalten zu können.