Zwischenruf 18.2.2024, Marco Uschmann

Gesellschaft gestalten statt spalten

So haben die Beatles gesungen und es scheint, als ob sie prophetisch für unsere Zeiten gesungen haben. Denn weiter auseinander können die Meinungen kaum gehen: Du sagst ja, ich sag nein, ich sag hoch und du sagst tief.

You say “Yes", I say “No"
You say “Goodbye" and I say “Hello"
I say “High", you say “Low"

Polarisierter können die Meinungen kaum sein – so, wie es heute in unserer Gesellschaft zunehmend zu beobachten ist. Egal, ob ich in die politische Landschaft schaue, wo es scheinbar nur noch rechts/links gibt, oder ob Radfahrer und Autofahrer anscheinend unversöhnlich gegeneinander zu Felde ziehen und, schon etwas her, Impfgegnerinnen gegen Impfbefürworterinnen auf ihr Recht beharren. Eine Mitte scheint es nicht mehr zu geben, obwohl etliche Parteien sich darum bemühen und sich dort positionieren wollen.

Marco Uschmann
ist evangelischer Pfarrer für Öffentlichkeitsarbeit

Menschenwürde als Grundlage

Vielleicht liegt es ein wenig an der immer stärker werdenden Mediengesellschaft, in der oft nur noch extreme, polarisierte Meinungen durchdringen in die Gehirne der Menschen. Das gilt ebenso für die sozialen Medien, die für Klicks und Aufrufe immer mehr bieten müssen. Das sind Vermutungen – sicher bin ich mir allerdings, dass wir alle Anteil daran haben. Es liegt an den Menschen, wie sie miteinander sprechen und ob sie einander zuhören. Letzteres, vermute ich, ist eine Kunst, die immer weniger geübt wird. Mir scheint, die Menschen reden zunehmend aneinander vorbei. Im Stil von: „Du sagst oben – ich sag unten“. Und nicht immer sind die Gegensätze, um die es da geht, so harmlos wie in dem Beatles-Song. Ich finde die gesellschaftliche Spaltung oft sehr bedrohlich.

Wenn ich Menschen zuhöre, dann geht das einher mit dem Ansinnen, die andere Position verstehen zu wollen. Und nicht gleich zuzumachen und nichts davon hören zu wollen und schon gar nichts davon verstehen zu wollen. Einander verstehen wollen hat für mich mit Menschenwürde zu tun, die für mich die Grundlage für alles ist. Auch wenn es schwerfällt.

Zwischenruf
Sonntag, 18.2.2024, 6.55 Uhr, Ö1

Polarisierte Gesellschaft

Das kennt schon die Bibel. Sie nennt das Nächstenliebe. Und sie ist, wie so oft, klug in ihrem Erzählen davon. Denn sie fordert nicht einfach nur: „Liebe deinen Nächsten“, Die Bibel, oder Gott, will es den Menschen leicht machen. Sie hängt eine schöne Ergänzung an: „Liebe deinen Nächsten – wie dich selbst.“ Das macht es für die meisten nachvollziehbar. Denn so, wie ich mich achte, so soll ich auch mein Gegenüber achten. Oder eben, noch stärker gesagt: So wie ich mich selbst liebe, soll ich meinen Nächsten lieben.

Wenn ich Bilder sehe in Medien, von Parteiversammlungen, von Demonstrationen, scheint mir das selten der Fall zu sein. Dabei haben wir alle Anteil daran. Wie wir miteinander umgehen. Altmodisch biblisch, und klug gesagt: Nächstenliebe üben. Ich bin überzeugt: Das verändert die Welt.

Die Gesellschaft ist zunehmend polarisiert, davon haben schon die Beatles gesungen. Sie waren übrigens selber Teil einer schier unüberbrückbaren Polarisierung: Beatles oder Rolling Stones. Ich denke, das muss tatsächlich jeder und jede für sich selbst entscheiden.